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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Bernstein.
    Da hatten Mutter und Tochter einander so erschrocken angesehen, daß es dem Karlinchen fast bange dabei geworden war.
    „Er war nicht recht bei Aufmerksamkeit, als er die Quittung unterschrieb“, fuhr der Lehrer fort. „Er zerriß sie dreimal, und erst beim vierten Mal brachte er sie fertig. Er scheint jetzt überhaupt nicht mehr ganz bei sich zu sein. Man kann vieles nicht begreifen, was er tut. Am sonderbarsten aber ist sein Verhältnis zu der Anna vom Neubertbauernhof, die seit dem Tod ihres Vaters ein liebes, herzensgutes und bescheidenes Mädchen geworden ist. Sie kommt zuweilen ja auch zu euch. Man sieht sie oft mit ihm zusammen. Aber er scheint nicht recht zu wissen, ob er sie gern haben, oder ob er sie hassen soll. Wenn er sie sieht, fährt er sie wie ein bissiger Hofhund an und gebietet ihr, sich augenblicklich zu entfernen. Das tut sie aber nicht. Sie bleibt und schaut ihm freundlich ins Gesicht. Dann wird er auch freundlich, immer freundlicher, und es soll schon vorgekommen sein, daß er sie an sich gezogen und auf das Haar geküßt hat, was er bei seiner Tochter niemals tut. Ist das nicht sonderbar?“
    Die Frauen nickten. Das Karlinchen auch, obgleich man nicht darauf achtete. Der klugen Ziege fiel das Küssen auf. Mit der Freundlichkeit des Musterwirts war es ein ganz eigenes Ding. Es steckte stets etwas Unfreundliches dahinter. Wäre das Karlinchen an Stelle der Anna gewesen, so wäre er wohl nicht dazu gekommen, seinen Schnurrbart auf ihr Haar zu drücken. Das kommt aber davon, daß die Anna keine Hörner hat!
    „Wißt ihr das schon von den beiden Hypotheken?“ sprach der Herr Lehrer weiter. „Das ist etwas, was mir zu denken gibt! Er ist gleich in der ersten Woche nach seiner Genesung zweimal mit der Anna nach der Stadt gefahren, um erst die eine und dann auch die andere Hypothek löschen zu lassen. Dabei hat er vor Gericht zwei Quittungen ausgestellt, daß sie ihm das Geld bar bezahlt habe. Im Gasthof, wo er ausspannen ließ, hat er die Hypothekenbriefe vorher schon in den Ofen gesteckt und vor mehreren Zeugen verbrannt. Aber kaum war er hier wieder angekommen, so behauptet er gegen seine Tochter, die ihm Vorwürfe hierüber machte, er wisse von der ganzen Sache nichts. Vorgestern hatten wir Komiteesitzung bei ihm, im reservierten Zimmer. Als er kam, brachte er die Anna mit, obgleich der Zutritt für andere eigentlich nicht gestattet ist. Er stellte den Antrag, ihn zu entlassen. Er müsse sein Amt als Vorsitzender niederlegen, weil er nicht der rechte Mann dazu sei. Das war uns außerordentlich lieb. Nach dem, was in der letzten Zeit geschehen ist, wurde das Protokoll sehr gern aufgesetzt. Er unterschrieb es selbst, und wir wählten den Herrn Pastor an seine Stelle. Heut' nun tritt er trotzdem wieder als Vorsitzender auf und sendet uns ein Zirkular, um uns für den Abend zur Sitzung einzuberufen. Hierauf war ich bei ihm, um meine Schuld zu bezahlen, und stellte ihm bei dieser Gelegenheit vor, daß er doch ausgetreten sei. Er sah mich ganz betroffen an und behauptete, kein Wort davon zu wissen! Der Mann scheint irre zu sein. Er war schon damals so verstört, als er mich am Tag vor dem Begräbnisse des Neubertbauern mit hinauf in seine Stube nahm.“
    Das Karlinchen wurde nachdenklich. „Da drüben im Dorf scheint vieles nicht mehr richtig zu sein“, dachte es. „Die Menschen haben schwache Köpfe. Man müßte sich viel besser um sie bekümmern. Aber ich kann nicht gut von meinem Bergle fort. Das könnte höchstens nur des Nachts geschehen, und da schließt mich die Mutter immer ein!“
    Was nun noch besprochen wurde, das war fast noch interessanter als das Vorhergehende. Es betraf meistenteils die Ausstellung. Daß der Herr Minister kommen wollte, das war gewiß. Und wer noch kommen wollte, das war der Herr aus Brüssel mit seiner Dame. Er hatte Mutter geschrieben, daß er einen Geschäftsfreund aus Mexiko mitbringen werde, der große Geschäfte in dem Artikel ‚Rebozo‘ mache und soeben bei ihm sei. Vielleicht könne hieraus eine für die erzgebirgische Klöppelei sehr nützliche Verbindung mit dem spanischen Amerika entstehen!
    Das Karlinchen horchte auf. Rebozo! Das Wort kam ihr so ziemlich spanisch-amerikanisch vor; sonst aber war es ihr völlig unbekannt. Auch die Mutter fragte, was das sei. Denn was das Karlinchen nicht weiß, das kann die Mutter erst recht nicht wissen. Der Herr Lehrer aber zeigte sich orientiert. Er sagte, Rebozo sei der lang herabwallende, kostbare

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