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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ist ein gar Schlauer. Er müßt doch eine Absicht dabei haben. Aber ich kann nachdenken wie ich will, so kann ich dieselbige nicht erraten.“
    „Er hat nur die Absicht dabei, die Hälfte mit zu gewinnen.“
    „So spielst also wirklich mit ihm?“
    „Ja.“
    „Warum aber hat er grad dich dazu erwählt?“
    „Weil ihm träumt hat, daß ich mit ihm spiel. Wann er einen andern dazu nähm oder wann er allein spielen tät, so würd doch der Traum nicht in Erfüllung gehen.“
    „Das ist wahr, und das will mich beruhigen. Nur das andere, was er träumt hat, daß mein Mann sterben soll und daß dann du der Bauer wirst, das macht mir Sorg. Es kommt mir ganz so vor, als ob er sich das nur so ausdenkt hat. Paß auf auf ihn, und nimm dich sehr in acht. Wann der dich einmal in der Taschen hat, so kommst nicht wieder heraus. Also mach dich fertig für heut abend. Wann alle zu Bett sind, gehen wir fort. Vorher aber, gleich nach dem Essen, gehst in den Wald, um die Anzüg zu holen.“
    Sie nahm die Flasche mit dem Kirschbranntwein und ging hinaus. Die Traumgeschichte gab ihr zu denken. Sepp bemerkte bald, daß sie einsilbiger geworden war und ihn heimlich beobachtete. Er ahnte, da sie so lange Zeit gebraucht hatte, den Schnaps zu holen, daß sie mit dem Knecht gesprochen hatte, und gab sich nun so heiter und unbefangen wie möglich, um ihre Besorgnis zu zerstreuen.
    Ein verstohlener Blick nach den Fenstern der Stube überzeugte ihn, daß er jedenfalls nicht falsch geraten habe, denn er sah das Gesicht Bastians hinter den Scheiben.
    Als Ludwig sein Glas ausgetrunken hatte, erhob er sich, um zu gehen; er wollte bereits der Bäuerin die Hand zum Abschiede reichen, da zog er sie schnell wieder zurück und blickte überrascht den Weg entlang, welcher nach dem Wald führte.
    „Sakra! Wer ist denn das?“ fragte er.
    „Wo?“ fragte der Sepp.
    „Dort auf dem Wege. Das ist ja gar der –“
    Er hielt inne, denn der Sepp trat ihm schnell auf den Fuß. Er verstand den Wink und verbesserte sich:
    „Das ist ja der Herr Ludwig aus der Hohenwalder Mühle!“
    „Ja, das ist er“, antwortete Sepp. „Und der Herr Arzt ist bei ihm. Bäuerin, das ist der Herr, der bei dir wohnen will. Du wirst ihm gleich anschauen, daß er ein nobler Herr ist, und ich denk, daßt ihn gut empfangen wirst. Ich empfehle ihn dir.“
    Die Frau war aufgestanden und betrachtete sich die Nahenden. Die Gestalt und Haltung des Königs machte einen imponierenden Eindruck auf sie. Ohne es eigentlich zu wollen, ging sie ihm einige Schritte entgegen.
    Sepp und Ludwig zogen ihre Hüte. Der König nickte ihnen mildfreundlich zu. Die Bäuerin machte einen tiefen Knicks und sagte:
    „Der Wurzelsepp hat mir sagt, daßt kommen willst, Herr Ludewig. Ich will dich auch gern bei mir aufnehmen, aber ich denk, daß es dir bei mir nicht sehr gefallen wird.“
    „Warum nicht?“
    „Weil wir keine vornehmen Leutln sind.“
    „Das verlange ich auch nicht. Sauberkeit ist die Hauptsache, und die hoffe ich doch hier zu finden.“
    „Ja, was das anbelangt, sauber können wir schon sein“, antwortete sie, die Augen kokett niederschlagend und mit den Händen die Schürze glättend.
    „Der Sepp hat natürlich alles vorbereitet, so daß wir unsere Zimmer bereit finden?“
    „Nein, Herr, so weit ist's halt noch nicht. Er wollte die besten Stuben für dich haben; die hat aber schon ein anderer.“
    „Wer ist das?“
    „Der ist gar ein Graf und Oberleutnant. Sein Name lautet Arthur Wipprecht von Münzer. Er ist hier, um den Samiel zu fangen.“
    Über das ernste Gesicht des Königs flog bei den Worten ‚gar ein Graf‘ ein flüchtiges Lächeln. Er antwortete:
    „Was für Stuben gibt es noch?“
    „Nur zwei. Jede hat ein Bett.“
    „So werde ich die Wohnung des Grafen nehmen.“
    Die Bäuerin blickte ihn erstaunt an.
    „Das wird er nicht zugeben.“
    „Glauben Sie?“
    „Ja. Ein Graf!“
    „Er wird mir seine Wohnung freiwillig abtreten und irgendwohin ziehen, vielleicht in den Gasthof.“
    „So könnt er doch die beiden anderen Stuben nehmen?“
    „Die wird hier dieser Herr bewohnen, welcher ein Arzt ist.“
    „So möcht ich aber doch vorher erst mit dem Herrn Grafen reden.“
    „Das ist nicht nötig. Ich kenne ihn und versichere, daß er sich sehr gern nach einem anderen Aufenthalt umsehen wird.“
    „Wann's so ist, so soll's mir recht sein!“
    „Zeigen Sie mir also die Wohnung!“
    „Da mußt – mußt – da müssen 'S halt doch erst ein wengerl warten. Ich muß

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