80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)
darauf zulassen, was von jemandem im Schlafzimmer zu erwarten war, hätte ich bei meinen Rendezvous vermutlich mehr Glück gehabt.
Der Workshop fand in einem Loft zwischen Innenstadt und Meatpacking District statt, dem früheren Zentrum der Fleischverarbeitung, also eine durchaus passende Location! Offenbar handelte es sich um eine Privatwohnung, denn in dem Korridor, der zu den Schlafzimmern führte, stand ein Paravent. Das Wohnzimmer war zu einer »Spielwiese« umgebaut worden, luftig und hell erinnerte es eher an ein Yogastudio als an einen Dungeon. Überall lagen Kissen verstreut, auf denen Teilnehmer verschiedenen Geschlechts in allen Altersgruppen saßen.
Ein junges, eng aneinandergeschmiegtes Paar auf einem Knautschsack mit Kuhfellmuster sah so nervös aus, dass es sich nur um weitere Neulinge handeln konnte. Die anderen wirkten recht entspannt und plauderten fröhlich miteinander. Das Brodeln eines Wasserkochers verbreitete eine heimelige Atmosphäre, und in der Küche drängten sich Menschen, die auf Wasser für ihren Tee und Kaffee warteten. Auf einem Tisch an der Seite waren verschiedene Kräutertees aufgereiht, daneben stand eine Platte mit Obst und Bio-Schokolade. Ein langhaariger Mann in abgewetzter Lederjacke saß allein daneben und mümmelte trotzig Kartoffelchips.
Cherry stellte mich mehreren Leuten vor, und ich setzte mich neben sie an die Stirnseite, seitlich von Tabitha, die den Workshop leitete. Tabitha sah aus wie eine heidnische Göttin; das lange, dunkle Haar floss ihr über die Schultern, und ihr bodenlanges purpurfarbenes Kleid war mit einem lebhaften Muster aus winzigen blauen Blumen bedruckt. Obwohl sie barfuß und nicht groß war, beherrschte sie den Raum, als ob sie alle anderen überragte.
Sie fing damit an, die Sicherheitsfragen beim Seil-Bondage zu thematisieren, auch wie man Nervenschädigungen und Ersticken vermied. (Niemals ein Seil vorne am Hals knoten.)
Dann hielt sie eine kräftige Schere hoch. »Habt so etwas immer griffbereit«, riet sie uns, »falls ihr euren Partner schnell befreien müsst. Gründe dafür gibt es viele: Feuer, eine Verletzung, der unangemeldete Besuch eurer Schwiegermutter.«
Kichern im Raum.
Nun zeigte sie uns ein paar Grundfesselungen. Dazu legte sie ein Stück Seil auf den Boden und knüpfte langsam Knoten um Knoten.
Ich machte es ihr nach und war überrascht, wie tief es mich befriedigte, als es mir gelang, Cherrys Handgelenk mit dem korrekten Knoten zu fesseln.
Sie grinste. »Das macht Spaß, was?«
Die zweite Hälfte des Kurses war anspruchsvoller und der Teil, dem ich entgegengefiebert hatte.
Tabitha lud mich ein, ihr »Bunny« zu sein, um zu demonstrieren, wie man eine einfache Takate-kote legte, Ausgangspunkt für die meisten Ganzkörper-Bondages.
»Verschränk die Arme auf dem Rücken.«
Ihre ruhige, aber entschiedene Art bewirkte, dass mir, nicht weiter überraschend, die Knie weich wurden.
Sie schob meine Arme in die richtige Position, nicht durchgestreckt wie damals, als Dominik mir die Handgelenke mit den Strümpfen fesselte, sondern die Unterarme parallel übereinander, sodass die Fingerspitzen der einen Hand den anderen Ellbogen berührten.
Dann fing sie an, meine Arme zusammenzubinden. Sie wickelte das Seil um meine Handgelenke, verknotete die Schlaufe etwa auf der Hälfte zwischen Handgelenken und Ellbogen und führte das Seil dann so um den oberen und unteren Brustkorb, dass es meine Brüste umrahmte und gleichzeitig meine Arme an den Rumpf fesselte. Bevor sie das Seil festzurrte, fuhr sie mit ihren Fingern geübt meinen Arm entlang, um sich zu vergewissern, dass das Seil richtig saß und keinen Nerv abklemmte.
Es wurde ganz still im Raum. Alle Teilnehmer waren verstummt und lauschten aufmerksam Tabithas Instruktionen. Sie hatte aufgehört, mir zu sagen, wie ich mich drehen sollte, und bewegte mich stattdessen wie eine leblose Puppe, die nur noch zu beantworten hatte, wie fest die einzelne Schnürung jeweils saß. Langsam entspannte ich mich, ließ mich von ihren Bewegungen steuern und willenlos, mit weichen Gliedern und zurückgenommenen Schultern, von ihr fesseln. Obwohl ich die Augen geschlossen hatte, war ich mir der aufmerksamen Blicke des Publikums bewusst.
Tabitha vollendete mein Geschirr und ließ mich dann in der Mitte des Raums stehen, während sie von Grüppchen zu Grüppchen ging und überprüfte, ob die Teilnehmer ihre Partner korrekt und mit den gleichen Knoten gefesselt hatten. Hin und wieder kam sie zu mir
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