72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
untersiegeln, da er es auf eine regelrechte Rauferei nicht ankommen lassen wollte. Doch meinte er dann zornig:
„Aber ich verlange, daß Sie mit diesem Revers keinerlei Mißbrauch treiben!“
„O nein“, antwortete Salek. „Es liegt ja in meinem eigenen Interesse, daß ich ihn sehr sicher aufbewahre. Sie können also –“
Er wurde unterbrochen, denn Gulijan stieß einen unterdrückten Ruf des Ärgers aus und sagte, indem er hinaus auf den Weg deutete:
„Verdammt! So werden wir also doch miteinander gesehen und überrascht.“
Salek drehte sich um und erblickte den alten Sepp, welcher langsam und scheinbar tief in Gedanken versunken, auf das Häuschen zugeschritten kam.
„Ah, der!“ sagte der Einbrecher. „Von dem haben wir nichts zu befürchten.“
„So? Kennen Sie ihn?“
„Ja. Er ist ein Freund von mir, ein alter bayrischer Hauptmann. Ein wenig dumm und ein wenig gut, ein alter, ehrlicher Schafskopf, der ganz zufälligerweise hier spazieren geht.“
„Wirklich zufällig?“
„Gewiß. Übrigens scheint er es auf das Häuschen abgesehen zu haben. Als wen soll ich Sie vorstellen!“
„Als Wellmer. Mein wirklicher Name darf nicht genannt werden.“
„Schön. Da ist er schon.“
Der Alte hatte das Häuschen erreicht, hielt an und betrachtete es sich wie einer, welcher soeben aus tiefen Gedanken erwacht. Dann stieg er langsam die wenigen Stufen herauf.
Salek trat ihm entgegen.
„Erschrecken Sie nicht, lieber Hauptmann“, sagte er. „Sie haben jedenfalls hier niemand erwartet.“
Der Sepp fuhr allerdings zurück, als ob er erschrocken sei, lachte aber heiter auf, als er den Sprecher erkannte.
„Sie hier, Baron! Das ist nun freilich eine frohe Überraschung. Ich war ganz in Gedanken versunken.“
„Jedenfalls in glückliche?“
„O nein, sondern im Gegenteil. Aber wollen Sie mich nicht diesem Herrn vorstellen?“
„Herr Hauptmann von Brendel, Herr Baron von Wellmer“, stellte Salek sie einander vor.
Die beiden verbeugten sich, und dann nahm Salek das Thema wieder auf:
„Es waren keine wohltätigen Gedanken? Sie haben doch nicht Ärgerlichkeiten gehabt?“
„Ich selbst nicht, aber eine mir nahestehende Person. Sie wissen doch bereits, daß ich der Pate der Ubertinka bin?“
„Ja. Ich erfuhr es.“
„Meine Pate und Mündel hat heut nacht einen schweren Verlust gehabt.“
„Was Sie sagen!“
„Ihre Juwelen sind ihr gestohlen worden.“
„Unmöglich!“
„Leider ist es nur zu wahr. Sie wohnt erst seit einem Tag in dem Logis und wird doch schon bestohlen! Und ein anderer Bekannter von mir ist erst später eingezogen und doch hat man ihm auch bereits die Kasse ganz geleert.“
„Sie sehen mich voller Schreck und Teilnahme“, sagte Salek, indem er ein sehr teilnahmsvolles Gesicht zeigte.
Auch Gulijan sagte einige kondolierende Worte und sprach die Hoffnung aus, daß man die Diebe entdecken werde. Daran schloß er die Erkundigung:
„Handelt es sich denn um zwei verschiedene Diebstähle oder nur um einen einzigen?“
„Von Diebstahl ist keine Rede, sondern von einem regelrechten Einbruch. Die Diebe sind aus dem Hof erst in das Parterre eingestiegen, wo sie die Kasse meines jungen Freundes leerten, und dann waren sie sogar so verwegen, in die Etage zu gehen, wo sie die Diamanten stahlen.“
„Das ist freilich frech! Hat sich denn nicht eine Spur gefunden?“
„Allerdings, doch ist sehr fraglich, ob sie zum Ziel führen wird. Leider handelt es sich nicht um leicht ersetzliche Gegenstände, sondern um wertvolle Papiere, auf welche es von vornherein abgesehen war. Mein junger Freund Curty, Baron von Gulijan, steht mit einem Verwandten im Prozeß, welchen er nur mit Hilfe derjenigen Papiere gewinnen kann, die ihm nun gestohlen sind.“
„Höchst bedauerlich! Hoffentlich bekommt er sie wieder.“
„Ich hoffe es auch, zumal wir eben, wie bereits gesagt, eine Spur haben.“
„Wirklich! Darf man sich nach dieser interessanten Angelegenheit erkundigen?“
Salek und Gulijan waren natürlich auf das außerordentlichste gespannt. Der letztere war außerdem innerlich ergrimmt über den ersteren, daß er sich nicht mit den Papieren begnügt, sondern noch weiteres gestohlen hatte. Dadurch konnte die Angelegenheit leicht eine unerwartete und gefährliche Wendung erhalten.
„Warum nicht?“ antwortete der Sepp. „Der Herr Baron von Stubbenau ist mein Freund, und ich bin seiner Teilnahme diese Aufrichtigkeit schuldig. Setzen wir uns einen Augenblick!“
Er nahm
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