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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ergriff seine Hand. Er nahm ihre kleinen Händchen zwischen seine großen, streichelte sie zärtlich und antwortete:
    „Meinst, daß ich wegen dir mein Wort mal brechen soll?“
    „Ja.“
    „Schau, so sind die Frauenzimmern! Sie verführen einen zu den größten Fehlern.“
    „Aber, wenn du weißt, wo sich die gesuchte Familie befindet, so sage es doch!“
    „Eigentlich könntest du es ebensogut wissen.“
    „Warum?“
    „Weil dir die Flieg auf der Nasen sitzt. Es ist fast merkwürdig, wie man oft den Wald vor lauter Bäumen nicht derblickt! Als ich es erfuhr, hätt ich mir gleich selber eine Ohrfeig geben könnt. Nämlich die Familie von Sandauen ist nicht mehr in Amerika. Sie ist längst wieder nach Deutschland zurück.“
    „Aber wo ist sie jetzt?“
    „Nach Bayern.“
    „Herrgott! Sie befinden sich also hier in unserem engeren Vaterland?“
    „Sogar im allerengsten.“
    „Wo denn? Vielleicht gar nahe von hier?“
    „Hier selbst.“
    Milda war vor Erregung aufgesprungen, ebenso wie Max von seinem Sitz aufstand.
    „Etwa als Badegäste?“ fragte sie.
    „Nein. Aber da verrat ich bereits zu viel. Ich soll ja nicht davon reden.“
    „Du mußt, du mußt, lieber Sepp“, rief sie, seine Hände bittend ergreifend.
    „Dann kann's mir schlimm ergehen.“
    „Oh, ich nehme halt alles auf mich, alles.“
    „Du kannst doch nicht die Vorwürfe und Grobheiten auf dich nehmen, die ich dann anhören muß.“
    „Alle, alle!“
    „Ich bekomme sie dennoch.“
    „Sepp, ich bitte dich inständig, sage mir, was du weißt, und wo die Leute sich befinden.“
    Der Alte tat, als ob er sich die Sache überlege, und sagte dann in gutmütigem Ton:
    „Nun, ich kann's freilich nicht anhören, daßt mich so bittest. Also sollst's derfahren. Aber du mußt mir vorher ein Versprechen geben.“
    „Welches?“
    „Daßt jetzt noch nix sagst.“
    „Werde ich das vermögen?“
    „Ja. Ich will sogar meine Bedingung noch besser machen. Du sagst gegen keinen Menschen was bis nach der Theatervorstellung heut.“
    „Dann kann ich reden?“
    „Reden und auch handeln.“
    „Gut, das ist nicht schwer. Ich verspreche es.“
    „Und der Max auch?“
    „Ja, auch ich werde bis dahin schweigen“, erklärte der junge Dichter.
    „So verlaß ich mich auf euer Wort. Die Familie ist, wie ich bereits sagt hab, von Amerika wieder rüberkommen. Der Vater ist drüben im Dienst als Polizist erschossen worden. Erst haben's ihren Namen ganz ablegen wollen; aber er ist ein ehrlicher gewest und das Makel, welches auf demselben haftete, war ein unverdientes. Darum haben's ihn doch beibehalten.“
    „Mein Gott!“ klagte Milda. „An dem allen ist mein Vater schuld! Ich habe viel zu sühnen.“
    „Auf dich fällt gar kein Vorwurf.“
    „Aber ich bin die Tochter meines Vaters!“
    „Dafür kannst ja nicht. Nun haben die Leut hier sucht, die verlorene Ehre wieder herzustellen, doch vergeblich. Sie haben ja keine Beweisen habt. Sie waren arm und haben sich kümmerlich behelfen mußt. Jetzt aber geht es besser.“
    „Also sie nennen sich noch von Sandau?“
    „Das von haben's weggelassen. Der Namen ist jetzt ein bürgerlicher. Aber er wird bald wieder zu Ehren kommen. Der König will ihn rehabilitieren lassen. Er weiß alles.“
    „Herrgott! Er weiß es wirklich?“
    „Ja, alles.“
    „Und er kennt auch die Unschuldigen?“
    „Sehr genau.“
    „Warum hat er da nicht schon längst eingegriffen?“
    „Der Sohn hat es nicht wollt.“
    „Warum nicht?“
    „Deinetwegen.“
    Sie sah ihm einige Sekunden lang starr in die Augen. Dann schlug sie die Hände vor das Gesicht, drehte sich um und sank schluchzend in den Stuhl.
    Max trat zu ihr, legte ihr die Hand beruhigend auf die Achsel und bat:
    „Milda, weine nicht! Wenn es so steht, so ist ja alles, alles gut.“
    „Er – er – er ist's!“ schluchzte sie.
    „Ja. Aber er ist unser Freund.“
    „Rudolf, Rudolf ist dieser Sohn! O Gott, o Gott! Er hat alles gewußt und sich doch nicht genannt.“
    „Das ist ein Beweis von seltenstem Edelmut. Wir haben mit ihm darüber gesprochen. Er weiß, daß wir ihn suchen. Verkennen also kann er dich nicht.“
    „Er hat meinetwegen auf seine Rechte, auf sein Vermögen und auf die Ehre seines Namens verzichtet! Er hat hart gearbeitet, um sich eine Existenz zu erringen. Und doch hat er gewußt, daß mein ganzes Vermögen ihm gehört!“
    „Milda, beruhige dich! Ich begrüße es mit tausend Freuden, daß es so gekommen ist. Er wird es so einzurichten

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