72 - Der Weg zum Glück 07 - Insel der Gefangenen
etwas kann ja bei einem jeden Geschäftsmann vorkommen.
Aber die kurze Verhandlung zwischen Mann und Frau hatte doch etwas so Eigenartiges, wohl gar Geheimnisvolles, daß die genannten Worte, nämlich der Name Gärtner und das Zeichen Nummer hundert in dem Gedächtnis der zwei jungen Männer haften blieben.
Die Alte ging, machte aber nach wenigen Augenblicken die Tür abermals auf und rief herein:
„Paß mit auf die Mädchen auf, damit sie nicht etwa machen Dummheiten!“
„Das werde ich schon tun!“
„Siehe besonders auf die Anita; die ist eine Italienerin; ihr ist nicht zu trauen.“
Da stampfte er zornig mit dem Fuß, fuhr auf sie zu und schrie sie erbost an:
„Willste endlich lassen das Geschwätz! Weißte nicht, daßte nicht sollst reden von solchen Sachen!“
Sie fuhr erschrocken zurück und warf die Türe zu. Er konnte sich in seinem Zorn nicht enthalten, grimmig vor sich hinzurufen:
„Kein Weib kann halten das Maul! Da ist die eine gradso wie die andere. Gott sei's geklagt.“
Nun wendete er sich dem jungen Maler zu:
„Schauen Sie sich nur die Bilder und Zeichnungen an. Ich habe ganze Mappen voll daliegen. Es sind auch alte Meister darunter, Raffael und Murillo.“
„Oho!“ lachte Johannes ungläubig.
„Ja, sie sind da!“ bestand er auf seiner Behauptung. „Raffael, Murillo, Caravagglio, David, Kaulbach, Rembrandt und viele andere.“
„Die möchte ich sehen!“
„Da hängen sie ja.“
Er deutete auf die alten Schmöker an der Wand.
„Diese? Die sollen von solchen Meistern sein?“
„Ja. Sie haben mich gekostet ein schweres Geld; aber ich kann ja nicht behalten alle diese Herrlichkeiten. Ich gönne auch andern Leuten eine solche Wonne und werde sie verkaufen so billig, wie ich vermag. Schauen Sie sie sich nur an!“
Johannes war überzeugt, daß der Alte log; aber er wußte, daß es vorgekommen war, daß der Inhaber einer solchen Rumpelkammer ganz ohne sein Wissen ein wertvolles Bild beherbergte. Und da er jetzt nichts zu tun hatte, nahm er sich vor, diese alten Farbklecksereien einer gründlichen Besichtigung zu unterwerfen.
Aber das war nicht leicht. Der Raum war so niedrig, und die ohnehin zu kleinen Fenster lagen so voller unnützer Gegenstände, daß das nötige Licht nicht hereindringen konnte.
„Anschauen soll ich mir die Bilder“, meinte darum Johannes; „aber wie soll ich das ermöglichen? Es ist zu dunkel hier.“
„Zu dunkel? Es ist hell, sehr hell! Sehe doch ich alles, der ich bin ein alter Mann. Sie aber sind ein junger Künstler, der scharfe Augen hat.“
„Wenn Sie mit Gemälden handeln, so müssen Sie doch wissen, daß zur Beurteilung derselben Licht, viel Licht gehört. Man muß eine Malerei, um sie richtig taxieren zu können, unbedingt in das richtige Licht bringen.“
„Das ist ja hier!“
Er schien gewisse Gründe zu haben, seinen Laden für genügend hell zu halten. Dabei fiel sein Blick, wie die beiden Freunde bemerkten, mit einer gewissen Besorgnis zum Hoffenster hinaus. Der Jude begann, ihnen verdächtig zu werden.
Max gab Johannes ein heimliches Zeichen und deutete nach dem Hof. Der Maler verstand ihn und behauptete infolgedessen hartnäckig:
„Sie mögen sagen, was Sie wollen, hier ist es zu finster. Wenn Sie wirklich Bilder so berühmter Maler haben, so muß Ihnen daran liegen, dieselben in die richtige Beleuchtung zu bringen. Hier in diesem Gewölbe kann ich nichts kaufen.“
Der Alte zog ein unmutiges Gesicht, sann eine kleine Weile nach und fragte dann:
„Werden die Herren denn wirklich kaufen?“
„Ja. Wenn wir etwas Preiswertes finden.“
„Und werden Sie können auch sogleich bezahlen?“
„Sofort!“
„So möchte ich Ihnen geben das richtige Licht; aber wo soll ich es nehmen her?“
„Nun, Ihr Hof ist ja hell genug.“
„Mein Hof? Au weih! Wie soll ich lassen die Käufer hinausgehen in meinen Hof!“
„Warum denn nicht? Haben Sie etwa Heimlichkeiten draußen? Müssen Sie sich vor dem Gesetz fürchten?“
Da hob der Alte erschrocken die Hände empor und rief in beteuerndem Ton:
„Gott Abrahams! Was führt der Herr für Reden. Baruch Abraham ist ein ehrlicher Mann und ein Freund der Gesetze. Wie kann er handeln gegen dieselben?“
„Nun, so haben Sie sich auch nicht zu fürchten, wenn ich mir die Bilder draußen betrachte.“
„Zu fürchten habe ich mich gar nicht aber zu – zu – zu schämen!“
Er brachte dieses letztere Wort erst nach einigem Nachsinnen heraus; es war ihm nicht gleich eine
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