900 Großmütter Band 2
oft etwas verkehrt!«
»Es ist genug für heute, Epiktistes. Aus irgendeinem Grunde sind wir alle müde. Nein, es hat nicht geklappt – was es auch war. Es ist auch egal. Mißerfolge soll man lieber vergessen. Wir werden schon irgendwas anderes austüfteln. Wir arbeiten ja an vielen Projekten.«
Schläfrig schlurrten sie hinaus und gingen an ih re Arbeit.
Smirnows Maschine hatte etwas verpatzt – aber die Maschine war gut und würde beim nächsten Mal, da waren sie alle ganz sicher, den Nagel auf den Kopf treffen. Im Flur stolperte Smirnow über seinen alten Tele-Pantographischen Distorsionator. Zwanzig Jahre lang war er darüber gestolpert, ohne auch nur hinzusehen.
Die Maschine rollte ihre neun Reihen Augen zu Smirnow hin und lächelte bereitwillig. Wie wäre es denn mit noch einer von diesen Katastrophen? War vielleicht noch irgendwelche Tiefenarbeit zu leisten? Tele-Pan war immer bereit. Aber nein. Smirnow ging vorbei. Die Maschine lächelte noch einmal und ging dann friedlich schlafen.
»Dieser verdammte Haufen Schrott«, grollte Smirnow und rieb sein Schienbein, das er sich gestoßen hatte. »Mir ist beinahe, als möchte ich mal überlegen, was das eigentlich ist.«
Mit anderen Augen
1
»Ich glaube, noch eine Morgenröte eines sogenannten Großen Tages halte ich nicht mehr aus«, sagte Smirnow. »Anscheinend ist das jedesmal das gleiche: Schwüle am Morgen, Regen am Nachmittag, Verzweiflung am Abend. Erinnern Sie sich noch an den Rekapitulations-Correlator?«
»Volkstümlich auch Zeitmaschine genannt. Aber, Gregor Fedorowitsch, das war doch wirklich ein Erfolg und ist immer noch einer. Die drei vorhandenen laufen fast ununterbrochen, und in jeder Dekade wird mindestens ein neuer gebaut. Die Dinger sind doch unbezahlbar.«
»Ja, schon. Aber es war ein trübseliger Erfolg. Er hat mein ganzes Leben grau gemacht. Erinnern Sie sich an den Probelauf, die Rekapitulation der Schlacht von Hastings?«
»Das waren tatsächlich drei trübe Jahre, die wir uns da herumgetrieben haben. Aber woher sollten wir wissen, daß das eine so miese kleine Angelegenheit war –, daß das Ganze sich auf ungefähr zwei Hektar dieses verdammten Feldes abspielte und nicht einmal zwanzig Minuten dauerte? Und woher sollten wir wissen, daß die Historiker sich um vier Jahre verrechnet hatten, und das in so verhältnismäßig naher Vergangenheit? Ja, ja, wir haben viele deprimierende Tage in dieser Gegend zugebracht und sind über manches morastige Feld gelatscht, bis wir die Affäre rekonstruiert hatten.«
»Und dann diese schwächliche Angelegenheit – der Esprit Voltaires aus erster Hand!«
»Ach d u lieber Gott! Dieses Gegacker! Wer dabei nicht das Kotzen gekriegt hat, dem kann keine Seekrankheit mehr etwas Neues bieten! Was war dieser Kerl für ein verqueres altes Weib!«
»Und Neil Gwynn {*} ?«
»Kaum zu glauben, was so ein König für einen Geschmack hat. So eine absolut fade Schrippe!«
»Und dann die Krönung Karls des Großen!«
»Der König der Frostbeulen! Wenn man ein Feuer haben wollte, mußte man es in einem Korb mit sich rumschleppen. Das war das kälteste Weihnachten, das ich jemals erlebt habe.
Die Leute wärmten sich anscheinend am Met auf, aber wir waren leider die einzigen in der ganzen Gesellschaft, die das Zeug weder riechen noch trinken konnten.«
»Und dann gingen wir noch weiter zurück in die Zeit und vernahmen die wundervollen Worte der göttlichen Dichterin Sappho.«
»Ja, und sie hatte sich grade entschlossen, ihrer Lieblingskatze die Eierstöcke rausnehmen zu lassen. Drei Tage lang haben wir ihr zugehört, und sie hat von nichts anderem gesprochen. Was für ein Glück, daß sowenig von ihren erhabenen Worten der Nachwelt überliefert worden ist!«
»Und wie wir dem großen Pythagoras bei der Arbeit zugesehen haben!«
»Na – tagelang hat er an so einem kleinen Vermessungsproblem herumgemaikäfert. Ach, wie gern hätte ich ihm einen Rechenschieber durch die Zeitmauer zugesteckt und ihm erklärt, wie das Ding funktioniert!«
»Und wie wir bei dem klassischen Liebespaar Tristan und Isolde an der Tür gehorcht haben!«
»Dabei hat der Kerl den ganzen Nachmittag nur versucht, seine verdammte Harfe nach einer Groschenflöte zu stimmen. Und Isoldchen konnte von nichts anderem reden als von dem Bärenfett, das sie sich immer in die Haare schmiert, und daß es ein Dreck ist gegen das Bärenfett bei ihr zu Hause. Aber sie war schon ein niedliches kleines Schmalz faß, so ziemlich das
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