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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn der Kronenhof dir gehört, mag er machen, was er will. Er geht uns sodann nix mehr an, und du wirst ihn bald genug fortgejagt haben.“
    „Ja; wann ich einziehe in den Hof, so muß er in demselbigen Augenblick hinaus. Ich mag keine Stund mit ihm beisammen sein und will hoffen, daß es dir recht ist.“
    „Wann ich nur dich bekomm, so ist mir alles recht.“
    „Ist's wahr, Kätherl?“
    „Ja.“
    „So gar lieb hast mich wirklich?“
    „Willst's immer noch nicht glauben?“
    „O ja; aber es klingt so schön, wannst's mir sagst; darum frag ich dich immer und immer wieder.“
    „So will ich dir jetzund zum tausendsten Mal sagen, daß ich dich von ganzem Herzen liebhabe. Komm her; ich muß dir einen tüchtigen Kuß geben!“
    „So laß ich mir's gefallen! So bist grad, wie ich dich gern hab. Küsse sollst gern bekommen, wievielst nur haben willst.“
    Er schlang die Arme um sie, drückte sie an sich und küßte sie so gierig, daß sie es sich wohl nicht gefallen lassen hätte, wenn es nicht grad jetzt ihre Absicht gewesen wäre, ihm zu einer so langen und innigen Umarmung Gelegenheit zu geben.
    Nämlich sie hatte sich bereits daheim unter alten, nicht mehr gebrauchten kleinen Schlüsseln einen ausgewählt, welcher genau die Gestalt und Größe hatte wie derjenige des Försters, welcher dessen Gewehrschrank schloß. Sie hatte ihn mitgebracht, ihn während der Unterhaltung aus der Tasche genommen und in der Hand gehalten.
    Es kam ihr darauf an, dem Förster seinen Schlüssel zu nehmen, ohne daß er es bemerkte und den anderen an die Stelle desselben zu hängen. Darum hatte sie ihn sich heut bei der Kapelle so genau angesehen. Hätte sie ihn einfach weggenommen von der Kette, so wär es sehr leicht möglich, daß er das Fehlen desselben bemerkte, hing sie aber einstweilen einen anderen an dessen Stelle, so konnte der Förster jetzt, bei Nacht, seine Uhrkette zehnmal in die Hand nehmen, ohne zu bemerken, daß der Gewehrschrankschlüssel fehle.
    Als er sie nun so innig umarmte und fest an sich drückte, umschlang sie ihn nicht, sondern hielt ihre Arme an sich, so daß sie zwischen ihrem und seinem Leib zu liegen kamen. Das hatte ganz den Anschein, als ob sie die allzu feste Umarmung von sich abwehren wolle. Indem er sie nun küßte, schaffte sie sich mit dem linken Arm für die rechte Hand den nötigen Raum, um seine Uhrkette zu erwischen.
    Sie fühlte dieselbe. Einen Druck an den Karabiner, an welchem der Schlüssel hing, und er öffnete sich. Der Schlüssel befand sich in ihrer Hand. Ebenso leicht gelang es ihr auch, den falschen Schlüssel an den Karabiner zu befestigen.
    Jetzt, da sie ihren Zweck erreicht hatte, entzog sie sich seiner mehr als stürmischen Liebkosung. Sie schob ihn von sich ab und sagte, nach Luft schnappend:
    „Herrjeses, du drückst mir ja die Seel aus dem Leib! Deine Lieb ist so gewaltig, daß man's gar nicht aushalten kann! Hörst nicht, daß ich gar keinen Atem mehr hab?“
    „Mag sein; aber so muß man es machen bei der richtigen Lieb. Einen Genuß muß man davon haben.“
    „Aber keinen, an welchem der andere versticken kann.“
    „So schnell geht dem Menschen die Lebensluft nicht aus. Komm her! Wollen's noch mal versuchen!“
    „Das hat noch Zeit. Laß mich nur erst erholen.“
    „Bist doch sonst nicht so zart. Bist wohl in der letzten Zeit schwach worden?“
    „Nein, aber alles hat seine Maß und Ziel, auch die Liebe.“
    „Da dank ich für das Maß, mit welchem du heut messen willst! Ich hab dich gar so wenig, und wann ich dich mal bekommen will, so müssen wir uns heimlich fortstehlen und uns in denen Winkeln umherdrücken. Das ist nix Willkommenes. Es kann mich nicht gefreuen.“
    „Mich auch nicht. Es geht aber leider jetzt nicht anderst.“
    „Ja, später wird's besser, wann ich erst dein Mann bin. Da wohnen wir beinander, und kein Mensch hat uns nix zu sagen. Nachher aber werd ich meine schöne Frau genießen. Da kannst dich nur darauf gefaßt machen!“
    „O Jegerl, das wird gefährlich!“
    „Gefährlich nicht, aber herrlich. – Donnerwettern! Die Zeit ist längst schon vorüber, in welcher ich revidieren muß. Was ist da zu tun?“
    Er hatte seine Uhr gezogen und gegen einen Mondstrahl gehalten, welcher durch die Zweige fiel. Die Bäuerin war darüber erschrocken, fühlte sich aber vollständig beruhigt, als er die Uhr wieder einsteckte, ahnungslos, daß der Schlüssel, welchen er ja auch mit in der Hand gehabt hatte, ein falscher sei.
    „Was zu tun ist“,

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