80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)
Gehölz am Parkplatz von Jack Straw’s Castle zu gehen, das ein bekannter Schwulentreffpunkt war. Er hatte das irrationale Bedürfnis zu erfahren, was es bedeutete, penetriert, benutzt zu werden, als könnte ihm das helfen, die Frauen, die er fickte, besser zu verstehen. Verrückt! Er machte ein paar unentschlossene Schritte und schlug dann doch den Heimweg ein.
Es war schon weit nach Mitternacht, als Dominik vor seinem Haus ankam. Er hätte sich ein anderes Taxi rufen können, aber der Spaziergang hatte seinen Nerven gutgetan.
Eine Woche später fing er etwas mit Claudia, einer seiner früheren Studentinnen, an und brach den Kontakt zu der Gruppe ab. Vielleicht war es aber auch andersherum, und er wurde zu diesen sehr speziellen Partys nicht mehr eingeladen.
Der Sex mit Claudia war gut, unkompliziert, fröhlich und stürmisch. Sie akzeptierte sein Bedürfnis nach Kontrolle, freute sich über Abwechslung und seine merkwürdigen Forderungen, stellte nichts in Frage. Eine Zeit lang glaubte er schon, nun seine dunkle Seite im Griff zu haben und seine tieferen, irrationalen Gelüste beherrschen zu können. Aber im Grunde wusste Dominik, dass ihm etwas fehlte … bis er in der Station der U-Bahn auf Summer traf, die auf ihrer alten Geige spielte und das Feuer in ihm von Neuem entfachte.
»Wie gut kennst du eigentlich Summer? Und Victor?«, fragte Dominik, als er mit Lauralynn im Regent’s Park auf einer Decke Platz nahm.
Sie hatte ein Picknick vorgeschlagen, und die Wettervorhersage hatte einen letzten schönen Spätsommertag versprochen. Wie schnell die Jahreszeiten doch wechselten, überlegte er. Er musste an das Stück von Vivaldi denken. Fast ein Jahr war vergangen seit dem schicksalhaften Nachmittag, an dem er an der Station Tottenham Court Road die U-Bahn nehmen wollte und auf dem Weg zum Gleis zufällig die berauschenden Klänge einer Geige gehört hatte. Innerhalb von Sekunden war er Summers betörendem Charme und ihrem ausdrucksvollen Spiel verfallen.
»Victor kenne ich schon ein paar Jahre, wir haben bereits einiges zusammen angestellt. Kennengelernt haben wir uns auf einer Party, und er hat mir hier und da bei einer kleinen Inszenierung geholfen. Wahrscheinlich hat er meine Neigung für aggressive Spielchen erkannt. Der Mann ist echt gefährlich. Er benutzt Menschen rücksichtslos. Und er ist ungeheuer rachsüchtig … Aber er hat hervorragende Verbindungen. Und viel Erfahrung.«
»Und Summer?«
»Ich habe sie nach dem speziellen Konzert in der Krypta, bei dem sie nackt für dich gespielt hat, nur einmal getroffen. Ich fand sie – wie soll ich sagen? – interessant.«
»Du und Summer?«, rief Dominik verwundert aus. »War da was?«
»Leider nein«, gestand Lauralynn. »Ich glaube, sie hat in dieser Richtung keine Neigungen. Vielleicht, dass sie es mal ausprobiert, aber sicher nicht ernsthaft. Aber ich kenne diesen Typ. Die flattert so hilflos um ihre Lust herum wie die Motte ums Licht. Das ist auch gefährlich. Sie glaubt, sie hat alles unter Kontrolle, aber da irrt sie sich gewaltig. Sie sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht und hat keine Ahnung, was sie will. Sie hat sich mit ihren Gelüsten noch nicht richtig angefreundet. Sie hält sich für eine moderne Frau, die Ja zum Leben sagt, aber da macht sie sich was vor. Oder siehst du das anders, Dominik?«
Nicht zum ersten Mal sah er in ihren Augen ein tückisches, verschwörerisches Glitzern.
Sie nahm zwei Plastikbecher und schenkte Kaffee aus einer Thermoskanne ein, die sie in einem Weidenkorb mitgebracht hatte. Dominik steuerte die belegten Brote bei. Ganz in der Nähe lärmte eine Kinderschar auf dem Weg zum Zoo.
»Was ist passiert? Wann hat sie sich denn mit dir getroffen?«
»Wir haben ein bisschen miteinander rumgemacht. Ich habe einen meiner Gespielen dazugeholt, einen Sub, einen Kunden. Ich glaube, es hat ihr gefallen und ihr die Augen für ein paar neue Varianten geöffnet.«
»Ich verstehe.«
»Aber wie schon gesagt, ich kenne diese Art Mädchen. Ich habe schon andere von ihrer Sorte gesehen. Sie sind sich selbst der ärgste Feind. Wenn man sie sich selbst überlässt, fallen sie auf jede Versuchung herein. Ihr Stolz führt sie an der Nase herum.«
»So?«, meinte Dominik, den es ein wenig ärgerte, dass sich Lauralynn so ausführlich über Summers seelische Verfassung äußerte, die ihm selbst doch noch ein Rätsel war.
Sie biss in ein Ei-Mayonnaise-Sandwich mit Kressegarnitur.
»Wenn du so an ihr hängst«, sagte Lauralynn,
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