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74 - Mein Leben und Streben

74 - Mein Leben und Streben

Titel: 74 - Mein Leben und Streben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Täuschungen gehören eigentlich vor den Staatsanwalt. Ich mache auf seine Über- und Unterschriften aufmerksam: „Sehr geehrter Herr … Mit vorzüglicher Verehrung!“ „Mit großer Hochachtung und Verehrung!“ „Sehr geehrter Herr Doktor … In Verehrung und Dankbarkeit.“ Als er sah, daß diese Höflichkeiten nicht zogen, schrieb er nicht mehr an mich, sondern an Dittrich. So am 15. August 1904:
    „Werter Herr Dittrich!
    Ich gebe Ihnen für die Vermittlung ein Prozent. Mehr als 10.000 M brauche ich nicht. Ich würde aber auch mit weniger vorlieb nehmen. Das Honorar sende ich am 20. d. wie verabredet.
    Können Sie nicht Dr. May bearbeiten, daß er mir Geld vorschießt?
    Freundlichen Gruß
    R. Lebius.“
    Dann am 27. August:
    „Werter Herr Dittrich!
    Meine Frau kommt am 1. September zu Herrn Dr. Klenke, einen kleinen Betrag zu kassieren. Bei dieser Gelegenheit gibt sie Ihnen Ihr Honorar. Sie haben meine schriftliche Zusage, daß ich Ihnen 1 Prozent von dem Geld gebe, welches Sie mir von H.V. oder Dr. M. (May) vermitteln. Sie erhalten das Geld sofort …
    Freundlichen Gruß
    Lebius.“
    Er war nämlich Herrn Max Dittrich ein Honorar von 37 Mark 45 Pfennigen schuldig, welches er trotz der Kleinheit dieses Betrages nicht bezahlen konnte. Es wurde ihm daraufhin ein Spiegel gerichtlich abgepfändet. Als er von Dittrich, anstatt der 10.000 Mark von mir, eine Mahnung um diese 37 Mark 45 Pfennig bekam, schrieb er ihm am 3. September:
    „Geehrter Herr Dittrich!
    Ich habe Herrn Dr. med. Klenke ersucht, Ihnen 40 Mk. zu meinen Lasten gutzuschreiben. Ihr Verhalten mir gegenüber finde ich höchst sonderbar, um nicht zu sagen beleidigend.
    Achtungsvoll
    R. Lebius.“
    Diesem Dr. Klenke fiel es aber auch nicht ein, die Schulden des Herrn Lebius zu bezahlen, und so kam in logischer Folgerichtigkeit am 7. September in Form einer Postkarte folgende Drohung bei mir an:
    „Werter Herr!
    Ein gewisser Herr Lebius, Redakteur der ‚Sachsenstimme‘, erzählte einem Herrn, daß er einen Artikel gegen Sie schreibt. Ich habe es im Lokal gerade gehört. Es warnt Sie ein Freund vor dem Mann.
    B.“
    Über den Verfasser und den Zweck dieser Karte war ich mir natürlich sofort im klaren. Auch das Gutachten der vereideten Sachverständigen lautet dahin, daß sie unbedingt von Lebius selbstgeschrieben ist. Jedenfalls erwartete er ganz bestimmt, daß ich auf diese Erpressung hin die 10.000 Mark zahlen werde. Gab ich sie nicht, so waren mir nicht nur der jetzt angedrohte, sondern noch weitere Racheartikel sicher und auch noch anderes dazu, was mich in Besorgnis setzen mußte. Aber ich ließ auch jetzt nichts von mir hören und sah mit gutem Gewissen dem unvermeidlichen Artikel entgegen, der am 11. September 1904 in Nummer 33 des Lebiusschen Blattes, der ‚Sachsenstimme‘, erschien und die dreifache Überschrift hatte:
    „Mehr Licht über Karl May
160.000 Mark Schriftstellereinkommen
Ein berühmter Dresdner Kolportageschriftsteller.“
    Dieser Mann hatte meiner Frau und mir sein Wort gegeben, nichts zu veröffentlichen. Er war sogar nur unter diesem Versprechen bei uns hereingelassen worden, und nun veröffentlichte er doch, und zwar in welcher Weise und aus welchen Gründen! Er stellte alles auf den Kopf; er drehte alles um! Er legte uns alles, was ihm beliebte, in den Mund, und was wir wirklich gesagt hatten, das verschwieg er, um sich nicht zu blamieren. Dieser Aufsatz enthält über 70 moralische Unsauberkeiten, Verdrehungen und direkte Unwahrheiten. Aber das war nur der Anfang; die Fortsetzungen folgten baldigst nach. Dieser Artikel in Nr. 33 der ‚Sachsenstimme‘ war so gehalten, daß Lebius wieder umlenken konnte, falls ich das Geld nun endlich noch gab. Und schon in Nr. 34 kam ein sehr deutlicher Wink, der mir sagte, was geschehen werde, falls ich mich nicht zum Zahlen bewegen lasse. Dieser Wink bestand in einer Münchmeyerschen Annonce, die ganze Bände zu mir sprach. Der Besitzer der Firma Münchmeyer hatte nämlich zu mir gesagt:
    „Die Veröffentlichung der andern Romane tut Ihnen noch gar nicht viel; aber sobald ich mit dem ‚Verlorenen Sohn‘ fertig bin und ihn annonciere, sind Sie verloren! Der wird so happig, daß es Ihnen dann unmöglich ist, als Schriftsteller weiter zu existieren!“
    Und dieser ‚Verlorene Sohn‘ wurde jetzt in Nr. 34 der ‚Sachsenstimme‘ annonciert. Das war genau so, als ob mir mit Riesenbuchstaben geschrieben worden wäre:
    „Nun aber endlich Geld her, sonst geht es in diesem Ton

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