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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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frei, den ich für Sie aufgehoben habe. Darf ich Ihren Namen dazu notieren?“
    Sein Gesicht rötete sich.
    „Leni“, fragte er, „haben Sie ihn mir wirklich aufgehoben, oder denken Sie erst jetzt daran, ihn mir zu geben?“
    „Ich sage die Wahrheit, wenn ich gestehe, daß ich Ihnen denselben absichtlich reserviert habe.“
    „So haben Sie es vorhin also doch nicht gar so schlimm gemeint, als wie es schien?“
    „O doch! Aber ich hegte das beste Vertrauen zu Ihnen, daß Sie sich finden würden.“
    „Nun gut, ich hatte mich verloren, besitz mich aber vollständig wieder und freue mich, nun auch den Walzer zu finden, den ich vorhin verlorengeben mußte.“
    So war alles glatt und geebnet, vergeben und vergessen, und der Mißton, welcher sich in das heutige Vergnügen hatte einschleichen wollen, war verstummt.
    Da, wo sich die königliche Loge befand, waren die Gasflammen verlöscht worden, doch war dieselbe so hell erleuchtet, daß man die Gestalt des Monarchen bemerkte, welcher sich in dem Hintergrund niedergelassen hatte. Er betrachtete mit stillem Vergnügen die so verschiedenartigen Gestalten der Leute, die ihm mehr oder weniger ihr Glück zu verdanken hatten.
    Nach einiger Zeit wurden die Tafeln placiert. Der Pächter der Theaterrestauration begann, die Erzeugnisse seiner Kochkunst auftragen zu lassen.
    Nun gab es bunte Reihe. Der Sepp hatte den Vorsitz, aber er war besorgt gewesen, neben sich zwei Damen zu haben, nämlich rechts die alte Barbara aus der Hohenwalder Mühle und links die alte Feuerbalzerin.
    Dann kamen sie alle, wie sie sich zufällig zusammenfanden oder nach vorhergegangenen Vereinbarungen setzten:
    Der Graf mit der Leni, neben dieser letzteren der Anton mit seiner Mutter. Darauf folgte der früher blinde, jetzt aber sehr gut sehende Kronenbauer aus Kapellendorf mit der Mutter Ludwig Helds aus Oberdorf.
    Da saßen manche nebeneinander, welche sich vorher noch nie getroffen oder gesprochen hatten.
    Einer der stolzesten war der alte, brave Finken-Heiner, welcher natürlich bei seiner Frau saß. Sein leuchtender Blick hing an seinen glücklichen Kindern, welche zu beiden Seiten der Eltern saßen, die Lisbetherl beim Müller-Helm und Anita, die Italienerin, bei dem Elefanten-Hans, den sie mit Lorbeeren geschmückt hatte.
    War das eine Freude und Herrlichkeit! Der alte Sepp betrachtete sich im stillen als Mitschöpfer des Glücks aller Anwesenden. Er brachte den ersten Toast aus, natürlich auf den König. Alle erhoben sich, und die Hochs wollten gar kein Ende nehmen.
    Die braven, einfachen Leute waren wohl nicht für große Reden prädestiniert; aber bald riß ein wirkliches Toastfieber ein. Ein jeder hielt eine Rede, natürlich auf irgendeine der anwesenden Damen.
    Bald bekamen auch die Frauen und Mädchen Mut. Leni war die erste, welche auf den Sepp toastete. Die andern folgten. Es wäre ja eine wahre Schande gewesen, da zurückzubleiben. Und als endlich gar der Champagner erschien, so öffneten die schaumig perlenden Tropfen auch der Mutlosesten den Mund.
    Den letzten Toast hielt einer, der sich mit seinen beiden Kameraden bisher schweigsam verhalten hatte.
    „Du“, sagte der Frenzel leise zum Wenzel, „meinst du nicht auch, daß wir was sagen müssen?“
    „Natürlich! Wir können doch nicht so umsonst mitessen und trinken.“
    „Die Wenzelei muß sich sehen lassen.“
    „Freilich! Was sagst du dazu, Menzel?“
    „Ja, redet nur!“ antwortete der Genannte.
    „Wir? Nein, du mußt reden!“
    „Warum ich?“
    „Weil du der Oberste bist.“
    „Ach ja, ich bin doch der Herr Musikdirektoren! Also muß ich die Red' loslassen.“
    „Tue es! Klopf ans Glas und steh auf!“
    „Ja, das wird nicht leicht gehen.“
    „Warum?“
    „Ich fühl's schon: Ich komm nicht in die Höhe.“
    „Oh, das tut nix. Wannst nur erst einmal aufi bist, nachher werd ich schon dafür sorgen, daßt nicht wiederum zu schnell abi kommst.“
    „Wie willst das anfangen?“
    „Das ist meine Sach. Ich halte dich.“
    „So will ich's versuchen.“
    Er wackelte und wankte empor und klopfte. Alles war still.
    Er wollte beginnen. Aber als er alle Blicke auf sich gerichtet fühlte, wurde es ihm angst. Er brachte kein Wort hervor. Da erbarmte sich der Violin-Frenzel des Kollegen. Er rief mit lauter Stimme:
    „Der Klarinetten-Menzel, der unser Direktor ist, will eine Red' halten.“
    „Los, los, anfangen!“ rief es rundum.
    Der Herr Musikdirektor öffnete die Lippen. Er machte einige Gestikulationen, aber der

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