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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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daß die Warnung ihren Zweck erreicht habe. „Und nun möcht' ich gern auch mal bitten!“
    „Sprechen Sie!“
    „Seien Sie mir nicht bös wegen – wegen –“
    Er stockte. In diesem Augenblick erschien ihm das, was er vorher wirklich für ein Unrecht gehalten hatte, erst im wahren Lichte.
    „Ich bin Ihnen nicht bös“, erklärte sie. „Aber tun Sie es nie wieder, bitte, bitte! Wollen Sie mir das versprechen?“
    Er streckte ihr beide Hände entgegen.
    „Ich versprech's Anna, ich versprech's zehnmal, hundertmal, tausendmal, aber Sie müssen auch mal Franz zu mir sagen!“
    Wieder schwieg sie. Er hielt ihre Hände gefaßt und lauschte auf die Erfüllung seines Wunsches.
    „Gute Nacht, Franz!“ flüsterte sie endlich mit fast ängstlicher Stimme.
    „Gute –“
    Er vollendete den Gruß nicht, denn vor ihnen tauchte in diesem Augenblick eine dunkle Gestalt auf, die sich längs des Zauns und unbemerkt in ihre Nähe geschlichen hatte. Es war Heinrich.
    Er sprach kein Wort; der Grimm raubte ihm das Vermögen dazu. Aber er erhob den Arm, und von der geballten Faust mit aller Wucht gerade an der Schläfe getroffen, stürzte Franz zusammen. Anna sah es nicht; sie war, sobald sie den Dukatenprinzen erblickte, heftig erschrocken davongeeilt. Dieser folgte ihr. Er wußte nicht, was er getan hatte; die Überlegung war ihm vollständig verloren gegangen, so daß er gar nicht an die Möglichkeit dachte, daß der Geschlagene tot sein könne. Ohne die Fliehende erreicht zu haben, gelangte er in sein Zimmer, wo er in sinnloser Wut auf und nieder rannte.
    War sein Blut einmal in Aufregung gebracht, so pflegte es sich nicht so schnell wieder zu beruhigen; jedes neue Wort, jeder neue Gedanke brachte die Wogen in neue Wallung. Er öffnete einen Schrank, nahm eine Büchse nebst Schießbedarf aus demselben und schlich sich hinunter auf die Straße. Franz war fort.
    „Hab' mir's doch gedacht, daß er nicht zum Tod getroffen war. Aber das tut nichts; sterben muß er dennoch! Er hat mir ja gesagt, daß es heute ein Unternehmen gibt, und ich weiß den Ort, wo er vorüberkommen muß!“
    Das Gewehr über die Schulter werfend, eilte er nach dem Wald. –
    Franz war nur leicht betäubt gewesen und bald wieder zu sich gekommen. Er raffte sich empor und ging nach Hause, wo er des Vorkommnisses mit keinem Wort gedachte. Nach kurzer Zeit verließ er das Häuschen vorsichtig wieder und schritt eilenden Laufs wie Heinrich dem Wald zu.
    Jedenfalls war Anna Zeugin einer dienstlichen Unterredung bei ihrem Vater gewesen, und aus ihrer Warnung ging hervor, daß heute ein Schlag gegen die Schmuggler geführt werden sollte. Obgleich das Militär noch nicht seit langem in der Gegend war, hatte der Scharfsinn des Leutnants doch schon die meisten Personen erraten, welche bei dem verbotenen Grenzhandel eine hervorragende Rolle spielten, und seine Anordnungen mit solcher Umsicht zu treffen gewußt, daß mehrere von ihnen bei der Tat getroffen und in das Gefängnis geliefert worden waren. Ging dies noch eine Weile so fort, so mußte das einträgliche Geschäft in ein langes und nachteiliges Stocken geraten, und die Schleichhändler sahen sich zu ernsten Maßregeln genötigt. Man beschloß, die gefährlichen Einzelfahrten aufzugeben und den Transport der hochbesteuerten Güter nur in größeren und wohlbewaffneten Trupps vorzunehmen. Auf diese Weise war die Sicherheit eine größere, denn man konnte es mit dem Grenzpersonal aufnehmen und es im Notfall sogar auf einen wirklichen Kampf ankommen lassen. So war es schon einige Male zu ernsten Zusammenstößen gekommen, bei denen es auf beiden Seiten Verwundete gegeben hatte. Heute sollte ein Hauptcoup vorgenommen werden, und da der Offizier über denselben unterrichtet zu sein schien, so war anzunehmen, daß es in den Reihen der Schmuggler einen Verräter geben müsse. Sie mußten noch rechtzeitig gewarnt werden, und daher strebte Franz in heftigem, dabei aber behutsamen Lauf dem Ort zu, welcher als Versammlungspunkt dienen sollte.
    Dort angelangt, fand er noch niemand vor. Sich stets nur hart am Boden fortbewegend, rekognoszierte er die Umgebung und überzeugte sich auf diese Weise, daß auch die Gegner noch nicht eingetroffen waren. Unter einem dichten Tannengebüsch Schutz suchend, wartete er nun mit ängstlicher Spannung auf das Nahen der Seinigen.
    Er hatte nicht lange so gelegen, als er eilige Schritte vernahm. Die Person, von welcher sie herrührten, konnte wohl kaum zu einer der beteiligten

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