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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hatte.
    „Oho, Knirps, du tust doch heute gewaltig dick, wo es dir doch etwas dünner zumute sein sollte“, höhnte der von den Getränken etwas berauschte Baron. „Bleib nur immer oben in deiner Kammer, und zähle zusammen, was du den Leuten schuldig bist!“
    „Das weiß ich ganz genau und werd's bezahlen. Noch bin ich hier Herr im Haus, und wer heute abend draußen ist, das wird ja wohl zu sehen sein. Schau her, wenn du denkst, der Dukatengraf ist alle geworden!“
    Er näherte sich dem Blechkasten, welchen Wilhelm hier abgesetzt hatte und dem von niemanden irgendeine Aufmerksamkeit geschenkt worden war, zog den Schlüssel hervor und öffnete. Ein allgemeiner Ruf des Erstaunens entfuhr den Lippen der Umstehenden! Die Truhe war bis an den Rand mit flimmernden Goldstücken gefüllt.
    „Siehst du nun, Baron, daß der Graf noch übergenug Dukaten hat, um dich samt deinem Gesellen dort aus dem Haus zu werfen? Herr Assessor, kommen Sie her, und zählen Sie so viel davon weg, als ich schuldig bin, auch die Kosten mit! Und hernach macht ihr anderen, daß ihr hinauskommt! Die Versteigerung ist zu Ende, und ich will nun wieder Ruhe im Haus haben!“
    „Wie kommen Sie auf einmal zu dem Geld?“ fragte der Beamte.
    „Das werden Sie noch heute erfahren. Jetzt aber bitte ich, abzuzählen; ich kann nicht auf den Tisch hinauf.“
    „Nein, das geht nicht!“ rief der Baron. „Ich habe auf den Hof geboten und trete nicht wieder zurück. Ich kann bezahlen; hier liegt mein Geld. Der Hof muß mein werden; darum streiche ich es gar nicht erst wieder ein.“
    „Das will ich mir auch verbitten!“ klang es da hinter ihm, und eine feste, schwere Hand legte sich auf seine Schulter. Ein fremder Herr, welcher bisher den schweigsamen Beobachter gemacht hatte, war an ihn herangetreten. „Kennen Sie vielleicht diese beiden Photographien, meine Herren?“ fragte er, dem Baron ebenso wie dem Agenten je eine Visitenkarte vorhaltend.
    „Ich habe die Bekanntschaft dieser Männer schon seit Monaten vergeblich gewünscht und bin ganz glücklich, sie endlich doch noch zu machen. Herr Verwalter und Herr Privatkopist, Sie sind meine Gefangenen!“
    Wie ein Blitzschlag fielen diese Worte in die Versammlung, welche für einige Augenblicke von der größten Verwirrung ergriffen wurde. Der Baron wollte sich dieselbe zunutze machen, warf sich auf den Tisch, strich mit einigen raschen Griffen das Geld zusammen und stürzte dann nach der Tür. Dort aber nahmen ihn einige bereitstehende Gehilfen des Fremden in Empfang, und nach kurzem, vergeblichen Ringen war sowohl er als auch der Agent durch Handschellen und Schließketten unschädlich gemacht. Der Arrestator wandte sich nun zu dem Gerichtsbeamten.
    „Herr Assessor, gestatten Sie mir, mich Ihnen gegenüber zu legitimieren und die im Besitz dieser Männer betroffenen Wertpapiere und Effekten samt dem draußen stehenden Geschirr in meine Verwahrung zu nehmen. Der Herr Ortsrichter wird mir diese Erlaubnis wohl auch nicht vorenthalten.“
    Die beiden Angeredeten gaben gleich nach dem ersten Blick auf die vorgezeigte Legitimation ihre Zustimmung, und es wurde ein Verzeichnis all der Gegenstände angefertigt, welche die Inkulpaten bei sich führten. Der Polizist unterwarf ganz besonders die Notizbücher einer eingehenden Prüfung. Als er sie zusammenschlug, ließ er das scharfe Auge suchend im Kreis herumgehen.
    „Ist der Mann dort an der Tür der Bergwirt?“
    „Ja!“ lautete die Antwort.
    „Er wird den beiden anderen Gesellschaft leisten. Nehmt ihn fest!“
    „Was? Mich?“ rief der Wirt, sich nach dem Ausgang wendend; schon aber fühlte er sich ergriffen und zurückgehalten.
    „Ja, Sie! Eine so genaue Buchführung, wie ich sie hier im Portefeuille des Herrn ‚Bankiers‘ finde, hat für gewisse Geschäftsarten ihre großen Schattenseiten. Sie gehen mit uns!“
    Darauf wandte er sich an den Graf.
    „Ich konnte ihrer Anzeige erst heute Folge leisten, weil es mir notwendig schien, mich zuvor über die vorliegenden Verhältnisse im stillen zu orientieren. Dies ist so eingehend geschehen, wie es mir die Kürze der Zeit gestattete, und ich sehe mich dadurch in die Lage versetzt, Ihnen eine erfreuliche Mitteilung machen zu können. Die Buchführung dieser Herren läßt sowohl die Art und Weise als auch die Höhe Ihrer Verluste sehr deutlich erkennen, und da die Beträge noch zum großen Teil vorhanden sind, so dürfen Sie Hoffnung auf eine wenigstens teilweise Wiedererstattung haben. Das weitere

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