900 Großmütter Band 2
Bleichgesicht oder eine schwirrschwänzige Elster, oder irgendeine neue Sorte Idiot, daß ich mir einbilde, so könnte das funktionieren?« fragte er. »Da muß ich ja über mich selbst lachen. Na schön, wir werden ja sehen.«
Er schmiß, was von der Rinde und den Blättern noch übrig war, ins Feuer, und brüllte dann nochmals das falsche Wort in die stille Luft.
Und es antwortete ihm ein hellblitzendes Wetterleuchten.
»Ski-di!« fluchte Clarence Großer Sattel. »Das funktioniert ja tatsächlich. Hätte ich nicht gedacht!«
Clarence Großer Sattel lebte viele Jahre lang auf seinem Land, und er bezahlte keine Steuern. Dreimal wurde das Land wegen der aufgelaufenen Steuerschulden zum Verkauf gestellt, aber niemals kam jemand, der es haben wollte. Schließlich wurde es im Grundbuch als freies Land geführt. Mehrmals stellten Siedler Antrag auf Zuteilung, aber nie konnte einer die Bedingung für den Zuschlag erfüllen, nämlich auf dem Land zu wohnen.
Ein halbes Jahrhundert verstrich. Clarence Gro ßer Sattel rief seinen Sohn.
»Junge«, sagte er, »ich bin soweit. Ich denke, ich werd’ mal eben ins Haus gehen und sterben.«
»Okay, Dad«, sagte der Sohn, Clarence Kleiner Sattel. »Ich geh inzwischen mal kurz in die Stadt und spiel ’n paar Partien Billard mit den Jungs. Wenn ich abends nach Hause komme, werd’ ich dich begraben.«
So erbte der Sohn, Clarence Kleiner Sattel, das Land. Er lebte ebenfalls viele Jahre darauf und bezahlte auch keine Steuern.
Eines Tages war was los im Amtsgericht. Eine ganze Armee schien im Anmarsch, aber in Wirklichkeit waren es bloß ein Mann, eine Frau und fünf Kinder.
»Ich bin Robert Rampart«, sagte der Mann, »und wir wollen zum Landamt.«
»Ich bin Robert Rampart junior«, sagte ein schlenkriger Neunjähriger. »Und ’n bißchen fix, ja?«
»Ich glaube, so was haben wir gar nicht«, sagte das Mädchen von der Auskunft. »Das hat es vielleicht vor grauen Zeiten mal gegeben.«
»Unwissenheit ist keine Entschuldigung für Unfähigkeit, meine Liebe«, sagte Mary Mabel Rampart, eine Achtjährige, die man leicht für achteinhalb halten konnte. »Wenn ich eine Beschwerde einreiche – wer weiß, wer dann morgen hinter Ih rem Tisch sitzt.«
»Ihr befindet euch entschieden im falschen Staat oder im falschen Jahrhundert, liebe Leute!« sagte das Fräulein.
»Das Ansiedler-Gesetz ist immer noch in Kraft«, sagte Robert Rampart mit eiserner Stirn. »Hier ist ein Streifen Land, der in diesem Distrikt als Freiland geführt wird. Ich will einen Antrag auf Übereignung stellen.«
Cecilia Rampart reagierte auf das bedeutsame Augenzwinkern eines fleischigen Mannes am Tisch gegenüber. Sie schlängelte sich quer durch den Raum bis zu ihm hin und hauchte sinnlich: »Hei!« Dann sagte sie: »Ich bin Cecilia Rampart, aber mein Bühnenname ist Cecilia San Juan. Glauben Sie, daß man mit sieben Jahren noch zu jung ist als jugendliche Naive?«
»Du bestimmt nicht«, meinte er. »Sag deinen Leuten, sie sollen rüberkommen.«
»Wissen Sie, wo das Landamt ist?« fragte Cecilia.
»Sicher. In meinem Schreibtisch, vierte Schubla de links. Das kleinste Amt im ganzen Amtsgericht. Es hat heutzutage nicht mehr viel zu tun.«
Die Ramparts strömten herzu. Der Fleischige begann, Formulare auszufüllen.
»Hier ist der Kataster-Auszug«, wollte Robert Rampart anfangen. »Was denn, Sie haben ja gleich alles hingeschrieben. Woher wissen Sie denn so gut Bescheid?«
»Ich bin schon ’ne ganze Weile hier«, antwortete der Mann.
Sie erledigten den Papierkrieg, und Robert Rampart unterschrieb seinen Antrag auf Übereignung.
»Sie werden allerdings nicht auf das Land selbst ’raufkönnen«, sagte der Mann.
»Wieso denn nicht?« fragte Rampart. »Stimmt denn der Kataster-Auszug nicht?«
»Oh, der stimmt schon. Aber bis jetzt hat noch keiner das Land betreten können. Die Leute hier machen schon ihre Witze darüber.«
»Na, dem Witz will ich mal auf den Grund kommen«, trumpfte Robert Rampart auf. »Ich werde auf diesem Land wohnen, oder ich will wissen, warum das nicht geht.«
»Also, da bin ich nicht so sicher«, sagte der Fleischige. »Der Letzte, der einen Antrag auf Übereignung dieses Landes gestellt hat, ungefähr ein Dutzend Jahre ist das her, der konnte es nicht betreten. Und er konnte auch nicht sagen, warum das nicht ging. Das ist richtig interessant, was die Leute für Gesichter machen, wenn sie es ein oder zwei Tage lang probieren, bis sie die Nase voll haben.«
Die Ramparts
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