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900 Großmütter Band 2

900 Großmütter Band 2

Titel: 900 Großmütter Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R. A. Hrsg Lafferty
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um.«
    »Sie meinen also, daß das normal ist?«
    »Es gibt überhaupt nichts Normales. Es gibt nur Differenzierungen. Die Welten, in die Sie eingetreten sind, haben Sie nicht alle gleichermaßen schockiert, denn von unseren Welten haben sich die meisten Ecken und Kanten abgeschliffen. Aber Sie sind da in eine urhafte Welt hineingeraten, und dort war der Unterschied größer, als Sie erwartet haben.«
    »Ich kann einfach nicht glauben, daß das alles ist.«
    Charles Cogsworth ließ Valerie Moks Briefe unbeantwortet, und er wollte Valerie auch nicht sehen. Dabei waren ihre Briefe amüsant und lieb und verrieten eine Spur von Sorge um ihn.
    »Wie mag ich wohl für sie riechen?« fragte er sich. »Bin ich wie eine Ulme, oder wie der Wurm in der Erde? Was für eine Farbe habe ich für sie? Klingt meine Stimme obszön? Das müßte sich doch ändern lassen. Bin ich für sie auch eine Säule von verschlungenen Schlangen, oder ein Knäuel Spinnen?«
    Denn er hatte sich noch nicht von dem erholt, was er gesehen hatte.
    Aber er ging wieder an seine Arbeit und knabberte mit seinem phantastischen Apparat an den Kanten des Mysteriums herum. Er schaute sogar in die Welten anderer Frauen. Es war, wie Smirnow gesagt hatte: Frauen waren sinnlicher als Männer, aber keine in so schockierendem Maße wie Valerie.
    Er sah mit den Augen anderer Männer. Und auch mit Tier-Augen: das sanfte Vergnügen des Fuchses, der ein Erdhörnchen verschlingt; die blutrünstige Wut, mit der ein Lamm nach seiner Milch verlangt; die grobe Arroganz des Pferdes; die kluge Toleranz des Maultiers; die Gier der Kuh; der Geiz des Eichhörnchens; die mißgelaunte Leidenschaftlichkeit des Welses. Nichts davon entsprach völlig dem, was er erwartet hatte.
    Er erfuhr die Eifersucht und den Haß, den schöne Frauen gegen häßliche liegen; das unverhüllt Böse in kleinen Kindern; die diabolische Besessenheit der Teenager. Infolge eines seltsamen Zufalls sah er die Welt sogar durch die fleischlosen Augen eines Poltergeistes; und durch die Augen von Wesen, die er überhaupt nicht identifizieren konnte. Hier und da fand er einen Adel, der fast ein Gegengewicht zu der allgegenwärtigen Gemeinheit bildete.
    Aber am liebsten sah er die Welt durch die Augen seines Freundes Gregor Smirnow, denn durch die Augen eines Giganten gesehen erhalten alle Dinge etwas Großartiges. Und eines Tages, als die beiden sich zufällig trafen, sah er Valerie Mok durch die Augen Smirnows. Etwas von dem alten Gefühl kehrte ihm dabei wieder, etwas, das sogar sein früheres Bild von ihr übertraf. Sie war großartig, wie alles in Smirnows Welt. Und diese wunderbare Welt, in der sie war, und die scheußliche Welt, die er durch ihre Augen sah, mußten eine gemeinsame Basis haben.
    »Irgendwo muß ich einen Fehler gemacht haben«, sagte sich Cogsworth, »weil ich nicht genug begreife. Ich will zu ihr gehen.«
    Aber statt dessen kam sie zu ihm. Eines Tages kreuzte sie wutschnaubend bei ihm auf.
    »Sie sind ja ein Stockfisch. Ein blutloser Stockfisch. Ein stures Schwein aus lauter Stockfischen. Sie leben ja mit Toten, Charles. Sie machen alles tot. Sie sind mir widerlich.«
    »Ein Schwein bin ich, Valerie? Schon möglich. Aber ein Schwein aus lauter Stockfischen. – sowas habe ich noch nie gesehen.«
    »Dann sehen Sie sich selbst an. Sie sind eins.«
    »Sagen Sie mir bitte, um was es sich handelt.«
    »Um Sie. Sie sind ein stockfischiges Schwein, Charles. Gregor Fedorowitsch hat mir erlaubt, Ihre Maschine zu benutzen. Ich habe die Welt so gesehen, wie Sie sie sehen. Ich habe sie mit Totenaugen gesehen. Sie wissen ja nicht einmal, daß Gras lebendig ist. Sie denken, es ist nur Gras.«
    »Ich habe auch die Welt mit Ihren Augen gesehen, Valerie.«
    »Ach, das war es, was Sie so durcheinandergebracht hat? Na, ich hoffe, Sie sind dadurch wenigstens ein bißchen munterer geworden. Es ist eine lebendigere Welt als Ihre.«
    »Zum mindesten etwas pikanter im Aroma.«
    »Mein Gott, das will ich hoffen. Ich glaube, Sie haben überhaupt keine Nase. Ich glaube, Sie haben auch keine Augen. Sie können einen Berg ansehen, ohne daß Ihnen dabei das Herz einen Moment stillsteht. Es kribbelt Sie nicht einmal, wenn Sie über ein Feld gehen.«
    »Und Sie sehen einen Grasbüschel als einen Klumpen Schlangen!«
    »Das ist immer noch besser, als ihn überhaupt nicht als etwas Lebendiges zu sehen!«
    »Sie sehen Felsen als Riesenspinnen.«
    »Immer noch besser, als sie nur wie bloße Steine zu betrachten. Sie können

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