8 Tage im Juni
kriegten die bestimmt schon mit dem Babybrei reingelöffelt. Sie ging zu ihm, nahm seine Hand und führte ihn zur GroÃmutter.
»Das ist Lovis«, sagte sie. »Du hast bestimmt noch irgendwo eine Badehose für ihn. Wir wollen nämlich schwimmen gehen.«
»In der Kiste unterm Bett wird sich sicher was finden.« Oma deutete auf Lovisâ Gitarre. »Musiker oder was?«
»Guten Tag.«
Lovis reichte Oma Hilde die Hand und mit ihrem Blick durchleuchtete sie ihn gnadenlos von unten bis oben. Jenny merkte genau, dass Hildchen die Gitarre suspekt war und ihr sein bunt schillerndes Auge und die Beule über der Augenbraue überhaupt nicht gefielen. Aber es war zu kompliziert, ihr jetzt alles zu erklären.
»Ein Unfall«, log Jenny. »Er ist die Treppe hinuntergestürzt.«
»So, so«, murmelte Oma Hilde wenig überzeugt und hielt Lovis mit ihrem strengen Röntgen-Blick gefangen. »Die Jenny ist was Besonderes«, erklärte sie ihm. »Was die alles macht und kann! SchmeiÃt den Haushalt, kümmert sich um ihre Mutter und um Joe-Joe. Die weiÃ, was Verantwortung heiÃt. Wenn du sie schlecht behandelst, kriegst du es mit mir zu tun!«
Lovis hatte gar keine Gelegenheit zu antworten, denn Karl war leider nicht beim Angeln. Er kam aus dem Wohnwagen gehumpelt, in kurzer Hose, mit Socken, Sandalen und nacktem Oberkörper. Von Mal zu Mal fand Jenny es widerlicher, wie er dieses welke, wabbelnde Fleisch zur Schau trug. Konnte er nicht wenigstens ein Unterhemd tragen? Er stellte sich hinter Hildchen und legte seine behaarte Pranke auf ihre Schulter, so als ob sie sein Eigentum wäre. Gewohnt missmutig nickte er Jenny zu und nahm dann Lovis ins Visier.
»Wer ist der denn?«, fragte er Hildchen. »Hat die Kleine jetzt schon einen Stecher? Ist die nicht viel zu jung dafür?«
»Jetzt red nicht so einen Schwachsinn, Karl«, schimpfte Oma. »Die Jenny ist fünfzehn! In dem Alter bin ich schon mit Schmitzens Hermann gegangen, und ich will gar nicht wissen, wem du in dem Alter unter die Röcke gelangt hast! Und Lovis ist die Treppe runtergefallen, bevor du wissen willst, mit wem er sich geprügelt hat!«
Das liebte Jenny so an ihrer Oma! Dass Hildchen nichts auf sie kommen lieÃ, da konnte Karl noch so herumstänkern! Keine wusste besser als Oma, was sie in der Roten Burg Tag für Tag an der Backe hatte. Sie musste unbedingt mit ihr über Jasmin reden. Aber nicht jetzt!
»Lovis«, murmelte Karl. »Ist das sein Künstlername? Und wofür hat er die Klampfe mit? Will er uns was am Lagerfeuer vorspielen?«
»Komm mit!«
Jenny griff wieder nach Lovisâ Hand und zog ihn an den beiden Alten vorbei in den Wohnwagen, der wie immer leicht nach Weichspüler roch und leider immer mehr nach Karls säuerlichem Altmänner-Gestank.
»Guck mal!«
Sie deutete hinauf zur Schlafkoje im Zwischendeck des Wohnwagens, wo sie als Kinder geschlafen hatten, und grub dann unter dem groÃen Bett eine Truhe hervor, die voller Badezeugs war. Zum Vorschein kamen nur mehr oder weniger vorsintflutliche Modelle, bei denen Lovis angewidert den Mund verzog, aber zum Schluss förderte sie doch ein boxershortähnliches Teil zu Tage, mit dem er sich anfreunden konnte. Gitarre und Rucksack lieÃen sie hier, stattdessen griffen sie nach zwei groÃen Badetüchern, mehr brauchten sie nicht.
»Wir sind schwimmen«, rief Jenny Oma Hildchen beim Rauskommen zu und zog Lovis schnell mit sich fort auf den kleinen Kiesweg, der zum Fluss führte. »Liegt das Schlauchboot noch unter den Weiden?«
»Sicher das«, antwortete die Oma. »Dann werde ich mal noch ein paar Schaschlik-SpieÃchen zaubern«, rief sie ihnen hinterher. »Ihr bleibt doch zum Essen, oder? Und das kleine rote Zelt ist auch noch da, falls ihr hier schlafen wollt.«
»Karl ist furchtbar! Ein nervtötender alter Sack«, sagte Jenny zu Lovis, als sie wenig später in Badesachen aus den Umkleidekabinen traten. »Ich versteh nicht, was sie an dem findet. Hildchen ist doch ein echter Schatz, die hätte was Besseres verdient.«
»Was i-ist mit deiner Mutter?«, fragte er. »Warum musst du dich u-um sie kümmern?«
Nein! Ãber Jasmin redete sie mit niemandem. Oma Hilde und Frauke waren die Einzigen, die in groben Zügen wussten, wie schwierig das Leben mit Jasmin war. Sonst ging das niemanden etwas an. Eine Mutter, die es
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