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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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festhalten!“
    „Ich kann's, Großmutter. Ich hab's im Sandloch probiert und gehe bald nach der Stadt, um ihn heimzubringen. Deshalb bekomme ich auch ein Butterbrot, nicht wahr, Lindenbäuerin?“
    „Hast wohl Hunger?“ fragte die Genannte.
    „Großen, so groß wie noch nimmer!“
    „Was hast du denn heut gegessen?“
    „Heut früh nichts, zu Mittag nichts, und nach der Schule ein Stückle Brot von der Magd. Die Mutter gibt mir nichts als Schläge und Prügel. Sie kann mich nicht ersehen, hat sie zum Reiterkurt gesagt, weil ich grad ausschau wie der Vater. Ich stand dabei und hab's vernommen. Nun mag ich sie auch nicht mehr leiden und geh doch zu dir, Minna, obgleich ich Strafe dafür bekomme; du bist mir lieber als sie!“
    Sie zog ihn liebkosend an sich.
    „Du armer, armer Schelm! Du bist im reichen Fährmannshof das Aschenbrödel, das sich verkriechen muß und doch nicht fortgegeben wird. Aber ich tu doch noch, was ich mir vorgenommen hab; ich geh zum Richter, damit er dich von der Rabenmutter wegnimmt und zu mir gibt. Übermorgen bekommst du gar den Stiefvater; wer weiß, wie dir's von ihm ergeht!“
    „Ich mag keinen Stiefvater! Ich leide es nicht; ich werde ihn mit der Flinte fortjagen!“
    „Das mußt du schon leiden, Paul; dagegen gibt's nun keine Hilfe. Aber ich lasse dich nicht daheim; ich hole dich her zu mir. Willst du?“
    „Ja. Ich mag die Mutter nicht und auch den Reiterkurt nicht, welcher sie beim Kopf faßt wie der Vater. Er schaut mich so zornig an und schickt mich aus der Stube fort vom Tisch. Drum bin ich auch ausgezogen und in den Stall gewichen. Gib mir Brot, Minna, sonst muß ich weinen!“
    „Komm herein, Kind; du sollst vollauf haben, was du begehrst!“
    „Und waschen und kämmen mußt du mich auch, sonst darf ich morgen nicht in die Schule! Die Mutter wirft mich zur Tür hinaus, wenn ich sie darum bitte!“
    Die Großmutter erhob sich und trat in das Haus. Sie wollte die Tränen verbergen, welche ihr in den schmerzenden Augen standen. Die beiden anderen folgten ihr nach.
    Als der Knabe nach einiger Zeit wieder auf die Straße trat, hatte sich sein Äußeres vorteilhaft verändert. Die Liebe, welcher er im Lindenhof begegnete, glänzte in dem Sonnenschein wieder, der auf seinem frohen, jetzt so sauberen Antlitze lag, und erwartungsvoll blickte er in die Fenster des Schulhauses, ob vielleicht an einem derselben der Lehrer stehe, und die Besserung merkte, die mit dem Struwwelpeter vorgegangen war.
    Zu Hause angekommen, trug er die Flinte in den Stall und nahm die Schiefertafel zur Hand. Draußen im Garten gab es hinter dem Holunderbaum ein schönes Plätzchen, wo ihn beim Schreiben und Malen, was er so gern tat, niemand störte, und es war noch hell genug, um das Zuchthaus zu zeichnen mit den Soldaten und dem Vater, den er frei machen wollte. Dann konnte er auch wieder in der Kammer schlafen und mit den anderen am Tisch essen, brauchte keinen Hunger zu leiden, der so weh tat, und bekam auch ganz gewiß keine Schläge mehr.
    Er ging hinaus, kroch in sein Versteck, wo er oft schon halbe Tage lang gesessen hatte, ohne daß es bemerkt worden war, und arbeitete emsig an dem Bild, welches es geben mußte, wenn er in den Graben stieg, um zum Vater zu kommen. Er war so vertieft in seinen kindlichen Plan, daß er die zwei, die nach ihm in den Garten getreten waren, nicht eher bemerkte, als bis er ihre Stimmen hörte.
    Es war die Mutter mit ihrem Bräutigam. Sie hatte sich Zeit genommen, um einige Augenblicke mit ihm allein zu sein.
    „Ich habe von früh bis jetzt nach dir ausgeschaut, ob du kommen werdest“, meinte sie mit Vorwurf. „Wo bist du denn nur herumgelaufen?“
    „Ich war beim Bruder, der im Zuchthaus auf Kommando steht. Ich muß ihn doch zur Hochzeit laden. Er hatte frei am Vormittag und ließ mich gar nicht fort. Wir sind spazieren gewesen und auch um die Gefangenschaft herumgegangen. Weißt du, wen ich da gesehen habe?“
    „Kann mir's schon denken!“ antwortete sie kalt und wegwerfend.
    „Er darf noch immer im Freien arbeiten und hat gar jämmerlich ausgeschaut. Wer gut gehorsam ist oder krank wird, der bekommt oft vom Direktor die Erlaubnis, mit an die frische Luft zu gehen. Er hat lange in der Arzneistube gelegen, sagt mein Bruder, und ist so herabgekommen, daß er das Dorf wohl gar nicht wieder zu sehen bekommt.“
    „Das wäre das beste für ihn und uns. Ich müßte mich ja zu Tode schämen, wenn er wiederkäm. Er war ein armer Schlucker, der nichts besaß, als

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