Aasgeier
das Bare versaut. Ich konnte mich gut erinnern, wie ich damals staunend über dieser Wahnsinnsmenge Geld stand und ständig „so fucking much money!“ wiederholte. Gottseidank war es zu viel zum Mitschleppen; zum Glück habe ich es verbuddelt, denn sonst säße ich abgebrannt irgendwo herum und ließe mächtig hängen.
Die siebenundsiebzigtausend, die ich damals vorm Zählen an mich nahm, um ein paar Kleinigkeiten zu kaufen und Ignacio einen neuen Glockenturm zu schenken, fehlten mir jetzt nicht. Es war alles so gut gelaufen wie man sich nur wünschen konnte. Dass jemand zugriff, weil wir zu blöd waren, unser Geld sicher zu verwahren, war einfach Pech. Auch, dass Rick seine Hälfte vom Verbuddelten nun nie bekommen sollte. Mit diesem Batzen konnte man noch mal anfangen. Ich war sehr zufrieden.
Das Problem war nur, wo ich es jetzt unterbringen konnte. Auf die Naziranch in Cornwall konnte ich nicht damit; die Arier hätten Hackfleisch aus mir gemacht und das schöne Geld für Hakenkreuze ausgegeben. Zum Ignacio konnte ich schlecht damit; um seine Brüder zu schützen würde der mich hochkant zur Mission hinauswerfen. Also Wong. Ich rief ihn an.
„Wong, du erinnerst dich an unser Gespräch?“
„Sicher.“
„Ich hätte da was, das ich dir gleich bringen möchte. Geht das?“
„Wie groß ist es?“ Der kannte das Problem wohl.
„Sehr groß“
„Traust du dich her?“
„Klar. Wie vor einigen Monaten? Schließt du wieder auf und ich klopfe?“
„In Ordnung. Wann?“
„Zwischen zwei und vier Stunden.“
Passt, meinte er, und ich soll ihn noch mal anrufen, wenn ich in der Nähe bin.
Was ich auch tat. Er machte das Tor zum Parkplatz auf und hinter mir gleich wieder zu. Mann. Ein Theater. Aber ich war ja heilfroh. Die beiden Blechkisten unter der Plane, mit Seil gesichert und trotz der Hitze geschlossenem Verdeck waren verdammt groß. Ich hätte sie nirgends heimlich unterbringen können.
Wong stand Schmiere, während ich die Kisten in seinen Laden schleppte. Dann schloss er ab, schaltete die Nachtbeleuchtung im Geschäftsraum ein und drehte im Büro die grelle Juweliersbeleuchtung an. Dann begannen wir, Geld zu zählen.
Eine Stunde später hatten wir die Sache abgewickelt. Ich überließ ihm den Betrag von siebenhunderttausend, hatte den Rest in meine Jacke gesteckt, weil ich demnächst noch einige Großeinkäufe machen musste, er zog hundertfünftausend Provision ab und gab mir einen Zettel, auf dem nur die Zahl von $595.000 stand. Und seine Unterschrift. Wong. Auf chinesisch. Ich bestätigte seine Kopie durch mein Kürzel.
„Wong, erzähle mir noch mal langsam und deutlich, wie das nun vor sich geht.“
„Klar, gern. Also: Ich bin Mitglied eines Hawala. Das ist ein Finanznetzwerk, das nicht wie westliche Banken funktioniert, sondern es besteht aus Verwandten und guten, alten Geschäftsfreunden. Ich als Hawala-Händler bekomme von einem Kunden den Auftrag, eine bestimmte Summe an einen bestimmten Ort zu transferieren. Dafür berechne ich eine Provision, in deinem Fall fünfzehn Prozent der Summe, dich ich mit dem auszahlenden Kollegen abrechne. Die Hälfte für mich, die Hälfte für ihn. Du zahlst bei mir ein, ich rufe meinen Hawala-Kollegen in dem Ort an, wo dein Geld abgeholt werden soll, gebe ihm den Auszahlungsbetrag durch und bekomme dafür einen Geheimcode. Diesen Geheimcode gebe ich meinem Kunden. Der ist der Schlüssel, mit dem das Geld ausgezahlt wird. Du oder dein Vertreter geht zum auszahlenden Hawala, sagt den Code und bekommt sofort, ohne sich auszuweisen, ohne Angabe von Namen, Wohnort oder was weiß ich, das Geld ausbezahlt. Ganz einfach, funktioniert immer, denn wer einmal querschießt, wird den nächsten Tag nicht erleben. Ist eine bombensichere Sache.“
„Und die Provision wert", meinte ich. Wong bestätigte, dass die Provision sogar noch billig sei. „Versteuere das Geld mal, transferiere es auf legale Weise und sehe zu, was das kostet. Und dann ist immer noch der Empfänger da, der sich auch mit Steuer und Einfuhrbestimmungen herumschlagen muss. Ist billig. Und sicher.“
Scheint so. Hoffen wir, dass er recht hat.
Ich würde in den nächsten Tagen eine neue Bleibe aussuchen müssen. Es wurde eng; ich spürte förmlich die Schlinge, die sich im meinen Hals legte. Erst mal mit Winston sprechen – vielleicht würde mir das morgige Gespräch zeigen, was ich zu tun hatte. Mein blinder Hass auf Macmillan hatte sich zu einem Dumpfen Hoffen auf göttliche
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