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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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will.“
    „Das glaub ich nicht.“
    „Es wär doch eine ärgerliche Geschicht, wann ich hin käm und sie wär gar nicht da.“
    „Das ist freilich wahr, aber das hast nicht zu befürchten. Ich glaub nicht dran.“
    „Ich denk's aber doch!“
    „Dann wäre ja auch ich gefoppt!“
    „Freilich!“
    „Da mußt halt bedenken, daß mir nicht einer, der mich zum Narren halten will, dreihundert Gulden dazu sendet.“
    „Da hast freilich recht. Zumal ich doch nicht annehmen möcht, daß man auch unseren geistlichen Herrn ärgern will.“
    „Wieso denn?“
    „Weil auch er so einen Brief erhalten hat.“
    „Auch der Herr Pfarrer? Soll auch er etwa hinkommen?“
    „Ja, auch er ist eingeladen.“
    „Durch dieselbige Handschrift?“
    „Ganz durch dieselbige.“
    „Das ist doch sonderbar! Steht denn auch bei ihm ihr Name darunter?“
    „Sogar der ganze, Magdalena Berghuber.“
    „Hm! Und wird er gehen?“
    „Ja. Er sagt, daß sie ihn nicht einladen tät, wann sie nicht einen Grund dazu hätt.“
    „Da wird er wohl ganz richtig denken.“
    „So gehst du wirklich?“
    „Natürlich! Ich nehm auch meine Frau mit.“
    „Nun, so fahr auch ich. Ich hab dem geistlichen Herrn versprochen, ihn mit meinem Wagen zu nehmen. Da könnt auch ihr kommen und mit uns nach der Bahn fahren. Da sind wir gleich beisammen. Vorher trinken wir den Kaffee bei mir, und jetzund laßt euch die Krüge wieder füllen!“
    Sie waren so in den Gegenstand ihres Gesprächs vertieft gewesen, daß sie gar keine Zeit gehabt hatten, viel auf den Fremden zu achten. Wenn sie das nicht unterlassen hätten, wäre ihnen wohl das eigenartige Lächeln aufgefallen, welches um seine Lippen spielte.
    Erst jetzt blickte der Bauer zu ihm hinüber. Es schien ihm ein Gedanke zu kommen. Er sagte:
    „Da fallt mir ein, daß ja dieser Herr die Leni kennt. Vielleichten kann er uns einen Aufschluß geben.“
    „Wenn ich kann, sehr gern.“
    „Sie haben die Leni zum letzten Mal in Wien gesehen. Wissen Sie, wo sie jetzt ist?“
    „Ja, in Scheibenbad.“
    „Also doch? Und was meinen Sie? Sollen wir hinfahren zu ihr oder nicht?“
    „Auf jeden Fall. Die Briefe sind wirklich ganz ehrlich gemeint.“
    „So denken Sie, daß sie von ihr kommen?“
    Der Bauer hatte den Poststempel nicht angesehen, sonst hätte er merken müssen, daß die Briefe aus Wien gekommen waren. Der Fremde antwortete ausweichend:
    „Wenn sie nicht selbst geschrieben hat, so ist dazu jedenfalls ein Grund vorhanden.“
    „Ja, sie kann einen bösen Finger haben. Das ist freilich wahr. Also wir fahren. Und nun freu ich mich darauf!“
    Es entstand eine kurze Pause, während welcher der alte Warschauer den Fremden in verlegener Weise musterte. Er schien etwas auf dem Herzen zu haben. Endlich nahm er sich den Mut:
    „Wann der Herr in Wien ist, so hat er vielleicht auch von meinem Sohne hört?“
    „Wer ist das?“
    „Der Krickel-Anton.“
    „Den kenne ich nicht.“
    „Hm! Er soll – soll – soll sich dort Herr Criquolini nennen lassen und ist Sänger.“
    Es glitt schnell wie ein herzliches Mitleiden über das männlich schöne Gesicht des Gefragten. Er antwortete:
    „Ja, den kenne ich.“
    „Wirklich, wirklich?“
    „Ja, ich habe sogar mit ihm gesprochen.“
    „Ist das wahr? Herrgott! Mit ihm gesprochen! Wie sehr mich das gefreut!“
    Und die alte Frau faltete die Hände, nickte dem Herrn zu und fragte:
    „Nicht wahr, der Anton ist brav?“
    „Ich denke es wohl“, antwortet er.
    „Er sendet uns nix, weil er selber nix hat. Meinen Sie nicht auch?“
    „Wenn er Ihnen nichts sendet, so scheint er allerdings nichts übrig zu haben. Das Leben in so einer Stadt ist sehr kostspielig.“
    „Hörst's Alter! Ja, er ist doch brav. Er hat nix und braucht doch viel. Meinst nicht, daß wir ihm von den dreihundert Gulden ein- oder zweihundert senden?“
    „Beileibe nicht!“ fiel der Fremde schnell ein. „Es scheint zwar, daß er für Sie nichts erübrigen kann, aber was er für sich braucht, das verdient er.“
    „Ist das wahr, oder wollen 'S uns nur trösten?“
    „Es ist wahr. Ich kann Ihnen mein Wort geben. Übrigens würde ihn Ihr Geld gar nicht treffen.“
    „Warum?“
    „Weil er nicht mehr in Wien ist.“
    „Wo denn?“
    „In Scheibenbad.“
    „Herrgottle! Da, wohin wir wollen.“
    „Ja. Vielleicht werden Sie ihn treffen.“
    „Natürlich, natürlich werden wir ihn treffen, und wenn wir ihn von Haus zu Haus suchen sollten!“
    „Ich werde mich erkundigen und Ihnen sagen, wo er

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