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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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muß nur noch der Bauer sterben; nachher bist mein.“
    „Ja, dann bin ich dein; aber zerdrück mich nur nicht. Wir haben noch Zeit. Es ist noch nicht Mitternacht. Zwischen zwölf und eins schläft man am festesten. Hast alles besorgt?“
    „Ja, es fehlt an nix. Auch das Beil ist da.“
    „Woher?“
    „Aus dera Schmiede.“
    „Das hast klug macht. Überhaupt haben wir unsere Sach so geschickt eingerichtet, daß sie gut gelingen muß. Wir haben seit Mittag kein Wörtle mitnander sprochen, darum weißt auch noch nicht, was der Schandarm wollt hat.“
    „Als ich ihn sah, hab ich fast Angst bekommen.“
    „Ich auch; aber wir können uns im Gegenteil freuen über das, was er wollt hat. Das könntest niemals erraten, Bastian!“
    „So? Was ist's denn?“
    „Denk dir nur! Sie haben heut vormittags den Samiel arretiert.“
    „Wa – a – a – as! Wen denn?“
    „Einen Tierhändler!“
    „Oh, das ist herrlich! Das ist gut für uns! Dem werden sie alles aufiladen.“
    „Hm! Nur bis morgen; denn wann es morgen heißt, daß der Samiel bei uns einstiegen ist und den Herrn Ludwigen beraubt und die beiden andern dermordet hat, so kommt's ja heraus, daß sie den Falschen arretiert haben.“
    „Wie kommt's denn, daß er einsteckt worden ist? Er ist unschuldig!“
    Sie erzählte es ihm, und längere Zeit hatten sie ihren Spaß darüber. Dann aber trat ihr gegenwärtiges Vorhaben mit seinen ernsten Forderungen an sie heran. Sie besprachen alles noch einmal genau, besonders, daß Bastian eher anfangen und auch eher fertig sein müsse als sie, weil er ja im Garten zu warten hatte, um ihren Anzug in Empfang zu nehmen. Dann trennten sie sich, nachdem sie nochmals sehr zärtlich mit ihm gewesen war, um ihm Mut zur Ausführung seines Vorhabens zu machen.
    Sie kroch durch den Schrank, um sich in dem geheimen Kabinett anzuziehen. Sie steckte auch die beiden Doppelpistolen zu sich. Vier Schüsse! Damit konnte sie sich jedenfalls Luft schaffen, wenn etwas schief gehen sollte.
    Nun wartete sie noch eine Weile und trat dann in die Ecke, in welcher der Ofen stand.
    Man konnte von dieser Seite eine Kachel fortnehmen und durch die so entstandene Öffnung in die Schlafstube des Herrn Ludwig sehen. Sie entfernte die Kachel vorsichtig, so daß kein Geräusch entstand, und sah, daß kein Licht brannte. Als sie horchte, hörte sie die regelmäßigen, tiefen Atemzüge eines Schlafenden.
    Um zu probieren, wie tief sein Schlaf sei, hustete sie halblaut. Selbst wenn er es hörte, war das nicht gefährlich. Sie konnte ja weder gesehen noch irgendwie anders entdeckt werden, wenn sie die Kachel wieder an ihre Stelle brachte.
    Nicht das mindeste Geräusch antwortete auf ihr Husten. Der Schläfer atmete ruhig weiter. Sein Schlaf war also sehr gesund und tief. Sie hatte nichts zu befürchten. Darum griff sie nach der Mechanik und schob den Ofen in das Schlafzimmer hinein. Durch die so entstandene Öffnung trat sie ein und schob dann den Ofen wieder zurück.
    Jetzt blieb sie abermals lauschend stehen. Dann, als nichts sich regte, huschte sie an das Bett. Sie beugte sich über den Schlafenden. Sie konnte seinen Kopf ziemlich deutlich erkennen. Er lag mit dem Gesicht gegen die Wand gerichtet.
    Vor dem Bett stand der Schlaftisch. Auf demselben tickte die kostbare Uhr. Die abgezogenen Ringe und andere Kostbarkeiten lagen da. Sie steckte das alles schnell zu sich. Dann nahm sie sogar die Hose vom Stuhl, um zu untersuchen, was sich in den Taschen derselben befinde. Sie fand ein gut gefülltes Portemonnaie und steckte es auch ein.
    Jetzt war sie hier fertig. Nun mußte sie den Schläfer wecken, um sich ihm zu zeigen, damit er morgen sagen könne, daß der Samiel ihn beraubt habe.
    Da aber zu erwarten war, daß er sofort Lärm machen werde, mußte sie auf eine schleunige, ungehinderte Flucht bedacht sein. Dazu war es nötig, daß sie sich vorher alle Türen öffnete, um sie während der Flucht schnell hinter sich zu verschließen. Das wollte sie jetzt tun.
    Sie wendete sich also zur Tür, welche aus dem Schlaf- in das Wohnzimmer führte, und öffnete dieselbe, nicht langsam, sondern schnell und energisch; indem man sie dabei fest in die Angeln drückt, so geht selbst eine schlecht geölte Tür leise auf.
    Also das tat sie. Sie zog die Tür mit einem kräftigen Rucke auf und – stieß einen lauten Schrei aus. Das Zimmer war erleuchtet. Inmitten desselben, auf einem Polsterstuhl, saß eine einzige Person – ihr Mann, der Bauer, die jetzt unverbundenen,

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