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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gewesen war!“
    „Mußt halt denken, daß es auch noch andere Dirndln gibt!“
    „Aber eine solche nicht.“
    „Mußt's nur suchen!“
    „Nein. Eine Leni gibt's halt nicht wieder. Das weiß ich schon ganz gewiß. Ich war gar nicht wert, daß sie mir gut gewest ist. Ich hab einen Edelstein in den Händen habt, einen gar kostbaren Diamanten. Den hab ich verkannt und für ein Stückerl schwarze, schmutzige Kohle gehalten.“
    „Meinst die Leni?“
    „Ja. Sie war der Diamant, den ich weggeworfen hab. Dann ist ein anderer kommen, der besser war und klüger als ich; der hat ihn aufgehoben. Als ich das vorhin erfuhr, hab ich denkt, daß der Edelstein wiederum mein werden muß. Aber damit ist es halt aus. Ich hab mein Recht verloren, und ein Menschenkind ist doch auch keine Sach, die man wegwirft und sodann wiederum wegnehmen kann, ganz so, wie es einem beliebt.“
    Er hatte in scheinbar ruhigem Ton gesprochen; aber seine Stimme klang gepreßt, und er schluckte zwischen den einzelnen Worten und machte Pausen, als ob ihm das Reden sehr schwer falle.
    Die alte Frau fühlte, daß die Rede ihn quälte, daß er sich selbst weh tat.
    „Anton“, bat sie, „sprich doch lieber nicht davon! Es ist nicht gut.“
    „Oh, es ist schon gut. Wann die Wunde heilen soll, muß man das wilde Fleisch herausischneiden. Und das will ich jetzt tun.“
    „Aber das tut weh!“
    „Das ist recht so, denn ich hab's verdient. Ich hab's schon ganz allein an euch verdient.“
    „Das sollst doch nicht sagen!“
    „Es ist ja wahr! Habt ihr denn nicht wartet, auf mich, auf einen Briefen von mir oder auf ein Geldl, das ich euch schicken sollt?“
    „Das schon zuweilen.“
    „Aber es ist nix kommen! Habt ihr da nicht zankt und räsoniert?“
    „Ich nicht“, gestand sie.
    „Du nicht, aber dera Vätern?“
    „Ja, der freilich. Ich hab zuweilen weinen mußt, und da hat der Vatern sich auch die alten Augen wischt und nachher schimpft.“
    „Schau, sogar weint habt ihr über mich!“
    „Da sind die Leutln schuld gewest, die dem Vatern von dir verzählt haben.“
    „So! Haben's verzählt?“
    „Oft.“
    „Wer denn?“
    „Die in Wien gewest sind und denen sie es sagt haben.“
    „Und was haben sie sagt?“
    „Daß wir hungern müssen und daßt aber du herrlich und in Freuden lebst.“
    „Herrgott! Das, das habt ihr derfahren?“
    „Es ist doch nicht wahr gewest.“
    Sie sagte das im entschiedensten, zuversichtlichsten Ton. Er aber war in der kurzen Zeit dieser wenigen Minuten ein ganz anderer geworden. Er gestand aufrichtig:
    „Es ist wahr, Muttern; es ist wirklich wahr!“
    „So schlimm aber doch nicht?“
    „Noch schlimmer!“
    „Nein, Anton, nein!“
    „O doch! Das will ich dir gleich zeigen.“
    Er zog eine wohlgefüllte Brieftasche hervor, legte sie ihr in die Hand und sagte:
    „Wieg's einmal in der Hand.“
    Sie hob und senkte prüfend die beschwerte Hand und fragte.
    „Was ist drin? Wohl gar ein Geldl?“
    „Ja. Rat mal, wieviel!“
    „Das kann ich nicht derraten.“
    „Ja, da hast recht. Das kannst nicht derraten, denn es ist gar zuviel für deine Gedanken.“
    „Es sind wohl Kassenbilleterls?“
    „Lauter Hundertmarkscheinen.“
    „Herr, mein Gott! Soll ich das glauben?“
    „Ja, und es sind auch noch größere Scheinen dabei. Es sind sechzigtausend Mark.“
    Sie fuhr vom Stuhl auf.
    „Glaubst's wohl nicht?“ fragte er.
    „Nein.“
    „Ich war in Amerika, wo ich für meinen Gesang gar viel bekommen hab. Noch viel, viel mehr als das hier in der Brieftaschen, aber ich hab viel verlebt und verspielt.“
    „Anton!“
    „Ja, so ein schlechter Kerlen bin ich gewest.“
    Er legte nun seiner neben ihm sitzenden Mutter eine aufrichtige Beichte ab. Sie weinte vor Schmerz und doch auch vor Wonne, und das half auch ihm zu Tränen, die wie eine Erlösung auf sein Gemüt wirkten. Die Reue hatte ihn gepackt, und aller Haß, alle Rache, aller Zorn war verschwunden.
    „Wirst mir vergeben können?“ fragte er, als er geendet hatte.
    Sie schlang die Arme um ihn und erklärte unter Schluchzen:
    „Anton, du weißt gar nimmer, was eine Muttern ihrem Kind vergeben kann. Schlecht bist doch nicht gewest, sondern nur leichtsinnig, und das wird halt besser werden.“
    „Von heut an wird's anderst, von heut an!“
    „Ja, Anton. Hier hast dein Geldl. Wannst einmal ein paar Guldln übrig hast, wirst nun an uns denken.“
    „Nein, ich nehm's nicht wieder.“
    „Ich kann's doch nicht behalten!“
    „Behalten sollst's, behalten

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