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73 - Der Dukatenhof

73 - Der Dukatenhof

Titel: 73 - Der Dukatenhof Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Franzel die Kugel bekam! Der Tod ist nicht so schlimm wie das andere und gibt auch keine größere Sicherheit. Er soll den Waldschwarzen nicht fangen; dafür wird gesorgt!‘
    Die Stimme kam mir bekannt vor, obgleich sie unter der Larve anders und auch nach Verstellung lautete; aber noch heute kann ich mir nicht sagen, wo ich sie schon vernommen habe. Ich hörte dann ein Geräusch, als werde ein Gewehr geladen, und dann nahm man mir die Binde vom Auge hinweg. Ich blickte auf; aber da blitzte und krachte es grad vor meinem Gesicht los, und ich brach zusammen wie vom Blitz erschlagen. Das Feuer vom Pulver nahm mir's Augenlicht. Der Lauf war nur mit Pulver geladen; schau her, ich habe ein gut Teil davon noch heute im Auge und Gesicht! Das weitere kannst dir denken! Der Schmerz, den ich hatte, wurde verlacht und verhöhnt; man faßte mich an, schleppte mich empor und schaffte mich in das Dorf, wo ich endlich mit Gewalt die Fesseln herunterbrachte und dann auch den Knebel fortnahm. Der Nachtwächter kam herbei und führte mich nach Haus. Das ist die Geschichte, Frieder; das andere will ich nicht erzählen. Aber wenn ich schlafen geh', und wenn ich erwache, so ist mein einzig Gebet, daß der liebe Gott die Gnade und die Barmherzigkeit haben möge, den Waldschwarzen mir in die Hand zu führen. Das Gewehr taugt nichts mehr in meiner Hand, aber diese Hand, Frieder, diese Hand, wenn sie ihn erst ergriffen hat, sie läßt nicht wieder los; er mag sich winden wie eine Schlange und krümmen wie ein Wurm, sie hält ihn fest und malmt ihn zusammen wie Papier, das man zerknüllt und dann zur Erde wirft! Das ist mein höchster Wunsch, mein Verlangen immerfort. Der Waldschwarze ist mein Gedanke am Tag und mein Traum bei Nacht; jeder Bissen, den ich genieße, und jeder Schluck, den ich trinke, schmeckt nach ihm; jeder Laut, den ich vernehme, mahnt mich an ihn; ich habe weder Ruh noch Rast und vermag nicht zu sterben, ehe ich weiß, daß er den Lohn bekommen hat!“
    Obgleich der Wagen in raschem Trab auf der Straße dahinrollte, hatte der Sprecher sich doch in demselben erhoben. Er streckte die muskulösen Arme aus, als könne er den Todfeind jetzt mit ihnen erfassen; die Faust öffnete und ballte sich abwechselnd, ein sprechendes Bild der Zermalmung, von welcher er gesprochen hatte. Seine Zähne mahlten hörbar aneinander; ihr Elfenbein blickte drohend zwischen den grimmig sich spaltenden Lippen hervor, und die Augen strebten starr aus ihren Höhlen, als wolle die leidenschaftlich angeregte Kraft der unverletzten Sehnerven den geblendeten Augapfel durchdringen, um auszublicken nach dem geheimnisvollen Dämon, der so viel Unglück verschuldet, so unversöhnlichem Haß das Dasein gegeben hatte.
    Frieder war in die Ecke zurückgesunken. Seine Glieder wurden nicht wie diejenigen des Vaters bewegt von der gewaltigen Gärung, welche auch in seinem Inneren herrschte. Aber in seinen Augen glühte es wie ein eingeschlossener Brand, welcher nur der geringsten Öffnung bedarf, um vernichtend emporzulohen, und seine Lippen preßten sich zusammen unter dem Bestreben, diese Flamme zurückzuhalten und hinabzubringen in die Tiefe, wo er die glühenden Wasser kochen fühlte, wie in einem Vulkan, über dessen Krater eine purpurne Flamme schwebte, zum Zeichen, daß das Verderben in ihm wohnte.
    Dem Knecht war kein einziges Wort der Unterhaltung entgangen. Dem guten Menschen stand das Wasser in den Augen. Er wußte, was sein Herr gelitten hatte und heute noch litt; das griff ihm in das Herz hinein. Und wie sehr er sich räusperte, wie oft er sich mit dem Ärmel über das Gesicht fuhr, die Tropfen erneuerten sich immer wieder, so daß er endlich, zwischen Ärger und Beschämung kämpfend, auf die Braunen einhieb, daß sie förmlich auf der Straße dahinflogen. An einer Stelle, wo ein Vizinalweg von der Straße her in die Chaussee mündete, drehte er sich um und fragte:
    „Gradaus oder links?“
    „Fahre links ab. Wir kommen näher“, antwortete der Bauer, obgleich er den Weg nicht zu sehen vermochte.
    Er wußte, welcher gemeint war; er war denselben früher selbst stets gefahren, um einen guten Bruchteil Zeit abzuschneiden. So ging es weiter. Der Wald lichtete sich zur offenen Heide, zwischen welcher das Geleis schmal und holperig dahinführte, und schon senkte sich der Weg herab zum Dorf, als Baldrian sich nochmals nach rückwärts wandte:
    „Dort kommt einer geritten. Es muß der Feldbauer sein!“
    Er war gewohnt, dem Blinden jede Begegnung zu

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