Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
Vom Netzwerk:
ertragen, die Jenny neben ihm hinterlassen hatte. Da sah er das Mathebuch. Er hatte es versehentlich in seine Tasche gesteckt. Aber sie brauchte das Buch doch morgen! Schon schrillte die Klingel zum Türeschließen. In letzter Sekunde stürzte sich Lovis aus der Bahn.
    Â»Jenny«, rief er. »Du hast dein Mathebuch vergessen.«
    Aber Jenny war nicht mehr auf dem Bahnsteig. Sie musste schon die kurze Treppe zum Wiener Platz hinaufgestiegen sein. Lovis sprintete die Stufen hoch. Und dann sah er sie. Sie redete mit einem Jungen. Mit dem Kerl mit der Zahnlücke, der ihn zusammengeschlagen hatte. Jenny kannte den Typen. Sie hatte gelogen, als sie behauptete, am Friesenplatz keinen der Schläger erkannt zu haben.

Freitag, 15. Juni
    An diesem Morgen fiel Jenny alles leicht, denn seit gestern Nacht war die Welt eine andere. Fröhlicher, bunter, schöner. Sie hatte es sich nicht vorstellen können, dass es sich so anfühlte, wirklich verliebt zu sein. Gut, richtig gut, fand sie. Man war stark und unverletzbar und hatte tatsächlich Schmetterlinge im Bauch. Sie brauchte nur daran zu denken, dass sie Lovis heute wiedersah, schon flatterten die Schmetterlinge auf und ab, und das Herz klopfte ihr vor Vorfreude bis zum Halse.
    Aber zuerst musste sie die Mathearbeit hinter sich bringen. Kein Problem bis auf die wirklich knifflige Zusatzaufgabe. Sicher habe ich eine Drei geschrieben, vielleicht sogar eine Zwei, schätzte sie. Vielleicht schaffte sie es noch, eine Drei auf dem Zeugnis zu kriegen? Bestimmt würde Lovis ihr dabei helfen. Lovis. Lovis. Lovis.
    Vor der Deutschstunde blätterte Jenny der Safranski die Fünfzigeuroscheine auf den Tisch und fand es sehr schade, dass sie keinen Fotoapparat mithatte, um das fassungslose Gesicht der Lehrerin festzuhalten. Damit hatte die nicht mehr gerechnet, dass Jenny Schwarzer das mit dem Geld geregelt bekam! Hatte wahrscheinlich im Lehrerzimmer mal wieder über sie und all die Assis und Prolls aus der Roten Burg gelästert. Darüber, dass die nichts auf die Reihe kriegten. Ihr Hartz-IV-Geld nur für Unsinn ausgaben. Von wegen! Den Rest des Geldes würde sie, wie die meisten anderen auch, unmittelbar vor der Fahrt bezahlen.
    Â»Kann ich einen Quittungsbeleg dafür kriegen?«
    Jenny konnte sich nicht verkneifen danach zu fragen. Es ging ihr runter wie Öl, dass die Safranski ihren Quittungsblock nicht fand und ihr stattdessen auf einem simplen Blatt Papier den Empfang des Geldes bestätigen musste.
    Auch der Rest des Schultages brachte keinerlei Probleme. Selbst Joe-Joe nervte auf dem Nachhauseweg nicht. Oder die Sonne, die wieder heiß und stechend am Himmel stand. Ein schöner Tag. Ein perfekter Sommertag. Ein neuer Tag mit Lovis. Die Rote Burg wirkte plötzlich ganz freundlich, die dösenden Tartaren wie friedliche Wächter, die ihr Zuhause beschützten.
    Sie überlegte, was sie kochen konnte, wenn Jasmin es mal wieder nicht geschafft hatte. Kartoffeln waren noch da, dazu der Schinken aus Lovis’ Kühlschrank und zum Nachtisch die frische Ananas. In einem Kochbuch aus der Schulbibliothek hatte sie in der Pause nachgelesen, wie man diese schälen musste. Eine Ananas von Lovis. Bei jedem Bissen würde sie an ihn denken.
    Aber vielleicht duftete es im Flur nach Bratkartoffeln? Vielleicht hatte Jasmin mal wieder einen guten Tag? Hatte sie nicht. Im Gegenteil. Wie ein verletztes Vögelchen flatterte sie im Wohnzimmer herum, als Jenny und Joe-Joe zurückkamen. Irgendwas musste sie schrecklich aufgeregt haben. Jenny holte ihr ein Glas Wasser.
    Â»Hab ich nicht immer gesagt, dass ihr nichts mit der Polizei zu tun haben dürft? Hab ich das nicht immer gesagt?«
    Die vogelpiepsige Stimme zitterte vor Erregung. Jenny verstand nicht, was sie ihr sagen wollte.
    Â»Hat sich Joe-Joe nicht nur in der Schule geprügelt?«, fragte Jenny vorsichtig.
    Â»Nein, nein. Joe-Joe ist ein lieber Junge. Du hast Ärger mit der Polizei. Was ist nur los mit dir, Jenny? Kommst über Nacht nicht nach Hause und jetzt das? Musst zur Polizei.«
    Jenny verstand immer noch nicht.
    Â»Toni war da, kurz bevor ihr gekommen seid«, erklärte Jasmin. »Hat gefragt, ob du schon bei der Polizei warst.«
    Toni! Dass er wegen seines blöden Alibis bei Jasmin auftauchte, war allerhand. Das sollte er büßen! Warten sollte er, bis er schwarz wurde, bevor sie ihm diesen Gefallen tat.
    Â»Mama«, sagte sie. »Ich habe

Weitere Kostenlose Bücher