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70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament

Titel: 70 - Der Weg zum Glück 05 - Das gefälschte Testament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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zögerte nicht, der an ihn ergangenen Aufforderung nachzukommen. Noch ehe dem Einbrecher die Besinnung recht zurückgekehrt war, lagen ihm die Stricke so fest um den Leib, die Arme und Beine, daß er sich nicht zu rühren vermochte.
    „Nun hinein mit ihm. Ich nehme ihn auf die Achsel. Bringen 'S seine Flinten mit!“
    Bei diesen Worten schwang Ludwig sich den Gefangenen auf die Achsel und trug ihn wie einen Sack in das Haus und die Stube hinein. Der Lehrer folgte mit dem Gewehr. In der Stube war es noch dunkel. Darum sagte Ludwig:
    „Hier ist einer, Herr Ludwig. Den anderen werden 'S wohl auch bald bringen. Jetzund sollten wir ein Streichhölzerl haben.“
    „Ist schon da“, antwortete der Lehrer, indem er ein Hölzchen anstrich und dann die auf dem Tisch stehende Lampe anbrannte.
    Jetzt wurde eben Usko zur Treppe herabgebracht. Man legte die beiden auf die Diele nebeneinander.
    „Willkommen auch!“ lachte der alte Sepp. „Schaut, so kommen die fremdsten Leutln zusammen. Ihr hättet wohl nicht glaubt, euch mal hier in dera Mühlen zu begegnen? Na, uns gefreut's auch gar sehr, daß wir euch kennenlernen. Wir werden euch so bald nicht wieder fortlassen.“
    „Warum werde ich gefangen?“ fragte Zerno. „Ich habe gar nichts getan!“
    „Nichts? Bist wohl nicht einistiegen?“
    „Ja, aber in der besten Absicht.“
    „So! Was war denn das für eine?“
    „Ich kam am Wasser her und sah bereits von weitem, daß einer durch das Fenster stieg. Ich eilte herbei und bin ihm nach, um zu sehen, ob das vielleicht gar ein Spitzbube sei.“
    „War's denn einer?“
    „Das weiß ich nicht, denn in diesem Augenblick wurde ich ergriffen und gebunden.“
    „Wie jammerschade! Man soll gar nicht glauben, daß das so einem braven Kerlen passieren kann. Ja, es kommen Sachen vor, die selbst ein Spitzbub nicht begreift. So kennst wohl diesen anderen hier gar nicht?“
    „Nein.“
    „Und doch geht ihr mitnander auf den Handel!“
    „Das ist nicht wahr.“
    „Und schlaft mitnander auf denen Heuböden bei denen Bauern.“
    „Das ist eine Lüge.“
    „Und steckt mitnander in denen Ziegelhütten. Ist auch das unwahr?“
    „Ja.“
    „So seht euch mal da diesen Buben an. Es scheint, daß der uns belogen hat.“
    Er zog Ludwig herbei, welcher bis jetzt seitwärts gestanden hatte.
    „Dieser!“ knirschte Usko, als er den Knecht erblickte. Weiter sagte er nichts.
    „Den kenne ich nicht!“ log Zerno.
    „Das braucht dich nicht zu ärgern, denn du wirst ihn recht bald kennenlernen. Sodann kann es leicht kommen, daßt ihn fein liebgewinnen wirst.“
    Er wendete sich ab. An seiner Stelle trat Jeschko zu den Gefangenen heran. Er funkelte seinen Bruder mit haßerfüllten Augen an und sagte:
    „Nun wirst du keine Frauen mehr verführen, keine Schlösser anbrennen und keine Kinder mehr rauben können!“
    „Hund!“ zischte der Gefangene wütend.
    „Das beleidigt mich nicht. Die allergrößte Beleidigung für mich erfuhr ich an dem Augenblick, an welchem ich als dein Bruder geboren wurde. Du hast es lange genug getrieben. Nun bricht das Strafgericht über dich herein.“
    Anstatt der Antwort spuckte der Gefangene vor seinem Bruder aus. Dieser wendete sich von ihm ab.
    Der König hatte diese beiden Szenen schweigend beobachtet. Jetzt winkte er den Lehrer zu sich heran und sagte:
    „Besorgen Sie einen Wagen, in welchem die Gefangenen sofort in das Gefängnis geschafft werden. Sie mögen mit dem Sepp und Ludwig Held als Bedeckung mitgehen. Lassen Sie den Assessor wecken und sagen Sie ihm, daß ich unverweilt mit ihm sprechen muß. Ich bin gezwungen, bis zu seiner Ankunft hier unten zu bleiben, da eben nichts verändert werden darf. Also beeilen Sie sich!“
    Als der Lehrer zur Tür hinaus wollte, begegnete er unter derselben der alten Barbara, welche in einem unbeschreiblichen Negligé hereintrat.
    „Was ist denn das für ein Lärm im Haus? Was ist geschehen?“ fragte sie.
    „Zwei Freier haben wir in deiner Kammern funden und sie allsogleich verarretiert“, antwortete der Sepp.
    „Freier? Bei mir? Was fallt dir wieder mal ein, du alter Nixnutz! Marie, Joseph! Da liegen wirklich zwei!“
    Sie schlug die Hände zusammen und dabei entfiel ihr das alte Saloppentuch, welches sie übergeworfen hatte. Als sie sich nun augenblicklich nach demselben bückte, rutschte ihr auch die riesige Nachthaube vom Kopf.
    Beides aufraffend, erkannte sie nun zu spät, daß sie sich nicht in einer salonfähigen Toilette befinde. Wie der Wind war sie

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