911
blieb, wenn man den Berichten über das Paar glauben darf, glücklich. Wie Vater und Großvater blieb er seiner süddeutsch-österreichischen Heimat treu. Ferdinand Alexander Porsche bevorzugte eine Biographie und einen Lebenswandel ohne Faxen. Er verachtete Moden. Das passte zu seinem Werk – und auch zur sozialen Verträglichkeit seiner Entwürfe. Er lebte nicht in einem Paralleluniversum wie viele andere Designer, die den Kontakt zum Alltag der Menschen verloren.
Die Erscheinung des Elfers, seine Gestaltung besitzt eine zwingende Logik. Alles war dort, wo es hingehörte. Nichts wurde aus Show- oder Designgründen hinzugefügt. Es war ein Auto der klassischen Moderne auf dem Weg zu einem internationalen Stil. Ein ernstes Auto, wie Designer Peter Schmidt betont. Er vermutet, dass beim Entwurf dieses Sportwagens kein einziges Mal gelacht wurde. War die deutsche Ingenieurkunst in Gestalt von Miele-Waschmaschinen und Braun-Rasierern mitunter etwas langweilig, war der Elfer schärfer formuliert. Die von Ferdinand Alexander Porsche angestrebte Neutralität führte zu einem klaren Design, das sich ideal als Projektionsfläche eignete. Damit war Porsche mit seinem Effektverzicht auf der Höhe der Zeit. In der Kulturtheorie setzte sich der Gedanke durch, dass der Betrachter das Objekt der Begierde bei seiner Betrachtung konstruiert. Bietet das Objekt eine klare Form,kann es der Betrachter gut zusammenbauen. Dabei entsteht eine besondere emotionale Bindung. Anders bei einem Sportwagen, wie bei Pininfarina, der über zwei Dutzend fein gestalteter Details verfügt, die allesamt die Konzentration des Betrachters und somit seine Fähigkeit zur Vervollständigung des Objektes absorbieren.
Der Porsche 911 bot von Anfang an eine balancierte Mischung aus einprägsamer Form und viel Projektionsflächen. Die von Porsche erfolgreich angestrebte Harmonie der Karosserie gab der Form etwas Selbstverständliches, auch wenn sie in ihrer dynamischen Eleganz etwas Kühnes hatte. Anders als das deutsche Klischee von der plüschigen Gemütlichkeit als Vorzugsräumlichkeit für teutonisches Glück war dieses Auto trotz der gebotenen Enge kein Ort des Heimeligen. Kühl ging es im Inneren zu. Für viele Interessenten war er in seiner Feinheit sogar etwas unterkühlt.
Die soziale Akzeptanz des Elfers, seine Beliebtheit auch bei jenen, die sonst Neidgefühle pflegen, hatte mit dem Mangel an Obszönität zu tun, die der junge Designer seinen Produkten mit auf den Weg gab. Der Grund lag auch in dem im Familienunternehmen nicht seltenen, tiefverwurzelten Gefühl der Fürsorge für die eigenen Mitarbeiter. Die wurde nicht nur alltäglich gelebt, wenn Ferry Porsche gerne auch ölverschmierte Hände seiner Arbeiter schüttelte und sie nach ihrem Befinden fragte, sondern das wurde auch in den ungewöhnlich großzügigen Sozialleistungen spürbar. Mehr als Staat und Tarifverträge vorsahen, wurden 13. Monatsgehälter gezahlt und Arbeiter und Angestellte absolut gleich behandelt. Dem Firmengründer lag etwas am Zusammenhalt der Gesellschaft, aber in einer Art, die Unterschiede nicht nur zuließ, sondern als Bereicherung verstand. Es war,so der Stuttgarter Architekt, ehemalige Porsche-Fahrer und Unternehmer Werner Sobek, die für »baden-württembergische Mittelständler typische« Art zu produzieren, die den Porsche geprägt hat. Die hohe soziale Qualität der Porsche-Produkte, die vorbildliche Bezahlung, Ausbildung und Qualifizierung der Mitarbeiter hätten dem Elfer gedient. »Sie ist eine dem Ganzen unterlegte Solidität, welche die Marke unsichtbar stärkt«, so Sobek. Die soziale Qualität des Elfers gibt seiner Schönheit einen idealistischen Drall. Das Gute strebt zum Wahren und Schönen.
Der Apple-Designer Jonathan Ive, der in kaum einem Interview auslässt zu betonen, wie sehr ihn das funktionale Design der deutschen Nachkriegszeit beeindruckt hat, hat das Design als den unmittelbarsten Weg bezeichnet, wie Produkte im Bewusstsein ihrer Käufer verankert werden: als Traum, Versprechen, Vision einer schöneren Welt. Der Vorgänger bei Apple, der Schwabe Hartmut Esslinger, war ein eingefleischter bis zum heutigen Tag bekennender Elfer-Fahrer und -Fan. Er war es auch, der Steve Jobs in den 80er Jahren mit dem Porsche-Rausch bekannt machte. In seinem Arbeitsvertrag musste Esslinger unterschreiben, dass er mit seinem Porsche nie schneller als 200 Kilometer pro Stunde fahren dürfe, was für die Apple-Anwälte in den USA vollkommen unverständlich
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