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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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pflücken konnte. Nur durfte man sich nicht vom Musterwirt erwischen lassen, der es absolut keinem Menschen erlauben wollte, sein Bergle zu betreten. Er hatte sogar einen Pfändwisch mit einem Buschen Stroh darauf vor dem Steg errichtet; aber auch das hinderte die Jungens und Mädels nicht, von den verbotenen Früchten zu naschen, alldieweil die Jugend nun einmal keine Tugend hat. Man brauchte nur hübsch aufzupassen, wenn er kam. Da war man, husch, über den Steg hinüber und lachte ihn zu seinem Ärger auch noch aus, wenn er denn das Nachsehen hatte.
    Es begab sich aber auch zuweilen, daß er pfiffiger als die kleinen, leckeren Spitzbuben war. Da schlich er sich heimlich hinüber und verbarg sich im Gesträuch. Wer dann kam, der wurde von ihm bei der Parabel genommen und ganz gehörig abgebeutelt. Zuletzt gab er da stets noch die Ermahnung drein, daß es sich nicht für gottesfürchtige Christenkinder gezieme, erstens gegen das siebente Gebot im allgemeinen zu sündigen und zweitens gar sich fremde Beeren anzueignen.
    So saß er auch jetzt wieder einmal an seiner Lieblingsstelle, wo man ihn von keiner Seite aus sehen konnte. Er schaute oft forschend auf den Weg hinab, der von den nächsten Häusern über die Wiese herüber kam und dann am Bach aufwärts nach dem nächsten Dorf führte. Es war aber kein Mensch zu sehen, der die Absicht zeigten, nach dem Bergle zu kommen. Darüber freute er sich. Denn es gibt Beschäftigungen, bei denen man sich nicht gern stören läßt, besonders bei derjenigen, welche darin besteht, daß man einen ganzen Haufen harte Taler zählt.
    „Genau fünfhundert“, sagte er, als er fertig war. „Einer wie der andere, neu aus der Schlägerpresse, blitzblank und scharf geprägt. Es ist kein Tadel daran! Nun tue ich sie in die feuchte Erde, damit sie etwas beschlagen. Denn alt müssen sie aussehen, ehe man sie ausgeben kann. Es ist kein übles Geschäft; aber Papiergold wäre noch besser. Das kommt viel billiger zu stehen. Darum soll es mich verlangen, ob mit dem Kupferstecher etwas zu machen ist, den ich mir so schlauerweise verschrieben habe. Wenn es klappt, so kann er heute schon kommen.“
    Da, wo er saß, lag ein ziemlich großer Haufen kleiner Steine. Über diesen machte er sich her. Er brachte einen Teil davon auf die Seite, breitete auf die leer gewordene Stelle seine Taler aus und legte dann die Steine wieder darauf. Kein Mensch konnte ahnen, was für ein Schatz nun hier verborgen war.
    „Nun schöpfe ich Wasser aus dem Bach und gieße es darüber. Das gibt die erforderliche Nässe. Wenn sie dann noch durch das dunkle Gummibad gegangen sind und den richtigen Schmutz angesetzt haben, so soll mir einer behaupten, daß es neue Taler seien!“
    Er wollte sich erheben, duckte sich aber schnell wieder nieder.
    „Wer kommt denn da? Das ist ja die Marie, die Klöppelmeisterin! Die geht spazieren, jetzt, zur Arbeitszeit? Das ist bei ihr noch niemals vorgekommen! Jetzt schreitet sie grad auf meinen Weg zu. Sie will herauf aufs Bergle. Und da draußen sehe ich jetzt den Musteranton! Er lenkt auf die Wiese ein. Haben die sich etwa hierher bestellt? Man weiß, daß sie einander gern sehen. Jetzt kann ich heimlich hören, wie es mit ihnen steht. Und das ist mir recht. Denn wenn der Anton dieses Mädchen nimmt, so muß ich ihn aus meinen Händen lassen. Sie ist die geschickteste und fleißigste von allen; die macht ihn frei von mir!“
    Das Mädchen war jetzt über den Bach herüber. Sie kam ein Stück herauf und setzte sich auf eine Rasenstelle. Der Bursche folgte ihr nach, blieb vor ihr stehen und reichte ihr die Hand. Was sie sprachen, konnte der Musterwirt nicht hören. Er kroch zwar näher hinzu, erreichte dadurch aber nur, daß er einzelne lauter klingende Worte oder Sätze vernahm.
    „Für einen Spieler hältst du mich?“ hörte er den Anton sagen. „Ich kenne keine Karte. Aber Dame spiele ich gern, doch auch nur mit dem Musterwirt; die anderen können nichts. Und Damespielen ist doch wohl nichts Böses!“
    „Nein, wenn es nur zuweilen geschieht. Aber du sitzt mit ihm alle Abende beisammen und hast eine Leidenschaft dabei. Und alles, was man mit Leidenschaft tut, wird zum Schaden.“
    „Marie, es ist keine Leidenschaft. Ich kann es sofort lassen!“
    „Für immer?“
    „Ja, ganz gern, dir zuliebe.“
    „So mache dich von ihm los! Er nützt dich aus; er bezahlt dich schlecht. Du bekommst von ihm einen Hungerleiderlohn, und du läßt es dir gefallen, weil er dich mit seinem

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