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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gelassen hatte. Er ahnte, was in ihr vorging; ihre Gedanken waren ihr zu deutlich auf das Gesicht geschrieben. Sie zwang sich förmlich, in gleichgültigem Ton zu sagen:
    „Da ist's freilich sehr gut aufgehoben. Da wird es niemand suchen, und da könnt ihr es liegen lassen.“
    „Na, gar lange wird es wohl nicht liegen. Bereits morgen wird der geistliche Herr nach der Stadt gehen, um mit dem Mann zu sprechen, welcher die Bank besitzt. Vielleicht gibt er es diesem. Da bekommen wir einen Schein, der ist so gut wie bares Geld, und die Zinsen können wir uns holen, wann es uns beliebt.“
    „Daran tut ihr klug. Man muß sein Geld so anlegen, daß es einem keine Sorge bereitet. Ich werd dir einen Kirschengeist holen. Wer den trinkt, der läuft gleich nochmal so schnell.“
    Sie entfernte sich eigentlich nur, um die Freude nicht bemerken zu lassen, welche sie fühlte. Als sie in die Stube trat, stand der Knecht Bastian drin, und zwar am Fenster, durch welches er hinausgesehen und die Sprechenden beobachtet hatte.
    „Das ist ja der Oberndorfer Ludwig“, sagte er. „Was will er?“
    „Er hat sich nur im Vorübergehen niedersetzt. Von ihm hab ich was derfahren.“
    „Was Gutes?“
    „Ja. Hast heut abend wieder Lust?“
    „Wannst willst, allemal, wohin?“
    „Nach Oberdorf hinüber, zum Pfarrer dort.“
    „Zu dem armen Teuxel? Was soll es dort geben? Der kann bei seinem armseligen Gehalt verhungern. Dort ist nix zu finden.“
    „Ich werd aber doch bei ihm Geld finden.“
    „Das ist schwer zu glauben.“
    „Es gehört nicht ihm. Er hat es nur in Aufbewahrung erhalten.“
    „Dann ist es leichter denkbar. Ich mache mit.“
    „Ich werde dich natürlich gut bezahlen.“
    „Das ist nicht nötig.“
    „Warum?“
    „Ich tue es umsonst. Ich brauche kein Geld. Ich mag auch für gestern gar nichts haben.“
    Sie blickte ihn verwundert an.
    „Wie kommst mir vor? Es braucht doch ja der Mann ein Geldl, und von meiner Lieb allein kannst doch nicht leben.“
    „Wann ich nur deine Lieb hab, so ist's schon gut. Dein Geld brauch ich nicht. Ich hab schon selber welches.“
    „Du? Woher denn?“
    „Das ist ein Geheimnis.“
    „Geh!“ lachte sie. „Tu nicht so wichtig, als obst gar große Geheimnissen hättest!“
    „Oh, es ist groß genug, größer alst denkst.“
    „Wie lautet es denn?“
    „Das kann ich nicht sagen.“
    „Wohl gar niemals?“
    „Später.“
    „So! Willst wohl gar den Samiel ohne mich spielen? Willst dir ein Geld irgendwo allein verschaffen?“
    „Nein; ich bekomme es ehrlich.“
    „So kannst mir auch sagen.“
    „Nein; das geht nicht. Wenn dieses Geheimnissen mir allein gehören tät, so könnt ich davon reden; es gehört aber einem andern mit.“
    „Wem denn?“
    „Auch davon darf ich nicht sprechen.“
    „Du, das gefallt mir nicht. Wirst doch nicht etwa eine Dummheit machen!“
    „O nein. Es ist grad im Gegenteil eine sehr große Gescheitheiten.“
    „Mir ahnt was ganz anderes. Wannst dich mit einem andern außer mir abgibst, so kann es sehr leicht fehlgehen. Wannst's nicht verraten darfst, so sag mir wenigstens, wer es ist, mit dem du anfangen hast.“
    „Nun, das darf ich dir vielleicht mitteilen. Es ist halt der Sepp.“
    „Der Wurzelsepp?“ rief sie erschrocken. „Der ist grad der allergefährlichste für uns. Vor ihm müssen wir uns am meisten in acht nehmen.“
    „Das weiß ich auch.“
    „Du machst mir Angst. Weißt, der ist unter Umständen schlauer als wir alle beide. Jetzt sagst sogleich, wast mit ihm hast!“
    „Ich darf ja nicht.“
    „Gut! So ist's aus mit uns beiden! Wannst ihm mehr Vertrauen schenkst als mir, so mag ich nix mehr von dir wissen.“
    „Das ist nicht dein Ernst!“
    „Mein völliger sogar. Grad der Sepp ist es, der uns beid ins Unglück bringen will.“
    „Mir aber will er Glück bringen.“
    „Auf welche Weise? Gleich sagst es mir!“
    Sie sagte das in einem so strengen Ton, daß er ängstlich wurde. Er antwortete:
    „Es ist ja nur ein Traum.“
    „So? Was für einer?“
    „Er hat ein Lotterielos träumt, welches wir mitnander spielen.“
    „Das glaub ich nicht.“
    „Es ist wahr. Er hat sich sogar die Nummer merkt. Er hat träumt, daß der Bauer stirbt und daß ich dann dein Mann werd, weil ich ein so großes Geld in der Lotterie gewinn.“
    Sie blickte ihm nachdenklich in das Gesicht.
    „Das will er träumt haben? Ob es auch wahr ist? Oder hat er es sich nur ausgesonnen?“
    „Wozu denn?“
    „Ja, das kann ich auch nicht begreifen. Er

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