8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
diese Szene noch ein- oder zweimal wiederholte. Zumindest würde er zu einem stammelnden Idioten werden. Und wenn der Computer Garrard und das Schiff sicher zur Erde zurückbringen würde, so konnte er doch Haertel nichts mehr über diesen dunklen Strom der Angst erzählen.
Der Zeitmesser sagte, daß der Anfall drei Sekunden lang gedauert hatte. Als Garrard den Zeiger entrüstet ansah, machte dieser Pock und ließ sich dazu herbei, eine vierte Sekunde zuzugestehen. Mit grimmiger Entschlossenheit begann Garrard von neuem zu zählen.
Er bemühte sich, das Zählen zu einem so gleichmäßigen, automatischen Vorgang zu machen, daß kein Problem und keine Sturzflut von Gefühlen ihn unterbrechen konnten. Rein mechanisches Zählen kann durch nichts aufgehalten werden – weder durch eine Barriere der Liebe noch durch die Qualen ganzer Zeitalter. Garrard wußte, daß es gefährlich war, absichtlich in seinem Gehirn einen solchen Mechanismus einzurichten, aber er wußte auch, wieviel davon abhing, dieses dumpfe Ticken zeitlich zu bestimmen. Er begann zu verstehen, was sich um ihn und in ihm abspielte – aber er brauchte eine genaue Messung des Tickintervalls, wenn er sein Wissen nützlich anwenden wollte.
Natürlich hatte man über dem Problem gerätselt, wie sich der Overdrive auf das subjektive Zeitgefühl des Raumfahrers auswirken würde. Aber man war zu keinem Ergebnis gekommen. Bei jeder Geschwindigkeit unter der Lichtgrenze waren subjektive und objektive Zeit für den Piloten identisch. Für einen Beobachter auf der Erde würde es scheinen, als verlangsame sich die Zeit in Raumschiffen immer mehr, je mehr man sich der Lichtgeschwindigkeit näherte. Doch der Pilot selbst merkte keinen Unterschied.
Da die üblichen Relationstheorien einen Flug mit Überlichtgeschwindigkeit als undurchführbar erwiesen, konnte man aus diesen Theorien natürlich auch keinerlei Hinweis erhalten, was sich an Bord eines Schiffes mit Überlichtgeschwindigkeit abspielen würde. Die Haertel-Transformation, auf deren Prinzip die DFC-3 aufbaute, war nicht-relativistisch. Sie besagte, daß die Zeit in einem Raumschiff gleich der tatsächlich verstrichenen Zeit war und daß Beobachter an beiden Endpunkten der Reise auch zu dem gleichen Zeitergebnis kommen würden.
Aber da Schiff und Pilot dem gleichen System angehörten und in Haertels Gleichung unter dem gleichen Ausdruck zusammengefaßt waren, schien bisher noch nie jemand auf den Gedanken gekommen zu sein, daß der Pilot in einem anderen Zeitverhältnis leben würde. Die Idee erschien lächerlich.
Siebenhunderteins – undsiebenhundertzwei – und – siebenhundertdrei – und – siebenhundertvier – und – siebenhundert …
Das Schiff hatte ein Zeitsystem, das dem eines Beobachters von der Erde entsprach. Es würde in zehn Monaten auf dem Alpha-Centauri-System ankommen. Aber der Pilot war an die Garrard-Zeit gebunden, und es sah allmählich so aus, als würde er nie auf Alpha Centauri ankommen. Es war entsetzlich, aber wahr. Etwas – höchstwahrscheinlich eine Nebenwirkung des Overdrive-Kraftfeldes auf den menschlichen Stoffwechsel, die natürlich bei früheren Versuchen mit unbemannten Flugkörpern nicht entdeckt werden konnte – hatte Garrards subjektives Zeitgefühl gründlich verändert.
Der Sekundenzeiger begann fast unmerklich zu schwanken, als die Zahnräder im Innern der Meßuhr sich um einen Zahn weiterschoben. Siebentausendeinundvierzig, siebentausendzweiundvierzig, siebentausenddreiundvierzig …
Bei siebentausendachtundfünfzig sprang der Sekundenzeiger auf den nächsten Teilstrich. Es dauerte ein paar Minuten, bis er die winzige Entfernung übersprungen hatte und ein paar weitere Minuten, bis er wieder zur Ruhe gekommen war. Erst dann hörte Garrard den Laut.
Pock.
Fieberhaft begann sein Verstand mit den Zahlen zu arbeiten. Doch sein Körper blieb völlig ruhig. Da gegen Ende des Zählens die Ziffern immer länger wurden, konnte man das Zeitinterval zwischen zwei Teilstrichen vielleicht mit siebentausendzweihundert ansetzen. Und mit dieser Zahl kam er schnell zu dem gesuchten Vergleich:
Eine Sekunde Schiffszeit war identisch mit zwei Stunden Garrard-Zeit. Und das bedeutete –
Einen Flug von sechstausend Jahren!
Garrard saß lange danach noch reglos da. Er war in Schweiß gebadet. Zu beeilen brauchte er sich nun nicht mehr.
Sechstausend Jahre! Er würde genug zu essen und trinken haben. Auch die Luft reichte aus. Sie würde auch für sechzigtausend oder sechs
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