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0293 - Im Netz des Vampirs

0293 - Im Netz des Vampirs

Titel: 0293 - Im Netz des Vampirs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Weinland
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Pocco achtete nicht darauf. Der Vorgang war normal für einen Yalter. Er verfluchte nur seinen Leichtsinn, sich so weit vom NEST entfernt zu haben. Früher hätte er das nicht gewagt, aber seit der Gottdämon verschwunden war, wurden viele seiner Artgenossen etwas leichtsinnig. Obwohl dazu eigentlich wenig Anlaß gegeben war, denn das Land zwischen den Bergen hatte dadurch nichts an Gefahr verloren. Überall lauerte der Tod. Und am Schlimmsten war es während der Schwarznacht, wenn jeder Yalter gezwungen war, sich in eine totale Körperstarre zurückzuziehen, um den Rauhreif zu überleben. Dann gehörte eine ziemliche Portion Glück dazu, außerhalb des schützenden NESTES zu überleben, denn es gab genügend Nachtgetier, das gerade zu dieser Zeit äußerst lebendig und mörderisch wurde.
    Deshalb atmete Pocco erst einmal erleichtert auf, als er sich am Rand der Kuhle aufrichtete, mit einer Hand die Augen beschattete und Richtung aufgehender Sonne spähte. Von dort war er gekommen. Dort lag auch, weiter als einen Tagesmarsch entfernt und von sanften Hügelkuppen den Blicken entzogen, das NEST. Poccos Heimstatt von Geburt an.
    Der kleine Yalter überlegte, was er tun sollte. Umkehren kam eigentlich nicht in Frage. Nicht, solange es ihm nicht gelungen war, einen gorgon oder zumindest eine kleinere Flugechse zu erlegen. Wenn er beutelos ins NEST zurückkehrte, war ihm der Spott des Grals sicher. Er war als Jäger geboren worden und drei Handspannen kleiner als üblich. Das machte seine Lage doppelt schwer. Er hatte nur wenig Freunde im NEST und keinen einzigen im Gral. Das Geringste, was er zu fürchten hatte, wenn er mit leeren Händen zurückkehrte, war, daß man ihn verlachte. Das Schlimmste, daß man ihn aus dem NEST ausschließen würde, was einem Todesurteil gleichkam.
    Pocco versuchte, diese Gedanken zu verdrängen. Noch hatte er keinen Grund zu resignieren, doch mußte er sich reiflich überlegen, ob er bereit war, sich eventuell eine weitere Tagesreise vom NEST abzusondern.
    Kurz vor Einbruch der letzten Nacht hatte er die verheißungsvolle Spur eines gewaltigen gorgons entdeckt. Die dreigeteilten Hufeindrücke hatten sich tief in den harten Boden geprägt und deuteten darauf hin, daß es sich um ein besonders großes Exemplar seiner Art handelte.
    Über das Transportproblem einer solchen Beute machte sich Pocco keine Gedanken. Da gab es einige Tricks, auf die er sich verstand. Weit schwieriger war es, einen gorgon zu erlegen. Die bulligen Tiere waren trotz ihrer Körperfülle flink wie tausend Teufel und verstanden sich darin, ultraschrille Schreie auszustoßen, die für ihre Gegner zur tödlichen Waffe werden konnten.
    Außerdem bot ihr horngeschützter Leib nur eine einzige verwundbare Stelle, die wiederum so ungünstig plaziert war, daß im offenen Kampf die Chancen für den Gejagten fast besser einzustufen waren als für den Jäger. Dem konnte man ausweichen, wenn man sich eine List, eine Falle ausdachte, doch oftmals erfolgte die Konfrontation mit einem gorgon so unerwartet, selbst wenn man sich tagelang auf seine Fährte setzte, daß einem gar nichts anderes übrigblieb, als sich zum offenen Kampf zu stellen.
    Pocco wäre nicht der erste seines Stammes gewesen, der daraufhin nicht von der Jagd zurückkehrte. Aber das war das Risiko der Jäger und nicht annähernd so schlimm wie die Schmach des wiederholten Versagens.
    Pocco sog tief den Atem ein. In seinen weißen Pupillen spiegelte sich das intensive Rot der erwachenden Sonne. Er bückte sich und hob die glänzende Stahlschleuder auf, in deren Lauf sich ein einziger, mit Widerhaken versehener Pfeil befand. Eine andere Waffe hatte der Yalter nicht. Ein Pfeil pro Jäger, das war Tradition und Gesetz. Wer geschickt war, brauchte nicht mehr. Wer Pech hatte, brauchte nie wieder einen Pfeil…
    Pocco schob die Schleuder in den breiten Gürtel seiner hautengen Hose, die aus den präparierten Lederschwingen einer Flugechse gefertigt war. Sein Oberkörper war nackt. In den mikroskopisch winzigen Schuppenplättchen brach sich das Rot der Sonne, wurde absorbiert und dem komplizierten Stoffwechsel des Yalters als lebensbringende Kraft zugeführt.
    Noch einmal sah er sich um, prägte sich Orientierungspunkte seiner Umgebung ein. Er stand auf einem leicht erhöhten Plateau, das mit kargem Pflanzenwuchs bedeckt war. Ringsum, bis hin zu den Bergen, erstreckte sich der Talkessel, der für Pocco die Welt bedeutete! Darüber war noch kein Yalter hinausgekommen, und

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