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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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Daten der sieben Hirne bereit, welche Cogsworth nacheinander mit dem seinen zu koppeln gedachte: eine Sammlung hochkomplexer Wellen-Engramme, Aufzeichnungen über Frequenzen, Impulse, Ströme, Kraftfelder und der Lyall’schen Schwingungsbilder eines jeden Hirns.
    Es handelte sich um das Hirn Gregor Smirnows, seines Kollegen und Ratgebers in so vielen Dingen; sowie um die Hirne von Gaetan Balbo, dem kosmopolitischen und übernationalen Institutsleiter; Theodore Grammont, dem theoretischen Mathematiker; E. E. Euler, dem mit weitreichenden Machtbefugnissen ausgestatteten Verwaltungsdirektor; Karl Kleber, dem eminenten Psychologen; Edmond Guillames, dem skeptischen, blutlosen Kritiker, und schließlich das Hirn von Valerie Mok, einer Dame voller Schönheit und Charme, die Cogsworth zur Verzweiflung brachte, weil er davon überzeugt war, sie mit normalen Mitteln niemals verstehen zu können.
    Cogsworth war von seiner Idee – nämlich, in den Geist anderer Menschen einzudringen, hinter deren Augen zu sitzen und durch diese Augen in eine Welt zu spähen, die nicht die gleiche sein konnte – sein Leben lang besessen gewesen. Er erinnerte sich daran, wie diese Idee ihn mit ihrer ganzen Wucht überfallen hatte, als er noch ein kleiner Junge war.
    »Vielleicht«, hatte er sich damals gefragt, »bin ich der einzige, der den Himmel schwarz und die Sterne weiß sieht, und alle anderen sehen den Himmel weiß und die Sterne glänzend schwarz. Und ich sage: Der Himmel ist schwarz; und sie sagen auch: Der Himmel ist schwarz; aber wenn sie ›schwarz‹ sagen, meinen sie ›weiß‹.«
    Oder: »Vielleicht bin ich der einzige, der die Außenseite einer Kuh sehen kann, und alle anderen sehen sie mit der Innenseite nach außen. Und ich sage: Das ist die Außenseite; und sie sagen auch: Das ist die Außenseite; aber wenn sie ›außen‹ sagen, meinen sie ›innen‹.«
    Oder: »Vielleicht sehen für die anderen, alle Jun gen, die ich sehe, wie Mädchen aus, und alle Mädchen wie Jungen. Und ich sage: Das ist ein Mädchen; und die anderen sagen auch: Das ist ein Mädchen; aber wenn sie ›Mädchen‹ sagen, meinen sie ›Junge‹.«
    Und dann war ihm (welch ein Schrecknis!) der Gedanke gekommen: Wenn ich nun für alle ande ren ein Mädchen wäre, nur für mich nicht?
    Selbst damals, als er noch ziemlich klein war, kam ihm das nicht besonders intelligent vor, aber es entwickelte sich zu einer Besessenheit.
    »Was ist, wenn für einen Hund alle Hunde wie Menschen und alle Menschen wie Hunde aussehen? Und wenn ein Hund mich ansieht und denkt, ich bin ein Hund, und er ist ein Junge?« Und einmal kam ihm daraufhin der niederschmetternde Gedanke : »Wenn nun der Hund recht hat?«
    »Was ist, wenn ein Fisch zu einem Vogel hochblickt, und ein Vogel auf einen Fisch hinunterschaut? Und wenn der Fisch denkt, daß er der Vogel ist, und daß er auf den Vogel herabschaut, der in Wirklichkeit ein Fisch ist, und die Luft ist Wasser, und das Wasser ist Luft? Und wenn der Vogel einen Wurm frißt, und der Wurm denkt, er ist der Vogel, und derVogel ist der Wurm? Und daß seine Außenseite seine Innenseite ist, und die Innenseite des Vogels ist seine Außenseite, und daß er den Vogel gefressen hat und nicht der Vogel ihn?«
    Das war unlogisch. Aber woher weiß man, daß ein Wurm logisch ist? Er hat manches an sich, was ihn unlogisch machen könnte.
    Und als er älter wurde, stieß Charles Cogsworth auf manche Anzeichen, die ihm verrieten, daß die Welt, die er sah, nicht dieselbe Welt war, die andere sahen. Er fand unscheinbare, aber umso nachdrücklichere Hinweise dafür, daß jedes Wesen in seiner eigenen Welt lebt.
    Es war erst früher Nachmittag, aber Charles Cogsworth saß im Dunkeln. Gregor Smirnow machte, wie er angekündigt hatte, einen ausgedehnten Spaziergang. Er war der einzige, der wußte, daß das Experiment anlaufen sollte. Er war auch der einzige, der mit diesem Experiment einverstanden gewesen wäre, wenn auch die anderen gestattet haben, daß ihre Gehirn-Daten gespeichert werden – allerdings war das unter einem Vorwand geschehen.
    Aller Anfang kommt still; und dieser war ein totaler Erfolg. Mit den Augen eines anderen zu sehen, ist eine neuartige und glorreiche Sensation – doch die volle Erkenntnis derselben kommt langsam.
    »Er ist ein größerer Mann als ich«, sprach Cogsworth zu sich. »Ich habe das schon oft vermutet. Er besitzt eine Gelassenheit, die mir fehlt; allerdings fehlt ihm dafür mein fieberhafter Erkenntnisdrang. Und er

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