72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
und das hatte jetzt die Wirkung, daß der Betrunkene in sitzende Stellung emporfuhr. Er starrte den andern verwundert an und fragte:
„Wer – wer sind Sie denn?“
„Der Nachtwächter, wie Sie sehen.“
„Was – was – wollen Sie?“
„Ich habe revidiert und ihre Wohnung offen gefunden. Das darf nicht sein.“
„Offen? Es war doch zu!“
„Nein. Sowohl die Haus- als auch die Stubentür war unverschlossen.“
„So – so – sind sie fort!“
Er blickte wie suchend um sich.
„Wer denn?“ fragte der Polizist.
„Meine Gäste.“
„Sie haben Gäste und liegen im Bett?“
„Ja – ja – wissen Sie, der Wein, der Wein!“
„Ich verstehe! Sie hatten sich ein kleines Räuschchen angetrunken. Nicht wahr?“
„Ja, so ist's.“
„Da wurden Sie schlafen gelegt, und die Gäste gingen. Da sie Ihnen den Schlüssel hier lassen mußten, konnten sie nicht verschließen.“
„Ganz so muß es gewesen sein.“
„Das soll aber nicht vorkommen. Wen hatten Sie denn zu Gast?“
„Den Baron von Stubbenau.“
„Und –?“
„Und eine Dame, meine – meine – ah, das tut doch vielleicht nichts zur Sache.“
„O doch! Ich muß Sie bitten, mir den Namen der betreffenden Dame zu sagen.“
„Es war die Tänzerin Valeska. Sie wollen doch nicht etwa wegen dieser kleinen Unregelmäßigkeit Anzeige machen?“
„Eigentlich sollte ich wohl; aber ich will davon absehen, obgleich ich glaube, daß Sie mir nicht ganz die Wahrheit gesagt haben.“
„Nicht? Wieso?“
„Weil Sie gar keine Dame bei sich gehabt haben.“
„Wer behauptet das?“
„Ich. Als Ihre Gäste Sie verließen, habe ich nur zwei Herren bemerkt. Den einen erkannte ich allerdings als den Herrn Baron von Stubbenau. Eine Dame war nicht dabei.“
„Gewiß“, lächelte Criquolini verlegen. „Die Tänzerin hatte Herrenkleidung angelegt, wissen Sie, so ein kleine, augenblickliche Marotte.“
„Ach so! Das ist etwas anderes. Jetzt aber bitte ich, die Türen zu verschließen.“
„O weh! Da müßte ich ja aufstehen!“
„Freilich!“
„Hm! Sind Sie hier auf der Straße stationiert?“
„Ja.“
„Da tun Sie mir doch den Gefallen, zuzuschließen und den Schlüssel später abzugeben. Es soll mir auf ein Trinkgeld nicht ankommen. Wollen Sie?“
„Wenn Sie es wünschen, ja.“
„Gut! Tun Sie es! Gute Nacht!“
Er fiel in die Kissen zurück und schnarchte bereits im nächsten Augenblick wie vorher.
Der Beamte aber wußte nun genug. Er verschloß die Wohnung und begab sich dann mit den drei auf ihn wartenden Herren nach dem Haus der Frau Salzmann, um dort den Tatbestand aufzunehmen.
Später ordnete er sowohl vor die Wohnung Stubbenaus als auch der Tänzerin je einen verkleideten Polizisten. Diese beiden Männer erhielten die Aufgabe, die zwei Genannten ja nicht aus dem Auge zu lassen.
Ganz ebenso wäre auch Gulijan beobachtet worden, wenn seine Wohnung bekannt gewesen wäre. Er war aber von seiten seines Hotelwirts noch nicht angemeldet, und man konnte die betreffende Meldung noch am Morgen erwarten.
In Beziehung auf ihn war es genug, daß man wußte, er gebe sich für einen Herrn von Wellmer aus. Und zudem wußte der Graf ja, daß dieser Mann täglich früh von neun bis zehn Uhr auf den Einbrecher warten wolle.
Am andern Morgen hatte es soeben acht Uhr geschlagen, als es sich in der Nähe des Parkhäuschens zu regen begann. Es gab da mehrere Spaziergänger, welche scheinbar unbefangen sich in der frischen Morgenluft ergingen. Wer sie aber schärfer beobachtet hätte, dem wäre es sicher nicht entgangen, daß sie die Umgebung rekognoszierten und dann hinter Bäumen und Sträuchern verschwanden.
Der Graf von Senftenberg glaubte, seine Schuldigkeit getan zu haben; er wollte sich mit dieser Angelegenheit, welche nun lediglich Kriminalsache geworden war, persönlich nicht mehr beschäftigen. Der Sepp aber und der Fex waren entschlossen, sich am Fang der Verbrecher zu beteiligen.
Der letztere hatte sich mit dem Polizeibeamten, der während der Nacht die Sache in die Hand genommen hatte, in dem Häuschen versteckt, ganz so, wie gestern der Graf. Die beiden befanden sich draußen in dem dunklen Werkzeugraum und sorgten dafür, daß die Tür für fest verschlossen gelten mußte.
Jetzt hielten sie dieselbe aber noch geöffnet, um fleißig Ausguck halten zu können.
Ungefähr eine Viertelstunde vor neun sahen sie den Baron Stubbenau kommen. Sie zogen sich in das Versteck zurück. Er trat in das Häuschen und tastete an
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