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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Parteien gehören, sonst wäre von ihr mehr Bedacht darauf genommen worden, ungehört zu bleiben. Sie mußte gerade an dem Versteck Franzens vorüber, und dieser erkannte zu seinem lebhaften Erstaunen Heinrich, der in seiner leidenschaftlichen Erregung nicht daran dachte, jedes Geräusch so viel wie möglich zu vermeiden. Das Gewehr auf seinem Rücken ließ vermuten, daß er es auf einen Pirschgang abgesehen habe. Franz hatte damit nichts zu tun und hielt es nach dem Geschehenen und in Rücksicht auf den Zweck seines Hierseins auch gar nicht für geraten, seine Anwesenheit zu erkennen zu geben. Nach einem kurzen Lauschen schritt Heinrich auf eine dunkle Föhrengruppe zu, hinter welcher er verschwand.
    Nach einigen Minuten gewahrte Franz einen neuen Ankömmling, welcher sich aber so unhörbar herangeschlichen hatte, daß der verborgene Lauscher ihn erst bemerkte, als er bereits in der nächsten Nähe seines Verstecks stand. Er trug die gewöhnliche Werktagskleidung der hiesigen Landbewohner, hohe Schaftstiefel, Lederhosen und eine kurze Jacke; doch erkannte Franz trotz dieser Verkleidung den Leutnant. Dieser stand ihm so nahe, daß er ihn mit der Hand hätte ergreifen können. Natürlich aber unterließ er dieses gefährliche Experiment und wartete leise atmend und jede Bewegung vermeidend ab, was der alte Soldat tun werde.
    Seine Geduld sollte nicht zu lange auf die Probe gestellt werden. Der Offizier legte die Hand an den Mund und ließ einen Laut hören, welcher dem Ruf des Uhus gleichen sollte, von dem Kenner aber augenblicklich als Nachahmung erkannt werden mußte. Das war jedenfalls ein Zeichen für die in der Nähe versteckten Soldaten. Es wurde ihm augenblicklich eine Antwort zuteil, aber nicht eine solche, wie er sie erwartet hatte, sondern eine so fürchterliche, daß das Entsetzen darüber Franz sofort aus seiner liegenden Stellung in die Höhe riß. Ein Schuß krachte drüben aus den Föhren hervor; der Leutnant griff konvulsivisch mit den Armen in die Luft, wurde von der Gewalt, welche das tödliche Blei ausübte, um sich selbst gedreht und brach dann zusammen. Die Kugel war ihm gerade in das Herz gedrungen.
    Wer hatte das getan? Franz fragte nicht; er wußte es, denn ihm war auf einmal alles klar. Er warf einen einzigen Blick hinüber nach der Stelle, wo er den mörderischen Strahl hatte aufblitzen sehen, er kniete neben dem Gefallenen nieder, um zu untersuchen, ob er tot oder nur verwundet sei.
    Da rauschte es heftig durch das niedere Geäst, und eine Anzahl von Männern stürzten herbei, welche, sobald sie die Gruppe erblickten, sich auf Franz warfen und ihn emporrißen. Es waren Soldaten.
    „Der Leutnant ist es; der Mensch hat ihn erschossen!“ rief derjenige von ihnen, welcher den Toten zuerst erkannte.
    „Bindet ihn; schnürt ihn zusammen, daß er sich nicht rühren kann!“ rief es im Kreis.
    Franz demonstrierte gegen diese Maßregel und suchte ihnen den wahren Sachverhalt darzustellen; sie aber hörten nicht auf seine Verteidigung und wollten nichts anderes von ihm wissen, als wo er die Büchse hingeworfen habe. Er versicherte:
    „Ich habe nicht geschossen, ich habe kein Gewehr gehabt! Wer's gewesen ist, das habe ich nicht gesehen, sondern nur den Blitz da drüben in den Kiefern!“
    „Ausrede!“ rief der Unteroffizier, welcher das Wort genommen hatte. „Wir werden das Gewehr schon noch finden, und dann wird es sich wohl zeigen, daß es dir gehört!“
    Er untersuchte seinen regungslosen Vorgesetzten und entschied dann:
    „Er ist tot, auf der Stelle tot gewesen. Wir müssen ihn hier liegen lassen bis zur gerichtlichen Feststellung des Tatbestandes. Ich transportiere mit drei Mann den Gefangenen in die Stadt und mache Anzeige. Der Ort wird von Posten umstellt. Die Pascher werden ebenso wie wir den Schuß gehört haben und davon bleiben, aber wir müssen auch alles sonstige andere zu vermeiden suchen, wodurch irgendeine Spur verwischt werden könnte.“
    Es wurde dieser Anordnung sofort Folge geleistet. Man schloß einen weiten Postenkreis um den Schauplatz des Mordes, und nachdem der Unteroffizier befohlen hatte, auf jeden zu schießen, welcher auf dreimaliges Anrufen nicht antworte und sich zurückweisen lasse, ließ er von seinen drei Leuten den Gefesselten in die Mitte nehmen und marschierte, das Gewehr schußfertig in der Hand, mit ihnen ab.
    Die Kunde, der Grunert-Franz habe den Leutnant erschossen, weil er von ihm beim Schwärzen ertappt worden sei, verbreitete sich schon am frühen

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