73 - Der Dukatenhof
viel schönere und bessere.“
Er schob sich zum Ofen und zog die Bilderstöße unter demselben hervor; dann entfernte er das Blech und eine Lage Ziegelsteine und griff in die jetzt sichtbar werdende Vertiefung.
„Hier sind sie, die Dukatensäcke, alle miteinander! Ich habe gebettelt und gemalt, gescharrt und gespart wohl an die dreißig Jahre und wenn es mir mal gar zu schwer hat werden wollen, so habe ich gedacht, es ist für deine Rache; der Heinrich muß aus dem Dukatenhof, und du ziehst an seiner Stelle hinein. Dann habe ich wieder von neuem Kraft gehabt, bin im Land herumgefahren, habe gehungert und gedurstet, im Wald oder auf der Wiese geschlafen, und wenn ich heimgekommen bin, so ist der Beutel voll gewesen, und ich habe dir das Geld von Heller bis Pfennig vorgezählt. Jetzt ist's nun gut, und ich kaufe auch den Hof, aber nicht für mich, und der Heinrich, der soll nicht hinausgestoßen werden, sondern er soll der Dukatenbauer sein, wie er's bisher gewesen ist. Ich aber, ich bleibe bei dir in meinem Häuschen; ich mag nicht fort, denn der Köpfle-Franz und die Anna, die passen nirgends anders hin.“
Nun war in dem ärmlichen Raum wieder jenes verheißungsvolle Klingen zu hören, wie am Abend des Begräbnistages, die Nachtruhe blieb dem Auge des Bewohners fern, und als es am Morgen an den Laden klopfte, hatten seine hellen Augen keinen Schlaf gesehen.
„Wer ist's?“ fragte er.
„Ich bin's, Pate, der Wilhelm!“
„Hast du den Karren mit?“
„Ja.“
„So ist's gut. Ich werde aufmachen.“
Er öffnete. Wilhelm hielt mit einer Schubkarre draußen.
„Du hast mich bestellt, Franz. Was soll ich denn fortschaffen?“
„Komm herein! Wirst's gleich sehen!“
Mitten in der Stube stand ein altertümlicher Kasten von starkem, halbverrostetem Eisenblech.
„Diese Truhe hier schaffst du mir nach dem Dukatenhof und das Papier auch mit, welches drauf liegt. Es kommt in die untere Stube!“
„Schön!“ Er wollte den Kasten vom Boden heben, bemerkte aber, daß dazu eine ungewöhnliche Kraftanstrengung erforderlich sei. „Das ist schwer, Pate. Was hat du denn drin?“
„Allerlei alten Kram, der lange Jahre bei mir unterm Ofen gelegen hat. Greif nur fest zu, es wird schon gehen!“
„Und was willst du mit dem Gerümpel auf dem Hof?“
„Das wirst du wohl noch sehen. Mach nur allweil, daß du fortkommst. Ich komme gleich nach.“
Als Franz den Hof erreichte, stiegen eben der Baron und der Agent aus der Kalesche, vor welche der Braune des Dukatengrafen gespannt war.
„Kommst gerade recht, Franz!“ rief der erstere. „Kannst nachher gleich den neuen Bauern abzeichnen.“
„Hab's schon heute nacht getan. Er ist auf dem Papiere mit all seinen Leuten“, antwortete der Krüppel.
Der Baron blickte ihn fragend an, wurde aber nicht weiter von ihm beachtet.
Die Räume, welche seit Jahrhunderten nur von den Dukatenbauern und ihren Angehörigen betreten worden waren, standen heute offen; Fremde gingen in ihnen auf und ab und mäkelten über die Gegenstände, an denen die strenge Geschichte eines durch Selbstsucht und Hochmut zu Grunde gerichteten Geschlechtes haftete. In der unteren Stube hatten die Herren vom Gericht ihren Sitz aufgeschlagen; im Flur war von dem spekulativen Bergwirt ein ambulanter Schanktisch errichtet worden; zahlreiche Neugierige strömten herbei, um dem letzten Atemzug der Dukatenwirtschaft beizuwohnen; es wurde gelobt und getadelt, entschuldigt und verurteilt; bemitleidet und verspottet, gelacht, gescherzt, getrunken; die Gebote folgten sich erst langsam, dann immer schneller; als aber der Baron seine gewichtige Stimme erhob und mit siegesgewisser Miene gleich die wahrscheinlich höchste Ziffer notieren ließ, ging ein respektvolles Schweigen über die ganze Versammlung.
„Nicht wahr, das zieht?“ fragte er, sich triumphierend im Kreis umblickend. „Komm her, Kleiner, und mach die Tasche auf! Wir müssen unsere Zahlungsfähigkeit nachweisen.“
Der Agent tat, wie ihm geheißen war, und bald hatten beide den Tisch mit dem Inhalt ihrer Briefschaften vollständig bedeckt.
„So, das ist ein Pflaster, wie es hier kein anderer aufzuweisen hat. Wer noch weiter bieten will, der mag's versuchen, aber das Gut wird unser, und der Dukatengraf muß heute noch hinaus!“
„Das wird sich finden!“ erscholl es von der Tür her. „Jetzt ist er noch da und hat auch gar keine Lust, schon fortzugehen.“
Es war der Graf selbst, welcher auf seinem Rollwägelchen sich hereingeschoben
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