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8 Tage im Juni

8 Tage im Juni

Titel: 8 Tage im Juni Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Glaser
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Scheiß! Über solche Sachen hatten Nils und er sich immer lustig gemacht, wenn die Mädchen bei Liebesfilmen so einen verklärten Blick bekamen. Die Liebe, die Liebe … Was hatte ihnen Jennys Oma vorhin angeboten? Dass sie im Zelt schlafen konnten? Eine gemeinsame Nacht mit Jenny. Schon bei dem Gedanken klopfte sein Herz im Rhythmus eines feurigen Trommelwirbels. Nicht im Traum hätte er damit gerechnet, dass dieser Tag, der so beschissen angefangen hatte, so enden könnte. Er war ein Hans im Glück, nein kein Hans, ein Lovis im Glück. Ich muss Gustav anrufen, schoss ihm durch den Kopf. Der vermutete ihn auf dem Schulfest, würde sich aber bestimmt Sorgen machen, wenn er in der Nacht nicht nach Hause kam.
    Als er in der Umkleidekabine die Badehose gegen seine karierten Boxershorts tauschte, dachte er daran, dass er keine Kondome dabei hatte. Dutzendweise lagen sie zu Hause in der Schublade des Badezimmerschrankes, noch bei ihrem letzten Gespräch hatte Gustav sie ihm wie sauer Bier angeboten, und jetzt, wo er sie vielleicht gebrauchen konnte, waren sie weit weg. Vielleicht gab es hier irgendwo einen Automaten? Und wenn ja, würde es ihm gelingen, das Gummi schnell und sicher überzustülpen? Ob Jenny die Pille nahm? Ob es für sie auch das erste Mal war? Wie würde es sein, mit ihr über Verhütung zu reden? Wie stellte man das an? Wie stieg man in so ein Gespräch ein? Über solche intimen Kleinigkeiten hatten Nils und er nie gesprochen, und die Jungs aus der Klasse, die schon mal was mit Mädchen hatten, schwiegen sich über solche Details aus.
    Aus der dunklen, nach feuchtem Holz riechenden Umkleidekabine trat er hinaus in das grelle Licht der untergehenden Sommersonne. Er musste blinzeln und nahm Jenny, die schon auf ihn wartete, im ersten Augenblick nur als Schattenriss wahr. Ihr kleiner, schlanker Körper eine schmale Silhouette in Schwarz, so unwirklich, dass er Angst bekam, sie könnte sich im Abendlicht auflösen. Er tastete nach ihrer Hand und war erleichtert, als er sie, noch kalt und verschrumpelt vom Wasser, aber fest und zupackend, in der seinen spürte.
    Â»Rintintin«, rief Jenny, und der Hund, der irgendwo herumgestromert war, tauchte sofort auf. »Lass uns einen anderen Weg zurückgehen«, schlug sie vor. »Ich zeig dir mal die ganze Wohnwagensiedlung.«
    Sie führte ihn oberhalb der Sanitäranlagen durch eine lange Reihe von Wohnwagen, die mit ihren handgezimmerten An- und Vorbauten wie eine improvisierte Einfamilienhaussiedlung wirkten. In den Vorgärten gewaltige Gartengrills, Geranienkästen, Plastikmöbel, Planschbecken und Gartenzwerge. Gustav würde sich darüber lustig machen. Wie spießig und kleinbürgerlich würde er sagen, aber er, Lovis, konnte sich im Augenblick nichts Schöneres vorstellen.
    Ãœberall herrschte Abendbrotgeschäftigkeit. Gedeckte Tische, geöffnete Bierflaschen, glühende Holzkohle, der Duft von Grillfleisch in der Luft. Das Wasser lief ihm im Mund zusammen. Ein Blick auf Rintintin, dem Hund lief es tatsächlich schon von den Lefzen. Lovis konnte jetzt mehr als einen Schaschlik-Spieß verdrücken und Rintintin sicher mehr als einen guten Knochen.
    Â»Hab schon gedacht, ich muss euch aus dem Wasser ziehen«, rief ihnen Jennys Oma zu, die den Badeanzug mit einem geblümten Sommerkleid getauscht hatte. »Los, deckt den Tisch! Die Spießchen warten schon auf euch. Es gibt auch noch Kartoffelsalat, den magst du doch so gerne, Jenny.«
    Hildchen verschwand im Inneren des Wohnwagens und reichte ihnen Teller, Gläser und Besteck heraus. Jenny verteilte die Teller, Lovis das Besteck. Brotkorb und Getränke wurden auch noch rausgebracht. Jenny warf Rintintin eine noch nicht gegrillte Wurst zu. Sich selbst schnappte sie ein Brötchen und biss hinein.
    Â»Ach, übrigens«, sagte Jennys Oma, als sie eine große Schüssel Kartoffelsalat auf den Tisch stellte. »Hat euch der Junge aus der Roten Burg gefunden?«
    Der Junge aus der Roten Burg? Wen meinte Jennys Großmutter? Toni? Wie kam er hierher? Wie hatte er sie so schnell gefunden? Lovis warf Jenny einen panischen Blick zu. Die krampfte das Brötchen in der Hand zusammen.
    Â»Was für ein Junge? Wen meinst du?«, fragte sie, und Lovis konnte spüren, wie viel Anstrengung es sie kostete, die Angst in ihrer Stimme zu unterdrücken.
    Â»Der aus der IIa. Den Namen weiß ich nicht

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