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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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verdammten Bettler unten.“
    „Was soll ich mit denen?“
    „Mich abermals – durchprügeln lassen.“
    Sie lachte laut und höhnisch auf.
    „Welch ein Feigling! Und das will ein Mann sein! Haben Sie keine Angst! Wenn Sie hier oben bei mir Prügeln bekommen sollten, so haue ich Sie selbst durch. Sie würden nicht wagen, sich zu wehren.“
    Und wie sie so blitzenden Auges und mit erhobener Hand vor ihm stand, war wohl zu denken, daß sie sich weniger vor ihm fürchten würde als er sich vor ihr.
    Da klopfte es draußen an der vorderen Tür. Sie öffnete, und die Magd trat ein.
    Sie war barfuß, jedenfalls diejenige, deren schmutzige Füße Fritz beschrieben hatte. Sie mußte dieselben samt den Beinen wohl seit Monaten nicht gewaschen haben. Der Rock, der einzige, den sie anhatte, ließ deutlich erkennen, daß die Füße und so weiter fast bis an das Knie mit einer schmutzigen Kruste förmlich überzogen waren. Die aufgesprungenen Hände boten einen ebenso unappetitlichen Anblick. Die Haare waren nicht gekämmt. Kurz und gut, das Mädchen bot einen Anblick, daß ein reinlicher Mann sich gescheut hätte, ihr die Hand zu reichen.
    Dazu hatte sie ein ganz idiotisches Aussehen. Ihr Gesicht war nichtssagend, und ihr Auge inhaltslosen Blickes. Sonst aber war sie gar nicht schlecht, sogar üppig gebaut. Bei größerer Reinlichkeit und anderer Kleidung hätte sie gar keine üble Figur gespielt.
    „Christel“, fragte die Bäuerin. „Kennst du diesen Herrn hier?“
    Die Magd glotzte den Genannten an, zog ein breites Gesicht, machte ein freundliches Grinsen und nickte.
    „So gehe hinaus vor die Tür und warte, bis ich dich rufe!“
    Die Magd ging wieder hinaus. Als nun die beiden abermals allein waren, fragte der Baumeister:
    „Was soll's denn mit diesem Frauenzimmer sein?“
    „Das werden Sie bald erfahren. Gefällt sie Ihnen?“
    „Pfui Teufel.“
    Er spuckte aus und machte eine Gebärde des Abscheus.
    „Nun, so hören Sie!“
    Sie stützte sich mit der Hand auf den Tisch und begann, indem sie ihn aus einer höhnischen Miene mit verächtlichem siegessicherem Blicke musterte:
    „Als ich Sie engagierte, unsern Neubau auszuführen, teilte ich Ihnen einen gewissen Wunsch mit, dessen Erfüllung niemand erfahren sollte –“
    „Die heimlichen Türen!“ fiel er ein.
    „Ja. Die Türen und das schmale, fensterlose Kabinett hier nebenan. Sie wollten nicht darauf eingehen, und nur durch eine erzwungene Freundlichkeit brachte ich Sie so weit, diese Sachen anzubringen, ohne daß es jemand bemerkt hat.“
    „Das müssen wir nun ändern“, sagte er, indem er ein schadenfrohes Lächeln auf seinem breiten Gesicht zeigte.
    „Warum?“
    „Es ist verboten.“
    „Durch wen?“
    „Baupolizeilich.“
    „Ist das erst jetzt verboten worden?“
    „Nein. Es war schon damals verboten, und ist niemals erlaubt gewesen. Ich ließ mich bestimmen, vom Gesetz abzugehen, weil – weil – weil – Sie mir versprachen, meine Liebe zu erhören.“
    „Und nun soll das plötzlich geändert werden?“
    „Ja.“
    „Auf wessen Veranlassung?“
    „Auf die meinige. Ich habe mir die Sache überlegt. Wenn es entdeckt wird, so werde ich unbedingt bestraft. Ich habe gegen die Verordnung der Behörde gebaut.“
    „Schön! Was werden Sie tun, wen ich nicht in diese Änderung willige?“
    „Ich zwinge Sie.“
    „Ach so! Wodurch?“
    „Dadurch, daß ich Anzeige mache.“
    „Gut! Tun Sie das, Herr Baumeister. Mein Haus bleibt so, wie es ist. Ich lasse nichts ändern.“
    „So muß ich also Anzeige machen!“
    „Ich bitte Sie darum! Sie werden bestraft. Mir aber kann nichts geschehen.“
    „Sie werden natürlich ebenso bestraft.“
    „Nein. Ich bin nicht ein einziges Mal auf dem Bauamt gewesen. Sie haben das alles geordnet, und die Verantwortung liegt ganz auf Ihnen.“
    „Verdammt!“
    „Ja, so ist es. Sie sind für Ihre Arbeit anständig bezahlt worden. Dennoch verlangten Sie von mir gewisse Zärtlichkeiten als Extrabelohnung –“
    „Ich habe sie auch erhalten!“
    „Von mir nicht!“
    „Oho!“
    „Nein!“
    „Wollen Sie es leugnen?“
    „Ja.“
    „So lügen Sie. Was ich im Wirtshaus erzählt habe, das ist wahr.“
    „Nein, es ist eine Unwahrheit. Ich wollte und mußte aus gewissen Gründen das Kabinett und die heimlichen Türen haben. Sie wollten nicht so bauen, außer ich ging auf Ihre Wünsche ein. Nun gut, ich tat, als ob ich Ihnen den Willen tue, und lud Sie in meine Schlafstube ein.“
    „Sie taten nur

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