AAA - Das Manifest der Macht
Süßigkeiten. Da gab es in New York eine kleine Confiserie, die bereits seit mehreren Generationen einer aus Österreich stammenden Familie gehörte, und deren selbstgefertigte Pralinen hatten es Frank angetan. Wann immer es seine Zeit erlaubte, kam er persönlich im Laden vorbei und kaufte die süßen Verführer für sich und das halbe Büro.
In dem Moment, als John und Samantha seine Geschäftsräume betraten, hatte keiner von ihnen auch nur eine Sekunde einen Blick für das Interieur, die Gemälde und die Teppiche. Es hieß für Frank, sich seine Überraschung auf keinen Fall anmerken zu lassen und so zu tun, als hätte er hinter seinem Schreibtisch nur darauf gewartet, John und die Reporterin zu empfangen.
„Da seid ihr ja endlich“, meinte er mit gespielter Höflichkeit. „Ich hatte schon langsam befürchtet, dass ihr nicht von allein herkommt und ich euch bitten lassen muss. Aber so ist es um einiges einfacher.“
Damit nahm er John ein wenig den Wind aus den Segeln. Gleichwohl ging dieser weiter auf den ausladenden Schreibtisch seines Chefs zu, bis er unmittelbar vor ihm stand.
„Mr. van den Bergh, was soll das Ganze?“, stieß er ohne einleitende Worte hervor. „Ich will endlich wissen, was hier gespielt wird. Erst ermutigen Sie mich, in Europa nach meinen angeblichen Vorfahren zu suchen, schicken uns nach London zum Grab von Karl Marx und hetzen uns dann Ihre Tochter auf den Hals. Ben ist wahrscheinlich tot, und wohin führt uns das Ganze zum Schluss? Hierher! Was ist da los?“ Frank van den Bergh setzte ein selbstgefälliges Lächeln auf. „Ich habe euch Dominique nicht hinterher geschickt. Sie hat euch eigenmächtig und ohne mein Wissen verfolgt. Allerdings habe ich natürlich davon erfahren. Alles andere stimmt soweit. Ich habe dich nach Europa geschickt, weil ich es musste.“
Er hob abwehrend die Hand, als er merkte, dass John ihn unterbrechen wollte.
„Keine Sorge, John! Du wirst jetzt erfahren, warum“, sagte er schnell.„Und auch für Sie, Miss Cunningham, dürfte es interessant werden. Sie spielen doch so gern die Enthüllungsjournalistin.“
Er wies auf die beiden Stühle vor seinem Schreibtisch.
„Setzt euch doch bitte. Das wird jetzt etwas dauern.“
Samantha setzte sich auf einen der beiden Stühle, während John sich weigerte.
„Nein, danke. Ich stehe lieber.“ John stellte sich neben Sams Stuhl.
„Wie du willst, John. Am besten fange ich gleich an.“
„Wird auch Zeit!“ John sah keinen Sinn mehr in irgendwelchen Höflichkeiten.
„Da hast du durchaus Recht. Also. Es begann alles vor mehr als hundert Jahren. Karl Marx und Friedrich Engels gründeten gemeinsam den Geheimbund der Ersten Internationalen, der First Internationals . Dieser Bund sollte mithilfe der damaligen großen Bankiersfamilien das gesamte verfügbare Kapital an sich ziehen und schlussendlich gerecht an alle Menschen verteilen. So wollten die beiden ihre Visionen vom Kommunismus in die Tat umsetzen. Es war ein groß angelegtes Projekt, das die beiden schon sehr bald nicht mehr in allen Facetten überschauen konnten. Sie delegierten und waren so erfüllt von ihrer Vision, dass sie gar nicht auf die Idee kamen, dass ihr Projekt schon recht bald eine eigene Dynamik entwickelte und dass die Berichterstattung ihnen gegenüber stark gefiltert, oft sogar gefälscht war. Eines allerdings stimmte: Je mehr Kapital sie anhäuften, umso mehr Regierungen konnten sie bestechlich machen und lenken. Es war ja so einfach. Man brauchte nur die Kontrolle über das Geld, und schon hatte man die Macht, Gesetze zu machen, Regierungen zu manipulieren und Kriege anzuzetteln. Was Marx und Engels womöglich nie richtig durchschauten war, dass der letzte und wichtigste Schritt ihrer Vision schlicht ausfiel. Niemand dachte daran, das angehäufte Geld der Allgemeinheit zugänglich zu machen. Die Idee der klassenlosen Gesellschaft war vollkommen ad absurdum geführt worden.
Vielleicht hofften Marx und Engels trotz dieser Entwicklungen immer noch, dass es irgendwann mithilfe der Banken möglich war, die Herrschaft über die Welt zu übernehmen. Schließlich bestimmten sie bereits den Goldpreis, kontrollierten alle Märkte und manipulierten nicht nur die amerikanische Regierung, sondern alle großen Staaten dieser Erde, unbeeindruckt und unbeeinflusst von Kriegen, Umstürzen, Revolutionen und Naturkatastrophen. Ja, die First Internationals profitierten sogar davon. Die Zeit tat das ihrige und eines kam zum anderen. Der Bund der
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