AAA - Das Manifest der Macht
schwarzen Vollbart, den dunklen Augen und dem riesigen Turban gerade aus Indien gekommen zu sein schien. Er nickte und bedeutete ihnen durch eine Kopfbewegung einzusteigen.
„Zum Lustgarten, bitte“, wies Samantha ihn an und las an der erneuten nickenden Bewegung des Turbans ab, dass der Fahrer sie offenbar verstanden hatte.
Sie blickte die ganze Fahrt über aus dem Fenster und signalisierte Ben damit, dass sie an keinem Gespräch interessiert war.
Ben kannte diese Stimmung bei ihr und wusste, dass es gesünder war, in solchen Situationen den Mund zu halten und Samantha erst einmal brodeln zu lassen. Nach seiner Erfahrung würde es nicht lange dauern, bis der Ärger verraucht und Samantha wieder normal zu gebrauchen wäre.
Der Fahrer bremste direkt vor dem Berliner Dom und deutete mit der rechten Hand stumm auf seinen Taxameter. Samantha zahlte den angezeigten Betrag, verzichtete aber auf eine Quittung, da sie Kommunikationsprobleme befürchtete. Sie gab sich stattdessen mit dem bereits vertrauten Nicken des Turbans zufrieden.
Sie und Ben stiegen aus und betraten die Grünanlagen zwischen dem Dom und dem Alten Museum von Berlin.
Es war inzwischen früher Nachmittag. Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Leute nutzten die Sonnenstrahlen zum gemütlichen Verweilen auf den Rasenflächen. Samantha und Ben gingen einen gepflasterten Weg entlang, vorbei an einem großen Springbrunnen, in dem sich ein paar Besucher die Hände kühlten.
Eine junge Frau hielt gerade die Füße ihres etwa fünfjährigen
Sohnes in das Wasser, als die beiden an ihr vorbeigingen. Das würde ich jetzt auch gerne machen, dachte Samantha und ließ ihren Blick weiter durch die Anlage schweifen.
Auf der Grünfläche direkt neben dem Springbrunnen saß eine Gruppe Studenten. Einige hatten aufgeschlagene Bücher in ihrem Schoß liegen und schrieben nebenbei auf einem Collegeblock.
Das waren noch Zeiten, als ich noch auf dem College war, kam Samantha der nächste Gedanke in den Sinn. Damals hatte sie auf dem Campus ihren Lernbaum, wie sie ihn nannte, gehabt. Unter ihm sitzend hatte sie sich ihren Lernstoff am besten einprägen können. Vielleicht, weil sein Stamm sich perfekt an ihren Rücken angeschmiegt hatte.
Hier gab es keine Bäume, nirgends war ein schattiges Plätzchen. So mussten die Studenten in der prallen Sonne sitzen und sich ihre Füße zwischendurch im Brunnen kühlen.
Je weiter sie gingen, umso näher kamen sie der Granitschale, die den Platz vor dem eindrucksvollen Museumsbau mit seinen achtzehn ionischen Säulen dominierte.
„Da drüben ist sie“, bemerkte Samantha überflüssigerweise. „Fast sieben Meter Durchmesser und deswegen kaum zu übersehen.“ Sie ging zielstrebig darauf zu. Ben folgte ihr.
Unbemerkt wurden sie bei ihrem Tun von Dominique beobachtet, die ihren Mietwagen dort geparkt hatte, wo die beiden dem Taxi entstiegen waren. Sie hatte sich eine schwarze Perücke besorgt, trug eine dunkle Sonnenbrille, unauffällige Jeans und eine helle Bluse und ließ die beiden nicht aus den Augen. Sie überlegte angestrengt. Was hatten die beiden vor? Was wollten sie hier?
KAPITEL 43
Sam und Ben hatten die Granitschale inzwischen erreicht. Die riesige Skulptur war stumpf und fleckig. Die Zeit und die verschiedensten Wetterverhältnisse hatten ihre Spuren an ihr zurückgelassen.
Etliche kleine Risse durchzogen den starken Granit. Doch die Größe der Schale und das Material, aus dem sie hergestellt worden war, passte sich hier im Park vor dem riesigen alten Museum mit seinen hohen Säulen als perfektes Einzelteil ins Ensemble ein.
„Imposantes Teil! Da passt eine Menge Obst rein.“ Ben war sichtlich beeindruckt.„Und jetzt?“
„Ganz einfach. Du gehst rechts herum, und ich gehe links herum. Drüben erzählen wir uns, ob irgendetwas Auffälliges an der Schale ist, etwas, wo etwas versteckt sein könnte.“
„Ziemlich viel etwas und wenig Konkretes.“ Ben runzelte die Stirn.„Na gut, wir sehen uns nach elf Metern.“ Er setzte sich in Bewegung. Konzentriert begutachteten sie jeden Quadratzentimeter der Außenfläche, bis sie sich auf der anderen Seite wieder trafen. Sam stellte sich auf die Zehenspitzen und strich sanft über den kalten Stein. Die Oberfläche sah längst nicht mehr so neu und glänzend aus wie auf den Fotos, die sie im Internet von der Schale gesehen hatte. Zu viele Touristenhände hatten Schmutz und Schweiß hinterlassen. Beiden fiel nichts Besonderes auf. Wie sollten sie jetzt weiter
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