8 Science Fiction Stories, Eine Anthologie der Berühmten, 3te Folge
Produzierende. So griff man von neuem zur Romantik und entwickelte sie als Waffe gegen die Unabhängigkeitsströmung.
Frauen dürfen keinen Augenblick ihres Lebens ihr Geschlecht vergessen. Frauen dürfen nicht in beruflichen Wettbewerb mit dem Mann treten. Die ›weibliche Linie‹ wurde hervorgehoben und den armen Frauen durch die Werbung eingehämmert. Natürlich konnten die Hersteller nicht mit Slogans wie ›Zurück zum häuslichen Herd‹ kommen. Aber sie wußten sich zu helfen. Man konnte einen neuen Beruf einführen: die ›Hausfrau‹. Man konnte die Küche verherrlichen und teurer gestalten. Man konnte sie wünschenswert erscheinen lassen und andeuten, daß dieser Wunsch bei einer Heirat erfüllt würde. So stand in der Presse zu lesen, in Tausenden von Frauenmagazinen … Unaufhörlich und unerbittlich wurde die Aufmerksamkeit der Frauen darauf gelenkt, sich an irgendeinen Mann zu verkaufen, um in den Genuß eines kleinen, unwirtschaftlichen Reiches zu kommen, für das man sein Geld zum Fenster hinauswerfen konnte.
Ganze Handelszweige nahmen die ›romantische Masche‹ auf, und immer gröbere Übertreibungen erschienen in den Zeitungsartikeln und Werbesprüchen. Romantik fand Eingang bei Damenunterwäsche und Motorrädern, bei ›Reform‹-Mahlzeiten und Küchenherden, bei Desodorants und Auslandsreisen … Und bald wußten die armen Frauen das Wahre von der Lüge nicht mehr zu unterscheiden.
Die Luft war vom Gestammel der Romantik erfüllt. Vor allem war das Kino ein wichtiges Hilfsmittel der Industrie. Es überzeugte seine Zuschauer – in der Mehrzahl eben Frauen –, daß es nichts Schöneres gäbe, als sich mit feuchtäugiger Passivität in den starken Armen der Romantik zu wiegen. Und so begann die Mehrzahl der jungen Frauen ihre Zeit damit zu verbringen, von Romantik zu träumen. Sie glaubten fest, daß es die höchste Lebensform sei, von einem Mann besessen und in einen kleinen Ziegelkasten gesetzt zu werden, wo sie alles kaufen konnten, was ihnen die Hersteller verkaufen wollten.«
»Aber«, protestierte ich wieder schüchtern, doch die alte Dame war so in Fahrt, daß sie meinen Einwand überhaupt nicht hörte.
»Die Scheidungsziffern kletterten dennoch in die Höhe. Das wirkliche Leben kam eben bei weitem nicht an die Traumvorstellungen heran, die jedes junge Mädchen von der Ehe hatte. Wahrscheinlich waren die Frauen enttäuschter, illusionsloser und unzufriedener als je zuvor. Ja, mit diesem lächerlichen Ideal, das immer wieder zwischen die Mühlräder einer eifrigen Propaganda geriet, wurde viel Unheil angerichtet. Denn was konnte eine Idealistin anderes tun, als sich wieder scheiden zu lassen und anderswo das Ideal zu suchen, das ihr, wie sie glaubte, von Rechts wegen zustand?
Es war ein grausiger Zustand, hervorgerufen durch eine willentlich geschaffene Unzufriedenheit. Irgendwo, nie ganz zu greifen, lauerte das Ideal der Romantik. Vielleicht gelang es einigen wenigen, dieses Ideal zu erreichen, aber für all die anderen war es ein grausames, quälendes Hindernis, an dem sie sich verausgabten – sich und ihr Geld.«
Diesmal konnte ich mir endlich Gehör verschaffen.
»Aber so war es doch gar nicht. Einiges von dem, was Sie sagen, mag wohl stimmen – aber nur oberflächlich. Ich fühlte mich keineswegs unglücklich. Im Gegenteil. Ich lebte in jener Zeit. Und ich weiß, wie sie wirklich war.«
Sie schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Man braucht Abstand von einer Zeit, um sie beurteilen zu können. Heute wissen wir, wie es damals aussah: man beutete herzlos und im großen Stil die willensschwache Mehrheit aus.
Einige gebildete, entschlossene Frauen konnten natürlich dagegen ankämpfen – aber um welchen Preis! Es ist stets schwer, dem Druck der Mehrheit zu widerstehen – selbst sie konnten sich nicht immer dem Gefühl entziehen, daß sie vielleicht im Unrecht waren.
Sie sehen, die großen Hoffnungen auf die Emanzipation der Frauen, die das zwanzigste Jahrhundert eingeleitet hatten, wurden zunichte gemacht. Die Kaufkraft war in die Hände der Ungebildeten und leicht Beeinflußbaren übergegangen. Der Wunsch nach Romantik ist im wesentlichen ein selbstsüchtiges Verlangen, und wenn man ihn zum beherrschenden Trieb macht, wird er sich über alle Schranken hinwegsetzen. Die einzelne Frau, die gleichzeitig von den anderen Frauen getrennt wurde und mit ihnen im Wettbewerb stand, konnte sich nicht mehr verteidigen. Sie wurde das Opfer einer organisierten Suggestionspolitik. Wenn man
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