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8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Neugier. Hämische Freude? Triumph? Was auch immer. War ihm sowieso egal.
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    Der Fluss glitzerte, als würden tausend Diamanten auf seiner Oberfläche treiben. Sie hatten sich am Tanzbrunnen verabredet, um danach ein wenig am Rhein zu sitzen und vielleicht mit den Gondeln auf die andere Seite zu fahren. Jenny hätte wetten mögen, dass Lovis vor ihr am Treffpunkt sein würde. War er aber nicht. Nicht schlimm. Gleich würde er da sein.
    Ein Ausflugsdampfer glitt gemächlich flussabwärts, Jenny winkte ein paar Kindern zu, die an der Reling standen und zu ihr herüberblickten. Die Kinder winkten begeistert zurück. Gleich würde Lovis hier sein. Sie würden sich wieder küssen so wie gestern Abend. Richtig küssen, keine klebrigen Lakritzküsse wie die, die sie vor Ewigkeiten mit Toni getauscht hatte. Das Kribbeln im Bauch, das sie bei der Erinnerung an Lovis’ Küsse verspürte, mischte sich mit dem steinernen Druck, den die Gedanken an Toni in ihrem Bauch erzeugten. Schnell weg damit. Toni sollte ihr die Vorfreude auf Lovis nicht verderben. Lovis, wo er nur blieb?
    Ein Blick aufs Handy, Viertel nach drei. Bestimmt hatte Lovis die Bahn verpasst oder die hatte sich verspätet, kam oft vor in Köln. Lovis! »Komm schnell, damit ich nicht mehr an Toni denken muss«, flüsterte sie. Warum nur hatte sie sein Geld angenommen? Die Klassenfahrt, natürlich, aber wäre es nicht besser gewesen, die Safranski einen weiteren Tag zu vertrösten? Zu spät, jetzt war das Kind bereits in den Brunnen gefallen.
    Als Lovis um halb vier immer noch nicht aufgetaucht war, wählte sie seine Nummer. Der Anrufbeantworter sprang an, die strenge Stimme von Lovis’ Vater bat darum, eine Nachricht zu hinterlassen. Das tat sie. Jetzt war sie sicher, dass Lovis unterwegs war. Sie war doch nur so ungeduldig, weil sie es kaum erwarten konnte, ihn wiederzusehen. Sie dachte an Lovis’ Vater. Misstrauisch war er gewesen, reserviert. Er hatte ihr Angst gemacht. Aber er kümmerte sich um seinen Sohn, kaufte ein, deckte den Frühstückstisch. Hätte ihr Vater das auch gemacht, dieser Charly, wenn er von ihr gewusst hätte? Wären Jasmin und sie dann mit ihm und seinem Rollercoaster von Stadt zu Stadt gezogen und hätten in einem Wohnwagen gelebt? Ein schönes Leben wäre das gewesen und dann hätte Jasmin diesen blöden Kurt, Joe-Joes Vater, nicht kennengelernt, der eine Zeit lang bei ihnen gewohnt hatte. Ein stiller Säufer, der irgendwann einfach verschwand, Jasmin aber davor mit dieser tiefen Traurigkeit verseucht hatte. Seit Kurts Verschwinden bekam sie ihr Leben nicht mehr in den Griff. Ganz zu schweigen von dem ihrer Kinder.
    Jennys Handy klingelte, und sie war sicher, dass Lovis anrief, aber Frauke war am Telefon.
    Â»Wo steckst du? Wir waren doch verabredet!«
    Stimmt. Sie hatte Frauke gestern diese verzweifelte SMS geschickt. Aber das war vor dem Waldschwimmbad, bevor sie Lovis und die Liebe getroffen hatte. Es sind keine Feuerwehreinsätze mehr nötig, alles wird wieder gut, hätte sie am liebsten ins Telefon gejubelt. Ich hab doch jetzt Lovis! Aber würde Frauke das verstehen? Verstand das überhaupt einer, der nicht bis über beide Ohren verliebt war?
    Â»Hab ich verschwitzt«, murmelte sie deshalb. »Ist aber auch alles nicht so schlimm.«
    Â»Heißt das, wir sehen uns nicht? Was ist mit der Mädchen-WG? Hast du mit deiner Mutter geredet?«, fragte Frauke weiter.
    Â»Ich melde mich bei dir.«
    Schnell stellte sie das Handy aus. Sie wollte jetzt nicht mit Frauke reden, Probleme wälzen, schwierige Entscheidungen treffen. Sie wollte mit Lovis zusammen sein. Wo blieb er nur? Ob er ihre Verabredung vergessen hatte? Nein, das konnte nicht sein. Ob ihm etwas passiert war? In der Badewanne ausgerutscht? Eine Angstattacke? O ja, sie hatte gemerkt, wie nervös er gestern auf dem leeren Bahnsteig gewesen war, als sie auf die Bahn gewartet hatten. So einen Überfall steckte man nicht so ohne weiteres weg. Vielleicht traute er sich deshalb nicht aus dem Haus? Ging wegen des Stotterns nicht ans Telefon? Sie musste Gewissheit haben.
    Und so lief sie zum Deutzer Bahnhof und stieg dort in eine Bahn Richtung Ebertplatz, drückte zwanzig Minuten später auf das goldene Klingelschild, hüpfte mit klopfendem Herzen die teppichbespannten Treppen hoch – und da stand er in der Wohnungstür und wartete auf

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