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72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen

Titel: 72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich da ein ganzes Nest geraubter Gegenstände ausnehmen werden.“
    Da brach sie zusammen. Sie weinte nicht. Sie ließ keinen Laut hören, aber sie war unfähig, ferner noch Widerstand zu leisten.
    Anton war auf einen Stuhl gesunken. Er stemmte die Ellbogen auf die Knie und legte den Kopf in die Hände. Niemand konnte sehen, was in ihm vorging.
    „Nun“, fragte der Beamte die Tänzerin. „Wollen Sie immer noch leugnen?“
    Da erhob sie den Kopf. Ihre Augen waren während dieser wenigen Sekunden tief in die Höhlen zurückgetreten. Ihr Gesicht hatte die Farbe weiß-grauen Löschpapiers, und ihre Stimme klang heiser, als sie antwortete:
    „Sie werden doch alles finden. Ich werde nicht länger leugnen. Aber gehen Sie mit mir in die andere Stube. Dieser Herr soll nicht hören, was ich zu sagen habe.“
    Sie meinte Anton.
    „Also wirklich, wirklich ist es wahr?“ fuhr dieser von seinem Stuhl auf.
    „Ja“, antwortete sie. „Es ist aus mit mir; das weiß ich nun. Darum sollst du erfahren, daß ich dich gar nicht lieben mochte und lieben konnte.“
    „Valeska!“
    „Dein Geld wollte ich haben, weiter nichts.“
    „Mir das, mir das!“ rief er.
    Da glühten ihre Augen auf; es trat ein Zug unheimlichen Hohns auf ihr Gesicht. Sie sagte ihm:
    „Warum grad dir das nicht? Du bist ein eingebildeter, rücksichtsloser Mensch, ein dummer Laffe, der gar nichts anderes verdiente. Grad dich hätte ich mit dem größten Vergnügen betrogen. Leider ist es mir nicht gelungen. – Kommen Sie!“
    Sie trat mit dem Beamten in die Nebenstube.
    „Nun, heirat'st sie noch?“ fragte der Sepp.
    Anton holte mit der Faust aus, als ob er schlagen wolle, ließ sie aber wieder sinken.
    „Hund!“ rief er grimmig. „Du, du bist an allem schuld! Du ganz allein!“
    „Laß dir nix weismachen. Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Das deinige ist nix wert!“
    „Sei still, du Lump! Ich werde dir und deiner Leni beweisen, was für ein Glück ich mir verschaffen kann. Während mein Stern am Himmel der Kunst leuchtet, wird sie längst verkommen und verdorben sein – und du mit ihr!“
    Er eilte fort. Der Alte aber blickte ihm ruhig und überlegen lächelnd nach.

DRITTES KAPITEL
    Mädchenhandel
    Obgleich der Frühling noch längst nicht angebrochen war, lag das herrliche Triest in seiner immergrünen Umgebung wie eine weiß glänzende Perle zwischen schimmernden Smaragden.
    Vom Süden her wehte eine milde Luft, und heller Sonnenschein drang selbst in die engen und sonst dunklen Gäßchen der ehemaligen Judenstadt, welche unweit des alten Kastells auf dem Schloßberg gelegen ist.
    In einem dieser engen Gäßchen lagen zwei kleine, einstöckige Häuser nebeneinander, mit Fenstern, so klein, daß kaum ein Menschenkopf herausblicken konnte und so niedrigen Türen, daß selbst eine nicht zu lange Person sich bücken mußte, um ein- oder auszutreten.
    In dem einen dieser Häuschen wohnte ein Grieche, deren es in Triest vierzehnhundert gibt. Der Bewohner des anderen war einer der fünftausend Juden, die in Triest ihre verschiedenartigen Geschäfte treiben. Der Grieche hieß Kolema und der Jude Baruch Abraham.
    Alle Welt wußte, daß diese beiden die besten Freunde waren. Sie handelten mit alten Sachen, doch munkelte man davon, daß sie außerdem noch heimliche Geschäftsbeziehungen unterhielten, in welche sie niemanden blicken ließen. Leute, welche scharfe Augen und eine sichere Urteilskraft besaßen, sagten, daß die beiden Freunde bedeutend reicher seien, als sie sich merken ließen.
    Es gab sogar Personen, welche behaupteten, daß sowohl der Jude als auch der Grieche mit bedeutenden hiesigen und ausländischen Firmen Verbindungen eingegangen seien, von welchen niemand reden dürfe, die aber allem Anscheine nach ein bedeutendes Geld einbringen müßten. Ob das wirklich richtig sei, konnte nicht bewiesen werden.
    Heute kamen zwei junge Männer die Gasse herauf. Sie blickten nach rechts und links wie Leute, welche hier fremd waren und die Stadt auch hier in dem unschönen, aber ethnographisch interessanten Viertel kennenlernen wollten.
    Der ältere von ihnen mochte vierundzwanzig Jahre zählen; der andere war um einige Jahre jünger. Beider Züge waren tief gebräunt. Sie kamen jedenfalls aus dem Süden. Die Gestalt des ersteren war stark und kräftig. Seine Augen hatten den ruhigen, sicheren Blick eines Menschen, welcher weiß, was er will, und trotz seiner Jugend bereits viel zu seinem Vorteil erfahren hat.
    Der jüngere war

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