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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Böllerschuß, um die Bewohner der Umgegend auf das Geschehene aufmerksam zu machen, und in gleicher Zeit langten die drei Soldaten an. Einer von ihnen wurde zur Ablösung des Pikettmannes verwendet; die anderen beiden nahmen den letzteren zwischen sich und verschwanden, von dem Unteroffizier gefolgt, hinter der Pforte.
    Das Kind hatte den Vater befreien wollen und trotz des nächtlichen Schusses seinen Zweck erreicht; der Ersehnte hatte seine Banden gesprengt und war dem jammernden Ruf gefolgt. – – –
    Im Fährmannshof, der von morgen an das Hilbertgut genannt werden sollte, ging es schon während der Dämmerung gar lustig her. Es war ja heute Polterabend, an welchem sich die Nachbarn und Bekannten das Vergnügen zu machen pflegen, all ihren Vorrat von unbrauchbarem Topfgeschirr an der Tür des Hochzeitshauses zu zerbrechen.
    Die Knechte hielten sich zur lustigen Abwehr bereit und trieben dabei mit den Mägden und dem sonstigen Besuch allerlei neckische Kurzweil. In der guten Stube aber saß das Brautpaar und hielt ein ernstes Zwiegespräch. Die Bäuerin hatte jetzt Zeit dazu, die meiste Arbeit war getan, und was noch übrig blieb, das konnte sie dem Gesinde überlassen.
    Sie befand sich in einer nicht sehr rosigen Laune, und das hatte seinen triftigen Grund! Die Abneigung, welche sie gegen ihren ersten Mann empfand, war auch auf dessen Kind übergegangen, ein Fall, der, so unnatürlich er erscheint, leider kein vereinzelter genannt werden kann, und hatte eine Vernachlässigung des armen Knaben zur Folge, die von jedem achtbaren Dorfbewohner mit dem größten Mißfallen bemerkt und auch besprochen wurde. Niemand aber hatte sich zur Einmischung berufen gefühlt, und selbst die brave Lindenbäuerin, welche wegen einer heimlichen Zuneigung für Fährmann unverheiratet geblieben war, hatte sich nur unter der Hand des Knaben angenommen und die Ausführung ihres Entschlusses, ihn durch das Vormundschaftsgericht sich zusprechen zu lassen, aus weiblicher Verzagtheit von einer Zeit zur andern hinausgeschoben.
    Der heutige Tag aber hatte dieser Unentschlossenheit ein schnelles Ende bereitet.
    Die Abwesenheit Pauls war, da er unter keiner besonderen Aufsicht stand und sich niemand groß um ihn zu kümmern pflegte, nicht eher bemerkt worden, als bis der Wagen, der ihn von seiner Befreiungsfahrt zurückbrachte, vor dem Tor hielt. Die Kugel hatte ihn nur leicht am Kopf gestreift, so daß für sein Leben nicht das geringste zu befürchten war, aber der begleitende Aufseher hatte sich seines Auftrags, der nachlässigen Mutter streng zu begegnen, so gut entledigt, daß ihr die selige Hochzeitsstimmung vollständig verloren gegangen war.
    Die Kunde von dem Abenteuer des unternehmenden Kindes hatte sich schnell im Dorf verbreitet, und vor noch nicht langer Zeit war die Lindenbäuerin in Begleitung des Ortsrichters gekommen, um den Knaben provisorisch zu sich zu nehmen, da zur eigentlichen Entscheidung erst noch weiter berichtet werden mußte.
    Das war ein harter Schlag für die Frau vom Fährmannshof gewesen. Ihr Mutterherz allerdings fühlte sich nicht im geringsten verletzt, aber ihr Stolz war gedemütigt und ihre vermeintliche Ehre gekränkt – darum saß sie jetzt kalt und zornig an der Seite des liebeglühenden Bräutigams und wollte sich über den ihr widerfahrenden Schimpf nicht trösten lassen.
    „Wer ist denn schuld, daß er fortgelaufen ist? Nicht ich, sondern du!“ warf sie ihm vor. „Du hast ihn geschlagen, daß mir himmelangst geworden ist! So ein Kind ist doch kein Pferd, mit dem ihr Reiter umspringen könnt, wie's euch beliebt.“
    „Du hast mir ja befohlen, daß ich ihn hauen soll, und ich habe noch nie vernommen, daß die Schläge mit der Goldwaage abgemessen werden müssen!“ rechtfertigte er sich. „Und bin ich etwa nicht gleich fertig gewesen, als du mir Einhalt tatest? Laß doch den Buben sein! Es ist ganz schön, daß wir ihn los geworden sind.“
    „Das meine ich auch, wenn's nur auf eine andere Art geschehen wäre, und grad zum Poltertag! Nun habe ich das Gerede im Dorf und möchte mich vor gar niemand blicken lassen.“
    „Das macht mir keine Sorge. Wir bleiben dennoch, wer wir sind! Hast du dich nicht gescheut, vom Mann hinwegzukommen, so brauchst du dich auch nun jetzt bei seinem Buben nicht zu ärgern!“
    Er hätte wohl seinen Versuch, sie zu besänftigen, weiter fortgesetzt, aber im Hof ertönte Pferdegetrappel, und gleich darauf kam die Magd und meldete bestürzt:
    „Bäuerin, Ihr

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