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74 - Mein Leben und Streben

74 - Mein Leben und Streben

Titel: 74 - Mein Leben und Streben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wenn sie nicht bewiesen werden. Man liest in den Cardaunsschen Aufsätzen gegen mich zwar viel von Akten, Dokumenten und sonstigen Beweisen, die er über meine Schuld besitze; aber bis jetzt habe ich noch kein einziges Aktenstück und kein einziges Dokument zu sehen bekommen. Es scheint, dieser Herr besitzt einen älteren Münchmeyerschen Druck und eine spätere Fischersche Ausgabe und hält den ersteren für gleichlautend mit meinem Original. Es ist für mich aber wirklich unmöglich, daß einem ‚Haupt- oder Chefredakteur‘ solche Irrungen passieren können. Ich gebe ja gern zu, daß er keine Ahnung davon hat, wie es in einem berüchtigten Schund- und Kolportageverlag zugeht und was für Schwindel da getrieben wird, aber das ist keine Entschuldigung, sondern eine Belastung für ihn, denn wenn er das nicht weiß, so sollte er sich auch nicht gestatten, Schlüsse mit der Logik des Kolportageschmutzes zu ziehen, die man nur mit der Logik ehrenhafter Leute ziehen darf. Die ungeheuren Erfolge der umgearbeiteten Schundromane hatte Fischer nur den überlauten Trommel- und Paukenschlägen des Herrn Cardauns zu verdanken. Selbst der unfähigste Politikus weiß, daß man solche Dinge durch Schweigen tötet, nicht aber durch Gongs und Tamtams. Mir aber, der ich durch diese Tamtams, diese Vorträge und Zeitungsartikel erschlagen werden sollte, wurde es durch sie unmöglich gemacht, den Schund so, wie ich wollte, gänzlich aus der Welt zu schaffen. Mein Wollen war gut; da aber der Herr Cardauns meine Gegner förderte, indem er mich hinderte, hat er sich um die Münchmeyersche Kolportage ein Verdienst erworben, welches man ihm nie vergessen wird. Er ist während der ganzen, langen Zeit bis hierher ihr treuer Champion gewesen, ob gewollt oder ungewollt, ist in Beziehung auf die Wirkung gleich.
    Der zweite, den ersten auch geistig hoch überragende Champion für die Münchmeyersache ist der aus der christlichen Kirche ausgetretene Sozialdemokrat a.D. Herr Rudolf Lebius in Charlottenburg. Ich gebe über ihn einen Auszug meines Schriftsatzes an die vierte Strafkammer des Königlichen Landgerichtes III in Berlin:
    Ich reiste im Jahre 1902 im Süden und wurde am Gardasee von einer heimatlichen Postsendung erreicht, bei der sich auch eine Zuschrift eines gewissen Lebius befand, der sich in ganz überschwenglicher Weise als einen großen Kenner und Bewunderer meiner Werke bezeichnete und die Bitte aussprach, mich einmal besuchen zu dürfen. Diese Überschwenglichkeit erregte sofort meinen Verdacht. „Der will Geld, weiter nichts“, sagte ich mir. Ich antwortete ihm, daß ich nicht daheim sei und ihn also nicht empfangen könne. Hierauf schrieb er mir am 7. April 1904:
    „Sehr geehrter Herr!
    Schon vor anderthalb Jahren versuchte ich, mich Ihnen zu nähern, wovon die inliegende Karte ein Beweis ist. Inzwischen habe ich hier eine neue Zeitung herausgegeben, die großen Anklang findet. Können Sie mir vielleicht etwas für mein Blatt schreiben? Vielleicht etwas Biographisches, die Art, nach der Sie arbeiten, oder über derartige Einzelheiten, für die sich die deutsche May-Gemeinde interessiert. Ich würde Sie auch gern interviewen.
    Mit vorzüglicher Verehrung
    Rudolf Lebius,
    Verleger und Herausgeber.“
    Lebius hatte also meine damalige Karte sorgfältig aufgehoben, um sich Eingang bei mir zu verschaffen. Er unterschrieb sich ‚Mit vorzüglicher Verehrung‘. Ich sagte mir wieder: „Der will nur Geld.“ Die Behauptung, daß seine neue Zeitung ‚großen Anklang finde‘, entsprach der Wahrheit nicht. Ich sollte damit geködert werden. Man darf den Besuch solcher Leute nicht abweisen, zumal wenn sie mit einer wenn auch noch so kleinen Zeitung bewaffnet sind, sonst rächen sie sich. Ich schrieb ihm also, daß er kommen dürfe, und er antwortete am 28. April:
    „Vielen Dank für Ihr liebenswürdiges Schreiben. Ihrer freundlichen Einladung leiste ich natürlich gern Folge. Falls Sie mir nicht eine andere Zeit angeben, komme ich am Montag, den 2. Mai 3 Uhr zu Ihnen (Abfahrt 3,31).
    Mit großer Hochachtung und Verehrung
    Rudolf Lebius.“
    Er kam. Doch durfte er mich nicht interviewen. Ich duldete das nicht. Er wurde von meiner Frau, die ihn empfing, nur unter den Bedingung zu mir gelassen, daß absolut nichts veröffentlicht werde. Er gab erst ihr und dann auch mir sein Wort darauf. Er blieb zum Kaffee, und er blieb bis nach dem Abendessen. Er sprach sehr viel; er sprach fast immerfort. Ich war absichtlich schweigsam. Ich sagte nur,

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