71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil
die beiden unten aus dem Haus traten, machte der Sepp ein ganz erstauntes Gesicht.
„Du“, sagte er zum Bauer, „da kommen's wieder herbei.“
„Mitnander?“
„Ja.“
„Wie schauen's aus?“
„Die deinige blickt drein wie eine Siegerin. Dera Kerl aber macht ein Gesicht, als ob ihm das Karnickel den Geldbeutel fressen hätt.“
„So hat sie ihn tüchtig drannommen.“
„Ja, so schaut's aus, ganz so. Wollen sehen, was er nun tun wird.“
Die beiden kamen herbei, und die Bäuerin setzte sich neben ihren Mann. Sie legte ihm die Hand auf die Achsel und lehnte sich an ihn, was eine ganze Reihe von Jahren nicht vorgekommen war.
Es durchzuckte ihn eine selige Freude. Der Sepp aber zog die Brauen zusammen. Er wußte, daß dies bei ihr nicht aus dem Herzen kam.
„Nun, wie steht's?“ fragte der Bauer. „Ist das Gebäude fehlerlos?“
„Ja“, antwortete der Baumeister. „Ich habe mich überzeugt und bin beruhigt.“
„Schön! Das ist mir lieb. Änderungen sind immer unbequem und kosten neues Geld. Hast die Rechnungen alle bezahlt, Kätherl?“
„Ja. Aber dera Baumeister hat noch eine zu berichtigen.“
„Was für eine?“
„Wirst's gleich hören.“
Sie blickte den Baumeister erwartungsvoll an. Dieser begann abermals, sich zu kratzen.
„Ja – ja – eine Rechnung ist's“, nickte er.
Weiter aber kam er nicht.
„Nur heraus damit!“ gebot sie.
„Das ist leicht gesagt. Es ist aber viel schwerer, als man denkt.“
„Soll ich etwa nachhelfen?“
„Ja.“
„Gut, so rufe ich die Magd.“
„Um Himmels willen!“ rief er aus. „Nur das nicht!“
Er hatte sein Ja ganz anders gemeint und unter dem Nachhelfen ein freundliches Einhelfen verstanden.
„Dann reden Sie aber auch!“
„Was soll er denn reden?“ fragte der Sepp.
„Das geht Sie nichts an!“ antwortete der Baumeister. „Sie haben in dieser Angelegenheit kein Wort zu sprechen.“
„Gut, so schweige ich.“
„Das ist das Beste, was Sie tun können. Wer eines schnellen Wortes wegen die Leute gleich zu Boden wirft, der gehört nicht dahin, wo –“
Er hörte erschrocken auf, denn der Sepp nahm seinen Bergstock, welcher am Stamm der Tanne lehnte, in die Hand, erhob sich von seinem Platz und fragte:
„Wohin gehöre ich nicht?“
„Himmelsackerment! Bleiben Sie doch sitzen! Ich habe Ihnen nichts getan!“ rief der Baumeister.
„Wann ich den Stock liegen lassen soll, so zanken's nicht wiederum auf mich, sonst beginnt er zu tanzen.“
„Ja“, fiel die Bäuerin ein, „Sie haben hier anderes zu tun, als sich mit dem Sepp zu zanken. Tun Sie, was ich Ihnen geboten habe. Dann sind Sie fertig und können den Hof verlassen.“
„Hm, ja! Jawohl!“ stotterte er. „Nämlich, Herr Kronenbauer, habe ich Ihnen mitzuteilen, daß ich damals –“
„Nun, was denn?“
„Daß ich damals nicht ganz – Himmelsapperment! Es geht so schwer heraus! Frau Kronenbäuerin, bitte, erlassen Sie es mir doch!“
„Nein, auf keinen Fall!“ antwortete sie.
„Ich sage es später!“
„Nein heut!“
„Ich komme ja wieder!“
„Das ist nicht nötig!“
„Könnte ich es nicht brieflich abmachen?“
„Auch nicht.“
„Das ist wirklich zu streng.“
„Es darf Sie gar nicht befremden, daß ich es verlange. Reden Sie; dann ist's herunter, und wir sind miteinander für immer fertig.“
„So etwas aber fällt so schwer!“
„So rufe ich die Magd!“
„Was hast nur mit dera Magd?“ fragte ihr Mann. „Welche meinst denn?“
„Die Christel.“
„So! Wo ist's denn?“
„Hinten im Hof.“
„So wird sie ruft.“
Er rief den Namen der Magd mit lauter, weithin schallender Stimme. Daß der Bauer einmal einen Dienstboten in solcher Weise zu sich beorderte, das war eine außerordentliche Seltenheit. Daher kam das Mädchen schleunigst herbeigelaufen.
Als der Bauer den Namen Christel rief, fuhr der Schreck dem Baumeister in die Glieder.
„Halt, halt!“ rief er. „Was soll sie denn da! Ich sag's ja selber.“
„So machen Sie schnell!“ ermunterte ihn die Bäuerin.
„Gut, gut! Nämlich, Kronenbauer, als Sie erfahren haben, daß ich Ihre Frau Gemahlin schlecht gemacht haben soll, da –“
Er stockte.
„Nun, was war denn da?“ fragte der Bauer.
Auch Fritz hatte den lauten Ruf gehört. Zwar galt er nicht ihm; aber als er den Baumeister wieder an dem Baum bei den andern sah, kam er schnell herbei, um nötigerweise bei der Hand zu sein.
„Da – da – da war ein Irrtum vorhanden.“
„Nun,
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