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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gesagt? Haben Sie gefragt?“
    „Nein. Haben 'S keine Angst. Ich wollt auch mal so eine Probe machen auf dem Angesicht.“
    „Mit mir?“
    „Ja. Sie sind so erschrocken, daß ich's sehen hab, wie lieb sie Ihnen ist. Gehen 'S zu ihr!“
    „Wo ist sie?“
    „Drinnen in der Hütten. Sie wollt mich ein Stückerl begleiten; ich aber hab's nicht gelitten.“
    „Da hätte sie mich hier gesehen.“
    „Eben darum.“
    „Geht sie hinunter?“
    „Ja, sie kommt. Sie wär morgen früh kommen. Aber weil die alten Warschauers hier sind und wegen ihr hierbleiben, will sie hinabkommen.“
    „Warum ging sie nicht mit Ihnen gleich?“
    „Sie hat sagt, sie wolle noch einmal da sitzen, wann der Abend auf die Alm herniedergeht. Sie will an die Vergangenheit denken.“
    „Und da bin ich gekommen, sie zu stören!“
    „Schadet nix. Bringen Sie sie dann hinab.“
    „Schön! Aber ich wollte ja hier oben bleiben!“
    „Daraus wird nun nix. Sie bleiben bei mir. Ich werd schon für einen guten Platz sorgen.“
    Er ging fort, den Berg hinab.
    Der Graf erhob sich langsam und trat an die Felsenecke. Das Häuschen lag vor ihm. Es hatte auf dieser Seite kein Fenster. Leni konnte ihn nicht kommen sehen. Die Sennerin war auf die Höhe gestiegen und trieb die Rinder und Ziegen herab. Von ihr war keine Störung zu befürchten.
    Er schritt rasch auf die Sennhütte zu. Wollte er von vorn nach der Tür gelangen, so mußte er an dem kleinen Fenster vorüber, welches sich neben der Tür befand. Darum ging er um das Gebäude hinten herum und kam nun von der entgegengesetzten Seite an die Tür.
    Diese stand offen. Er war leise, sehr leise aufgetreten. Sie konnte ihn nicht kommen hören. Er streckte den Kopf vor. Der Raum schien leer zu sein.
    Als er aber zwischen der offenen Tür und der Mauer hindurchblickte, sah er sie auf einem Holzschemel sitzen. Sie sah durch das Fenster.
    Sie trug ihr altes Sennergewand mit dem kleinen Hütchen auf dem Kopf. Ihr Gesicht war bleich, ihr Auge groß und ernst auf die Spitzen der Berge gerichtet. Ihre Lippen bewegten sich, und die Kugeln des Rosenkranzes glitten durch ihre jetzt so weißen Finger – sie betete.
    So konnte er sie nicht stören. Er trat zurück. Er hatte das leise tun wollen, aber ein Steinchen knirschte unter seiner Sohle.
    „Hast die Rinder da, Marie?“ fragte sie. „Jetzt werd ich dir helfen.“
    Sie glaubte, die Sennerin habe das Geräusch verursacht und stand auf. Als sie an die Tür trat, sah sie ihn stehen.
    Ihre beiden Hände fuhren nach der Brust. Dann breitete sie die Arme aus.
    „Arnim –!“
    Es war, als ob sie sich auf ihn werfen wolle. Da aber sanken die Arme wieder herab, und eine glühende Röte überzog ihr Gesicht.
    „Graf, Sie!“ hauchte sie.
    „Ja, ich, Leni! Sie erschraken. Bin ich Ihnen unwillkommen?“
    „Nein, nein. Ich dachte soeben an Sie.“
    „An mich? Wirklich? Wie glücklich mich das macht.“
    „Ja, ich dachte, daß Sie nun in Scheibenbad angekommen sein würden.“
    „Ich fuhr die Nacht und kam heut früh dort an. Da hörte ich, daß Sie mit dem ersten Zug nach hier seien.“
    „Wer sagte es Ihnen?“
    „Frau Salzmann.“
    „Ja, die allein wußte es.“
    „Ich bin mit dem nächsten Zug gefolgt. Es drängte mich, Sie zu begrüßen. Ich hatte sie so lange nicht gesehen.“
    „Zwei Wochen lang. Welche Ewigkeit!“ lächelte sie.
    „Ja, eine Ewigkeit war es!“ nickte er ernst. „Aber Sie haben mich noch gar nicht einmal willkommen geheißen.“
    „Haben Sie mich begrüßt?“ fragte sie.
    „Ach nein! Ich zeihe Sie eines Fehlers und habe denselben doch selbst begangen. Gott grüße Sie, Leni!“
    Er reichte ihr die Hand. Sie schlug kräftig ein und antwortete heiter:
    „Dank schön, und willkommen auch. Wollen Sie ein Milchen, ein Käs und Brot? Oder soll ich Ihnen lieber einen Schmarren backen?“
    „Nichts von alledem! Danke!“
    „Aber das ist so Sennerbrauch!“
    „Der gilt nichts, denn Sie sind Talmisennerin.“
    „Schauen 'S, wie Sie das so sagen können! Ich bin imstand, häng den Gesang an den Nagel und steig wieder auf den Berg. Sie glauben nicht, wie glücklich ich hier gewesen bin.“
    „Und jetzt sind Sie es nicht mehr?“
    „Vielleicht nicht, vielleicht doch! Ich kann es ja nicht sagen.“
    „Nun, wenn Sie es nicht sind, so hoffe ich zu Gott, daß Sie es noch werden.“
    Sie trat zurück und deutete nach innen.
    „Wollen Sie eintreten oder bleiben wir lieber im Freien?“
    „Wie Sie wollen.“
    „Draußen ist es mir

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