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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kaltmachen.“
    „Wollen wir die Puppen schon hineinlegen?“
    „Noch nicht. Erst legen wir uns hinein.“
    „Was? Wozu?“
    „Nun, heut kannst versichert sein, daß der Bastian vorher kommen wird, um nachzuschauen, ob wir auch wirklich zu Bett sind. Also komm!“
    Sie legten sich gleich in den Kleidern nieder und ließen die Tür unverschlossen. Es verging über eine halbe Stunde, da stellte es sich heraus, daß der Alte ganz richtig vermutet habe. Ein lauter Schritt kam zur Treppe herauf und dann klopfte es draußen an die Tür.
    „Sepp!“ rief es.
    Sie erkannten die Stimme Bastians.
    „Was?“ fragte der Alte.
    Da machte der Knecht die Tür ein Stück auf, natürlich um sich zu überzeugen, ob sie verschlossen sei oder nicht.
    „Ist der Fritz auch da?“
    „Ja.“
    „Schläft er?“
    „Nein. Was willst?“ antwortete Fritz.
    „Die Bäuerin schickt mich noch. Sie will in der Früh nach der Kreisstadt fahren, und du sollst anspannen.“
    „Welche Zeit?“
    „Vier Uhr.“
    „Sapperment! So zeitig! Da kann ich nur schnell schlafen. Ich hab noch nicht ausschlafen von gestern.“
    „Glaub's!“ bemerkte der Bastian höhnisch.
    „Am End verschlaf ich's gar!“
    „Soll ich dich etwa wecken?“
    „Ja, wannst aufwachst.“
    „So riegel aber nicht zu, damit ich herein kann, um dich aus dem Bett zu ziehen, wannst etwa schlaftrunken bist.“
    „Gut! Die Tür bleibt auf.“
    „So schlaf wohl!“
    „Gute Nacht! Bist ja heut recht höflich!“
    „Weil man bei den jetzigen Zeitläuften gar nicht wissen kann, wie oft man noch eine gute Nacht wünschen darf.“
    Er ging.
    „Verfluchter Kerl!“ flüsterte Fritz. „Welch ein Hohn auch noch!“
    Der Sepp sagte gar nichts. Er sprang aus dem Bett und huschte barfuß hinaus und zur Treppe hinab. Es dauerte eine ziemliche Weile, ehe er wiederkam. Da meldete er:
    „Jetzt ist der Bastian bei der Bäuerin.“
    „Durch die Tür?“
    „Nein, durchs Fenster. Sie hat ihm die Strickleiter herunter lassen.“
    „Sie werden sich besprechen.“
    „Ja. Und er hat ihr den Anzug mit heraufibracht. Nun wollen wir die Puppen hereinlegen. Komm!“
    Die aus Stroh gedrehten Figuren lagen unter dem Bett. Sie wurden in dasselbe gelegt und die Köpfe daran befestigt. Dann deckte der Sepp sie recht hübsch zu.
    „So!“ lachte er. „Die haben am längsten gelebt. Das schaut wirklich ganz so aus, als ob wir beid recht hübsch mitnander schlafen täten.“
    „Ja. Der eine Kürbis hat noch die dunkle Schale auf dem Kopf; das bin ich, weil ich schwarzes Haar hab. Den andern hast abgeschält; das bist du mit dem grauen Kopf. Aber wann er nun herfühlen tut, da merkt er sofort die Täuschung.“
    „Er wird sich hüten, uns erst so gemütlich zu betasten, bevor er uns derschlägt. Nein. Der kommt herein, schaut die beiden Köpfe an, hält sie für die unserigen und haut zu. So wird es sein. Nun komm! Du mußt den Bauer holen. Aber nimm dich in acht, daß sie es nicht bemerkt!“
    Sie gingen. Bevor sie aber die Treppe hinabstiegen, ging der Sepp nach der Rumpelkammer, klopfte an und nannte seinen Namen. Die Gendarmen machten auf.
    „Jetzt gehn wir fort“, sagte er. „Habt ihr's hört, was der Kerl vorhin wollte?“
    „Ja, der Fritz soll anspannen.“
    „Oh, das war nur zum Schein. Er wollt sehen, ob wir da sind und sich auch versichern, daß wir die Tür offen lassen. Also jetzt gehen wir fort. Wer nun kommt, der ist der Mörder, den nehmt fest. Es kann zwar wohl noch ein Stündchen dauern oder auch noch länger; aber es ist besser, daß ihr schon jetzt die Laternen anbrennt, damit ihr sie bereit habt. Aber laßt das Licht nicht zu früh sehen.“
    Er ging zu Fritz, welcher unten an der Treppe stand. Dort schieden sie für wenige Minuten voneinander. Der Sepp ging zum König, und Fritz suchte den Bauer auf, zu welchem Zweck er sich ein Küchenfenster fürsorglicherweise von innen aufgewirbelt hatte, um einsteigen und so in das Haus kommen zu können.
    Wie der Sepp ganz richtig gesehen hatte, war der Bastian zur Bäuerin gegangen. Sie hatte ihm die Strickleiter herunter gelassen, und er stieg hinauf, um ihr den Anzug zu bringen.
    „Darf ich nicht mit hinein?“ fragte er, außen am Fenster hängend.
    „Komm und mach rasch! Aber stoß nicht an das Fenster, sonst klirrt es!“
    Er sprang hinein. Es war dunkel drin, und er drückte sie mit beiden Armen fast übermäßig fest an sich.
    „Kätherl!“ flüsterte er. „Heut leben unsere Feinde noch; morgen aber sind sie tot. Dann

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