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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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alten Leute, welche er bisher wohl noch gar nicht bemerkt hatte.
    „Was?“ sagte er. „Wer ist denn das? Der Warschauer mit seiner Eheliebsten! Das gefreut mich. Was treibt ihr denn hier?“
    Er hatte sein Gespräch nach hiesigem Gebrauch mit lauter Stimme geführt, so daß alle Anwesenden es hören konnten. Darum hatten auch die beiden jedes Wort verstanden.
    „In Geschäften sind wir da“, antwortete er, an seiner Wurst mit Behagen kauend.
    „In Geschäften? Willst wohl einen Bauernhof kaufen?“
    „Beinahe!“
    „Schön! Und auch fein speisen tust! Hat die Leni dir wieder mal was schickt?“
    „Ja, heut!“
    „Schau, das kann mir gefallen. Wann willst wiederum nach Haus hinüber?“
    „Wann wir unser Bier austrunken haben.“
    „Kannst länger bleiben, denn ich zahl dir noch eins oder auch mehrere sehr gern. Auf wen die Leni so gut gesinnt ist, der ist auch mir lieb. Darum macht euch dort weg und kommt ein wengerl zu uns herüber! Da können wir von ihr reden.“
    Eine solche Ehre wußten die alten, armen Leute sehr zu schätzen. Der Kapellenbauer war ein sehr angesehener Mann. Und jetzt saß gar so ein vornehmer Fremder dabei!
    „Ist's dein Ernst?“ fragte Warschauer vorsichtig.
    „Natürlich! Du bist mir willkommen“, antwortete der Gefragte mit Gönnermiene.
    „So werden wir es uns derlauben, wann der Herr nix dagegen haben tut.“
    Als Antwort nickte der Fremde ihnen freundlich aufmunternd zu und rückte zwei Stühle zurecht.
    Sie kamen mit ihren Gläsern und Tellern herbei. Die Alte machte einen Knicks und meinte:
    „Eigentlich täten wir's nicht wagen, aber weil 'S gar so schön von der Leni reden, so tun wir es doch. Prosit Mahlzeit!“
    Sie hielt diese Worte für einen feinen Gruß und warf, indem sie sich niedersetzte, einen Blick auf ihren Mann, als ob sie demselben sagen wolle:
    „Hast's gehört, wie nobel ich mich benehmen kann? Mach es nur auch so!“
    Nun begann ein sehr animiertes Gespräch, natürlich über die Leni. Der Bauer erkundigte sich, ob die Leni den beiden Leuten wirklich Geld geschickt habe. Warschauer nickte gewichtig und antwortete:
    „Ja, das will ich meinen.“
    „Was machst denn für ein Gesicht dazu? Du tust ja, als ob's eine Million war!“
    „Es ist auch fast so. Viel fehlt nicht daran.“
    „Dann möcht ich das Geldl sehen.“
    „Kannst's wohl schauen.“
    „So zeig's doch mal her!“
    Der Alte zog das Kuvert aus der Tasche, gab es ihm und sagte:
    „Hier, nimm es heraus!“
    Der Bauer betrachtete zunächst die Rück- und dann die Vorderseite. Er schüttelte den Kopf.
    „Weißt gewiß, daß es von der Leni ist?“
    „Natürlich!“
    „Dreihundert Gulden! Ein Heidengeld für dich!“
    „Ja, nun bin ich reich.“
    „Aber ich glaub's halt doch nicht, daß es von ihr ist.“
    „Von wem sonsten sollt es sein?“
    „Hm! Das ist ihre Handschriften gar nicht.“
    „Kennst sie denn?“
    „Sehr genau. Und die fünf Siegeln! Darauf ist gar ein Wappenschild, als wann sie vom Adel wär.“
    „Greif nur hinein!“
    Der Bauer zog die Scheine und den Brief heraus. Er betrachtete zuerst die ersteren genau; das ist bei einem Bauern die Hauptsache. Als er sie für echt befunden hatte, sah er sich auch den Brief an und erklärte:
    „Auch diesen hat sie nicht schrieben.“
    „So hat sie ihn sich schreiben lassen.“
    „Vielleicht. Darf ich's lesen?“
    „Ja, lies!“
    Als er damit fertig war, warf er den Brief mit einer Bewegung des Erstaunens auf den Tisch vor sich hin und rief:
    „Sappermenten! Also nach Scheibenbad sollt ihr? Ich doch auch!“
    „Du? Hat sie auch an dich schrieben?“
    „Ja, freilich. Aber ich glaub's halt nicht, daß sie es ist.“
    „Warum nicht?“
    „Weil es nicht ihre Handschrift ist. Es ist nämlich ganz dieselbe wie hier. Ich habe den Briefen einstecken und werde ihn vorlesen.“
    Er zog den Brief hervor und las:
    „Lieber Kapellenbauer!
    Ich hab oft und gern an Dich gedacht, seit ich nicht bei Dir bin. Vielleicht möchtest Du gern wissen, wie es mir geht. Da komm doch nächsten Mittwoch mit dem ersten Zug nach Scheibenbad. Ich werde Dich in der Talmühle erwarten. Es kommen lauter gute Bekannte. Wenn Du noch etwas auf mich hältst, so laß mich nicht vergeblich auf Dich warten. Es grüßt Dich dankbar
    Deine Leni.“
    „Richtig!“ rief der alte Warschauer. „Auch du sollst hin. Wirst gehen?“
    „Ich möcht wohl. Aber ich denk, es kann auch so eine Art von Finte sein.“
    „Wieso?“
    „Daß mich einer foppen

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