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80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: 80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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erklimmend.
    Das neue schwarze Kleid schmiegte sich wie eine zweite Haut an sie.
    Dominik, der ihr von oben zusah, hatte einen Kloß im Hals.
    Ihn schlugen sowohl Summers Schönheit als auch die Musik in Bann. Es lag eine opulente Sinnlichkeit in ihrer zerzausten Lockenpracht, die von der Lichtführung im Saal noch betont wurde, und im starken Kontrast ihrer blassen Arme zu ihrem schwarzen Kleid und dem Hintergrund des dunkel gekleideten Orchesters.
    Er schloss die Augen und stellte sie sich nackt vor, er erinnerte sich, wie sie für ihn gespielt hatte, schamlos und schön, wie der Anblick ihres ganz der Musik hingegebenen Körpers seinen Schwanz zucken ließ und ihn fast zum Orgasmus brachte.
    Um ihn herum versank die Welt.
    Die Zeit, die stehen zu bleiben schien und doch verstrich, schwang in den grandiosen Klängen und virtuosen Darbietungen des Orchesters, in dem die Blechbläser einen besonders bravourösen Part spielten – auch ihre beiden kroatischen Freunde, die mit breitem Lächeln und genau kalkuliertem, kraftvollem Einsatz pausbäckig in ihre Instrumente bliesen.
    Viel zu schnell – das ganze Korngold-Konzert dauerte bestenfalls fünfundzwanzig Minuten – war die » Romanze « vorbei, und Summer stürzte sich in das Eröffnungsstakkato der Gigue des letzten Satzes, des » Allegro assai vivace «. Es war das anspruchsvollste Stück der Komposition, mit dem sie sich endlose Stunden gequält hatte, doch jetzt wirkte es federleicht, Körper und Instrument waren ganz im Einklang mit der Musik.
    Als Dominik das nächste Mal die Augen öffnete, verhallten die letzten Töne des Violinkonzerts in der Ferne. Das Publikum war aufgesprungen und bot stehende Ovationen, während Simón am Dirigentenpult über das ganze Gesicht Summer anstrahlte, die sich gerade zum ersten Mal verbeugte.
    Von seinem erhöhten Blickwinkel aus konzentrierte sich Dominik auf Summers Gesicht und ignorierte die anderen Konzertbesucher auf dem Balkon, die frenetisch klatschten und ihn dabei anrempelten. Während Summer sich immer wieder bescheiden vor dem Publikum verbeugte und hinter ihr das ganze Orchester aufstand und ebenfalls applaudierte, lag ein ganz leises Lächeln auf ihrem Gesicht. Dominik las darin stille Befriedigung, aber auch Trauer, als sei ihr nun klar geworden, dass sie heute Abend an einem Scheideweg angelangt war und ihr Leben nie wieder sein würde wie bisher.
    Ein Bediensteter der Webster Hall kam von der Seite auf die Bühne und wollte Summer einen riesigen Blumenstrauß überreichen. Einen Augenblick stand sie perplex da und wusste nicht, wie sie das Gebinde entgegennehmen sollte, weil sie noch immer nervös die Geige umklammert hielt. Da kam Simón auf sie zu, flüsterte ihr etwas ins Ohr und nahm ihr sanft die Bailly aus der Hand. Dann wurde sie, ohne dass sie einen Blick hoch zum Balkon warf, mit den Blumen im Arm unter tosendem Applaus von der Bühne geführt.
    Es war ihr Abend, ihr Triumph. Sie würde ihn mit ihren Orchesterkollegen verbringen und hinter der Bühne feiern wollen, daran bestand für Dominik kein Zweifel. Und so erhob er sich, kurz bevor der Tumult sich legte und das Orchester den letzten Teil des Konzerts, die Schostakowitsch-Sinfonie, anstimmte. Er verließ den Balkon, ging die Treppe hinunter, aus der Webster Hall hinaus und kehrte allein ins Loft zurück.

7
    AUF DEM ABSPRUNG
    Ich wollte eigentlich nichts weiter als ein bisschen Ruhe und Frieden, ein Plätzchen, wo ich für mich alleine sitzen und der Energieschub des Auftritts allmählich abflauen konnte. Doch hinter der Bühne brach ein solcher Trubel mit Händeschütteln und Gratulationen los, als würde das Konzert dort weitergehen.
    Marija riss mich stürmisch an sich, eine Umarmung, die ich steif erwiderte. Sie drückte mich so fest an ihren harten Körper, dass ich schon befürchtete, gleich würde sie mir die Rippen brechen.
    »Du warst einfach groooßaaartig!«, kreischte sie.
    Baldo stand neben ihr und applaudierte. »Du kommst besser bald vorbei und holst dir deine Sachen aus der Wohnung«, meinte er lachend. »Marija hat nämlich schon überlegt, sie zu verkaufen, jetzt, wo du berühmt bist.«
    Sie ließ mich los und gab ihm einen Klaps auf den Hintern.
    Im Hintergrund hörte ich einen Champagnerkorken knallen, und eine der Schlagzeugerinnen quietschte, weil die schäumende Flüssigkeit auf ihr Kleid zu spritzen drohte. Gleich darauf drückte mir jemand ein Glas in die Hand.
    Ich aber blickte mich voller Panik nach meiner Geige um.

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