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71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil

Titel: 71 - Der Weg zum Glück 06 - Das Gottesurteil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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passieren tut. Es kann doch jemand kommen, vielleicht gar der Samiel. Schlaf nicht zu fest, und wann jemand kommt, so versteckst dich sogleich hier hinter der Bank in den Büschen, bis ich zurückkehren werd.“
    „Schön! Ich hab meine Instruktionen und werd sie befolgen“, lachte sie.
    „Das mußt auch tun. Also leb wohl, auf Wiedersehen, Kätherl!“
    „Adjeh, lieber Schatz!“
    Er war bereits mehrere Schritte fort. Da blieb er stehen und sagte:
    „Adjeh, lieber Schatz? Donnerwetter! Wannst so zärtlich und liebenswürdig zu mir redest, da muß ich dir gleich noch aus reiner Dankbarkeiten einen recht derben Schmatz geben.“
    Er kam wieder zu ihr zurück und wollte sie abermals umarmen; sie aber wehrte sich dagegen und sagte:
    „Wannst so unersättlich bist, werd ich andere Saiten aufziehen müssen. Ich werd's mir merken, daß ich nicht liebenswürdig mit dir sein darf.“
    „Geh her, Kätherl! Nur noch einen, einen einzigen!“ bat er.
    „Na, da hast ihn, daßt nur endlich fortkommst! Aber aus der Ferne; nicht so nahe. Angreifen darfst mich nicht dabei, sonst druckst mich abermals so, daß ich es nicht aushalten kann.“
    Er mußte gehorchen und ihr den Kuß aus der Distanz geben. Dann ging er.
    Sie blickte ihm nach, bis er aus dem hell beschienen Tal in den dunklen Wald getreten war. Dann stampfte sie mit dem Fuß und knirschte so laut, daß die beiden Lauscher es hörten:
    „Endlich! Der verdammte Kerl war ja gar nicht fortzubringen! Nun kann ich aber schnell machen! Vorwärts also!“
    Sie nahm den Rock hoch empor, so daß die nun mit den Männerhosen bekleideten Beine nicht am schnellen Lauf gehindert waren, und sprang längs des Weges hin und bog dann rechts ab in der Richtung nach dem Forsthaus zu.
    Sie hatte, wenn sie langsam wäre, eine Viertelstunde zu gehen, bei der Eile aber, mit welcher sie vorwärtsstrebte, konnte sie in der Hälfte dieser Zeit dort sein.
    Sie hielt nun keineswegs den gebahnten Weg inne, denn sie wußte, daß sie sonst auf einen der ausgestellten Posten gestoßen wäre. Sie wendete sich vielmehr unter die weit auseinanderstehenden hochstämmigen Bäume. Zwar war es da ziemlich dunkel, und sie hatte hier und da rechts oder links um die Bäume zu biegen; aber es war besser, etwas langsamer weiterzukommen, als von jemand bemerkt zu werden.
    Sie kannte den Wald und besonders diese Partie desselben so genau, daß ein Irren gar nicht möglich war. Aus diesem Grund gelangte sie nachher, als sie die Gegend des Forsthauses erreichte und wieder nach rechts bog, um auf den freien Platz, auf welchem es stand zu kommen, ganz genau die Stelle, an welche sie ihren Knecht Bastian bestellt hatte. Er hatte sich dort unter die Zweige des jungen Nadelholzes verstecken sollen. Trotz der Eile, mit welcher sie gelaufen war, waren ihre Schritte im weichen Moos doch so leicht und leise gewesen, daß Bastian sie gar nicht gehört hatte.
    „Pst!“ machte sie leise, indem sie stehenblieb und nun auf Antwort horchte.
    Erst jetzt bemerkte er, daß jemand da sei. Er steckte den dicken Kopf unter den Zweigen hervor, lugte heraus und sah sie an.
    „Hier!“ antwortete er.
    Mit einigen Schritten kam sie hin zu ihm.
    „Hast alles mit?“ fragte sie.
    „Natürlich!“
    „Auch die Latern und das Blatt?“
    „Ja. Kannst hereinkommen.“
    „Hilf mir! Es muß rasch gehen!“
    Er kam heraus zu ihr, ergriff ihre Hand und zog sie hinein in das Dickicht. Dort hatte er ein zwischen Bäumen liegendes, kleines Plätzchen ausfindig gemacht, welches Raum genug dazu bot, die Samielskleidung anzulegen.
    Die dazu nötigen Stücke lagen da am Boden. Auch das Dings, welches Sepp und Fritz für eine Stockflinte oder so etwas Ähnliches gehalten hatten. Bastian zeigte auf dasselbe und sagte:
    „Hier ist auch die Leiter.“
    „Gut! Aber wir werden sie nicht brauchen, Bastian.“
    „Das wäre gut, denn klettern tu ich nicht gern.“
    „Wir können in das Haus. Erst dachte ich, wir müßten zum Fenster hineinsteigen.“
    Während sie sprach, natürlich sehr leise, kleidete sie sich an.
    Der Bastian hatte die Samielstracht bereits vorher angelegt. Während er seiner Herrin half, die ihrige anzulegen, fragte er:
    „Also Geld willst holen, und wie groß ist die Summen?“
    Sie sagte es ihm nicht gern; er hätte lieber nicht wissen sollen, welch einen bedeutenden Fang sie machen wolle. Morgen aber wurde jedenfalls überall davon gesprochen, und da mußte er es doch erfahren. Darum antwortete sie der Wahrheit

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