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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sich öffnenden Mund. Er sog sie mit Begierde ein und sah sie dabei so innig dankbar an, daß sie es heiß und feucht aus ihrem Herzen steigen fühlte.
    „Wie heißt du?“ fragte er sie sodann.
    „Ich bin das Herzle“, sagte sie, der vollen Wahrheit gemäß.
    Da sann er nach, längere Zeit. Ein helles Lächeln kam.
    „Ich kenne dich. Du warst mit ihr beim Pfaffen und dann an meinem Grab. Du brachtest Rosen mit! Laß mich jetzt ruhen!“
    Sie kehrte an die Arbeit zurück und dachte während derselben an seine Worte. Dabei lauschte sie aufmerksam zu ihm hinüber.
    „Herzle, Wasser!“ klang es nach einiger Zeit.
    Sie gab es ihm.
    „Schieb den Riegel vor!“ bat er. „Laß niemand ein!“
    Sie tat es und kehrte dann zu ihm zurück.
    „Herzle, tu mir zweierlei!“ sagte er.
    „Sehr gern!“ antwortete sie.
    „Laß die Rosalia nicht herein – auf keinen Fall! Ich will nur dich – und dann die – die andere – heut' in der Nacht.“
    „Wen?“
    Da machte er ein sehr geheimnisvolles Gesicht und sagte:
    „Die Tochter des Neubertbauern.“
    „Die ist noch bei der Frau Pastorin, weil der Herr Pfarrer es so wollte. Ich gehe hin, es ihr zu sagen.“
    „Aber hier im Haus darf es niemand wissen. Herzle, gib mir die Hand darauf!“
    Sie gab sie ihm. Er schwieg eine ganze Weile. Sie sah ihm an, daß er sich erholen oder sammeln müsse. Dann sprach er weiter:
    „Wenn alles schläft und niemand etwas sieht, dann bringst du sie mir herauf, eher nicht. Kein anderer Mensch als du darf vorher hier in der Stube sein. Tu' genau das, was ich sage; ich werde es dir lohnen! Jetzt aber will ich schlafen!“
    Und er schlief, tief und fest, wie es schien. Sie wartete, bis die Dämmerung vorüber war. Dann schlich sie sich, nachdem sie die Tür hinter sich verschlossen hatte, hinunter und zu dem Haus hinaus. Sie ging zum Pfarrer und sagte ihm, was sie wollte, denn das hatte ihr der Kranke ja nicht verboten. Der geistliche Herr war zwar verwundert, aber doch der Meinung, daß man tun müsse, um was der Patient gebeten habe. Auch verschwiegen müsse man sein. Die Tochter des Neubertbauern, welche Anna hieß, solle um ein Uhr des Nachts im Mustergarten stehen, um von dem Herzle abgeholt zu werden. Dieses ging hierauf zur Mutter und teilte ihr mit, daß sie heute nicht nach Hause kommen werde. Dann, nach dem Gasthof zurückgekehrt, verbot sie dem Knecht, heute abend nach dem Kranken zu sehen, denn sie sei da und werde über ihn wachen.
    Inzwischen war die Zeit zum Abendessen gekommen. Das nahm sie mit Fräulein Rosalia und den Näherinnen ein. Dabei bat sie die erstere, heute nacht beim Vater bleiben zu dürfen, weil sie die Nacht gern durcharbeiten wolle und die Mutter ihr das nicht erlauben werde. Die Tochter antwortete:
    „Tu', was du willst, ich habe nichts dagegen, wenn du dich nicht bei der halben Leiche fürchtest. Mich aber bringst du nicht hinauf!“
    So war dem Herzle also alles gelungen, als es den Schlüssel oben wieder in die Tür steckte. Sie hatte sich eine wohlgefüllte Schirmlampe geben lassen und stellte sie so auf ihren Tisch, daß kein Lichtstrahl das Gesicht des Kranken traf. Dieser schlief noch immer. Später wachte er einige Male auf. Da reichte sie ihm Wasser und befeuchtete den Verband. Dabei war er still. Nur einmal fragte er:
    „Wird sie kommen?“
    „Ja. Um ein Uhr“, nickte das Herzle.
    „Ich danke dir!“ Dann schlief er weiter.
    Sie hatte das Fenster geöffnet. Die Luft trug süßen Grummetduft herein. Es schlug Mitternacht, dann ein, zwei, drei Viertel. Da ging das Herzle hinab, zur hinteren Tür hinaus, die sie öffnen konnte, und durch den Hof in den Garten. Sie war die einzige Wachende im Haus. Die Anna stand, schon seit einiger Zeit wartend, bereit.
    „Mir ist die Brust so eng“, sagte sie. „Das war bei mir noch nie.“
    „Hast wohl Angst?“ fragte das Herzle. „Er ist so lieb und so gut, gar nicht, wie man ihn bisher gekannt hat!“
    „Angst ist es nicht, aber was, das weiß ich nicht.“
    Sie kamen glücklich und unbemerkt hinauf. Das Herzle verriegelte die Tür. Der Kranke hatte die Augen zu. Sie traten miteinander leise an das Bett, Hand in Hand. Da nahmen seine Züge langsam, nach und nach, einen frohen Ausdruck an. Nicht seine Lider, aber seine Lippen öffneten sich, und er sprach:
    „Mein Kind, ich erteile dir meinen Segen, und dir, mein gutes Herzle, meinen Dank!“
    Sie sahen einander an, im höchsten Grad erstaunt. Das waren ja dieselben Worte, welche der Pfarrer in

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