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911

911

Titel: 911 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulf Poschardt
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die noch so frische Kernkompetenz von Porsche zu schärfen. Sein Sohn hatte ihn instinktiv am besten verstanden. Ferdinand Alexanders Typ 754 T 7 entstand in nur wenigen Wochen zwischen Ende August und Anfang Oktober 1959. Der »Designer« war damals nicht einmal 24 Jahre alt. Die Frontpartie war fast identisch mit der späteren Serienversion der ersten Elfer. Da der T 7 noch auf einem Viersitzer-Chassis aufgesetzt war, fehlte der Silhouette die Kompaktheit und dem Heck die Eleganz des späteren Elfers. Doch das änderte sich schnell.
    Ferry Porsche war glücklich und wohl auch ein wenig stolz auf den Entwurf seines Sohnes, doch er hatte das Gefühl, dass der junge Mann nicht von allen in der Karosserieabteilungmit seinem Entwurf ernst genommen wurde. Eigentümlich beschreibt er das in seinen Memoiren als eine Fehlentwicklung, die aus den Büros – gegen seinen Willen – kam. Dass das Auto größer und schwerer wurde, begründeten seine Mitarbeiter mit Binsen wie »Die ganze Menschheit wird größer, das Auto muss auch größer werden«.
    Der Radstand wurde nach unzähligen Diskussionen wieder um zehn Zentimeter verkürzt. Dadurch erhielt der Porsche harmonischere Proportionen. Zudem verschwand die wuchtige Beule am Heck, die den Passagieren im Fond mehr Kopffreiheit hatte geben sollen. Porsche nahm Abschied von der Vorstellung, in einem Sportwagen Reisekomfort oder auch nur eine akzeptable Sitzposition für vier Erwachsene zu liefern. Schließlich erhielt Ferdinand Alexander den Auftrag auf Basis des T 7 ein Coupé zu entwerfen, das nicht vier Sitze, sondern zwei ordentliche und zwei Notsitze haben sollte. Angetrieben werden sollte der neue Porsche von einem Sechszylinder mit oben liegender Nockenwelle und Luftkühlung und mit Fahrleistungen wie der 356 Carrera 2, der bis zu 130 PS aus dem Vierzylinder-Boxer rausholte und 210 Stundenkilometer schnell war.
    Der T 8 wurde entwickelt und Ferdinand Alexander Porsche holte sich dafür zwei Techniker in sein Team, um zu verhindern, dass die Entwürfe ins Künstlerische abglitten. Die Demut des Sohns vor dem Ingenieurgeist seines Vaters und Großvaters war keineswegs ehrfürchtig, sondern konstruktiv. Er machte die Ingenieure zu Verbündeten seiner Gestaltungsideen. Jürgen Lewandowski beschreibt in seiner ausgezeichneten Geschichte des Porsche 901, wie offen die Türen zwischen Design- und Entwicklungsabteilung waren. Das Ergebnis konnte sich schnell sehen lassen. Es war der erste Porsche 911. Die Form war gefunden. Das Modellhatte bereits die Seitenscheiben-Architektur, die bis heute geblieben ist. Die Dachlinie hatte ihre Proportion gefunden, das Verhältnis der höhergestellten Kotflügel zur Haube. Diese Topographie über der Haube dramatisierte die Tendenzen, die im Querschnitt schon beim 356er zu erahnen waren. Jetzt waren aus den Lichtern Kanonenrohre geworden, wie die Designer in Weissach sagen. Oder jenes Dekolleté, an dem Millionen Männer-, aber auch Frauenherzen hängen. Die Formen waren weich, das Antlitz des Wagens gütig. Der Elfer verzichtete auf eine aggressive Optik und startete als ein Coupé, das gewissermaßen selbstverständlich in seiner Funktionalität daherrollen soll und seine Souveränität aus der Leistungsfähigkeit bezieht. Der Porsche musste und wollte niemandem etwas beweisen.
    Die Arbeit nach dem ersten Modell war dann lediglich das Verfeinern einer gelungenen Form, von der damals niemand absehen konnte, dass sie über ein halbes Jahrhundert halten sollte. Wenig später folgte das erste Modell in Originalgröße, aus Holz und Blech geformt. Es wurde am 16. April 1962 in der Geschäftsführung vorgestellt und dort abgenommen. Noch im selben Jahr sollte mit dem 901/1 der erste Prototyp gebaut werden. Die Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn war gelungen. »Als ich damals«, so erinnert sich Ferdinand Alexander Porsche, »den 911 konstruiert hatte, stand er von Anfang an hinter mir. Aber nicht, weil ich sein Sohn war, sondern weil er überzeugt war. Er hatte immer ein ausgeprägtes Formgefühl; extreme Farben und Formen mochte er nie.« Vater und Sohn blickten auf den 911er und beide erkannten sich wieder. Ein Idealfall für ein Familienunternehmen.

Die liebe Form
    Ferdinand Alexander Porsche hatte mit seinem Entwurf die Tradition Porsches auf jene Höhe der Zeit gebracht, die den anderen deutschen Autoherstellern noch weitgehend verborgen war. Es ist das Ideal eines gelingenden Generationswechsels, wenn das wichtigste Produkt vom

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